Optimierung von Elektroden Akkus – den Geheimnissen der Passivierungsschicht auf der Spur
Elektrodenmaterialien entscheiden über die Leistung von Akkus. In der Anwendung sind die Elektroden aber keine blanken Oberflächen, sondern Grenzflächen, die eine Passivierungsschicht bilden. Erst dadurch erhalten sie die nötige Stabilität für die Lade- und Entladezyklen. Materialwissenschaftler haben nun einen atomaren Blick auf die Entstehung dieser Schutzschicht auf der Elektrode geworfen.
Anbieter zum Thema

Frankfurt a. M., Beijing/China – Akkus werden geladen und entladen – alles dank eines perfekten Zusammenspiels von Elektrodenmaterial und Elektrolyt, sollte man meinen. Ohne eine gute Passivierungsschicht geht aber nichts.
In Lithium-Ionen-Batterien bildet sich beim ersten Anlegen einer Spannung eine Passivierungsschicht auf der Oberfläche der Elektroden: Bestandteile aus dem Elektrolyten lagern sich auf der Graphitelektrode ab und bilden einen Überzug, der rasch die gesamte Elektrode bedeckt. Erst wenn diese Schicht komplett ist, können sich die positiven Lithium-Ionen in die Elektrode für das Aufladen einlagern, ohne dass das Elektrodenmaterial abblättert.
:quality(80)/images.vogel.de/vogelonline/bdb/1722800/1722807/original.jpg)
Elektroden aus Laubblättern
Wachsen Elektroden bald auf Bäumen?
Schichtbildung auf Elektroden
Qiang Zhang von der Tsinghua-Universität in Beijing hat mit Kollegen nun die genauen Vorgänge bei der Keimbildung und der Ausbreitung der Passivierungsschicht untersucht. In Lithium-Ionen-Akkus enthält der Elektrolyt das Lithiumsalz mit einem Lösungsmittel. Starke Lösungsmittel hüllen das positive Lithium-Ion des Lithiumsalzes vollständig ein, während die negativ geladenen Anionen sich frei bewegen können. Bei schwächeren Lösungsmitteln sind auch die Anionen in ihrer Beweglichkeit eingeschränkt: Sie bleiben näher am Lithium-Ion und sind Bestandteil der inneren Solvathülle.
Das Lithium-Ion muss diese innere Solvathülle an der Elektrode abstreifen, damit die Passivierungsschicht entsteht. Die Forscher haben gezeigt, dass sich beim Anlegen einer Spannung an der frischen Graphitelektrode zuerst die negativen Ionen aus der inneren Hülle auf der Oberfläche ablagern. Anschließend nehmen sie in einer elektrochemischen Reaktion zwei Elektronen von der Elektrode auf. Die somit reduzierten Anionen zersetzten sich und bildeten die Keime für die Kristallisation der Passivierungsschicht. Das bedeutet den Studienautoren zufolge, dass sich eine gute kristalline Passivierungsschicht ausbildet, wenn die Anionen leichter als die Lösungsmittelmoleküle Elektronen aufnehmen und sich zersetzen.
Die Rolle des Lösungsmittels
Die Wissenschaftler untersuchten mit elektrochemischen Techniken und Rasterkraftmikroskopie das weitere Kristallwachstum bis zur Ausbildung einer vollständigen Deckschicht. Sie stellten fest, dass sich eine gleichmäßige Schicht nur bei geringen Überspannungen bildete. Das Lösungsmittel beeinflusste die Überspannung: Bei Lösungsmitteln, die die Kristallschicht gut benetzten, stellte sich gar keine Überspannung ein.
Daraus schlossen die Autoren, dass bei der Entwicklung von leistungsfähigen Elektroden mehr auf das Zusammenspiel zwischen den negativen Ionen des Lithiumsalzes und dem Lösungsmittel geachtet werden sollte. Damit sich eine gleichmäßige anorganische Schicht bildet, sollten sich die negativen Ionen des Lithiumsalzes gut auf der Elektrodenoberfläche ablagern können und leichter elektrochemische Reaktionen eingehen als die Lösungsmittelmoleküle. Die festen Zersetzungsprodukte sollten nicht löslich sein, sich aber dennoch gut mit dem Lösungsmittel verbinden.
Originalpublikation: Dr. Chong Yan, Dr. Li‐Li Jiang, Yu‐Xing Yao, Dr. Yang Lu, Prof. Jia‐Qi Huang, Prof. Qiang Zhang: Nucleation and Growth Mechanism of Anion‐Derived Solid Electrolyte Interphase in Rechargeable Batteries, Angewandte Chemie, DOI: 10.1002/ange.202100494
(ID:47320207)