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Industrieroboter fürs Routinelabor Analytik mit stählernem Arm

Ein Gastbeitrag von Jens Wessels und Harald Lücht*

Greifen, schütteln, weitergeben, und von vorn. Gerade die Probenanalytik im Routinelabor hat viele monotone und repetitive Arbeitsschritte. Hier entlastet die Robotik die Mitarbeiter. Das Beispiel aus einem Milchlabor zeigt, was Roboterarme leisten.

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Abb.1: Im Milchlabor in Leer unterstützen seit einiger Zeit Roboterarme das Probenhandling.
Abb.1: Im Milchlabor in Leer unterstützen seit einiger Zeit Roboterarme das Probenhandling.
(Bild: Luwe Solutions)

Unsere Hände sind eines der mächtigsten Werkzeuge der Natur. Wir können mit ihnen Dinge greifen, Knöpfe drücken, oder Tropfen für Tropfen aus einer Pipette dosieren. Weil sie so vielseitig sind, hat die Robotik-Industrie schon früh damit begonnen, Arme und Hände in Form von Greifern nachzubilden. Diese kennt man beispielsweise aus den Produktionsstraßen der Automobilindustrie. Auch wenn sie nur entfernt einem menschlichen Arm ähneln, erfüllen sie doch ähnliche Aufgaben sehr zuverlässig – und mehr noch: sehr präzise, gut reproduzierbar und ohne Ermüdungserscheinungen. Das macht Roboterarme ideal für monotone und repetitive Tätigkeiten, wie sie auch im Labor an vielen Stellen anfallen. So kann ein entsprechend programmierter Roboter etwa Probenplatten befüllen oder Verdünnungsreihen für eine Analyse erstellen.

Mit solchen Robotik-Lösungen hilft die Luwe Solutions GmbH Laboren dabei, ihre Prozesse zu automatisieren und zu optimieren. Das Ziel der maßgeschneiderten Systeme ist es, die Produktivität, Reproduzierbarkeit und Präzision der Arbeitsabläufe zu steigern. Dazu setzen die Entwickler bei Luwe auf bewährte Robotik-Lösungen aus der Industrie, die besonders durch ihre Robustheit überzeugen.

Integriert statt Insellösung

Der Einsatz eines Laborroboters lohnt sich nicht nur bei einem hohen Probenaufkommen. Durch die Flexibilität des Roboters ist es möglich, dass dieser verschiedenen Tätigkeiten nachkommt. Ein Roboter im Labor kann z. B. am Vormittag ein Untersuchungsgerät mit Proben bestücken und am Nachmittag die Proben von der Analytik ins Lager übergeben. Die Einsatzmöglichkeiten für den Roboter im Labor sind also vielfältig, wie Harald Lücht, einer der beiden Geschäftsführer der Luwe Solutions, sagt.

Dabei arbeitet der Roboter häufig nicht in einer Insellösung, sondern agiert im Labor mit anderen Geräten und Datenbanken. Wenn die Robotik im Netzwerk des Labors inte­griert ist, entstehen daraus weitere Anwendungsmöglichkeiten. Zum einen kann der manuelle Dokumentationsaufwand im Labor deutlich reduziert werden und zum anderen lassen sich neue Geschäftsfelder erschließen, wie das folgende Beispiel zeigt. Es geht um das Milchlabor Weser Ems eG, ein akkreditiertes Labor nach der Rohmilchgüteverordnung, welches mit seiner Analytik eine wichtige Arbeit für diverse Milchbetriebe leistet. Täglich werden in dem Milchlabor im ostfriesischen Leer bis zu 20.000 Milchproben angeliefert, über ein ganzes Jahr kommen so ca. 5,5 Millionen Proben zusammen. Diese müssen die Mitarbeiter auf ihre Qualitätsmerkmale untersuchen. Dafür stehen fünf Analysegeräte zur Verfügung, die mittels Laser und Infrarottechnologie jeweils bis zu 600 Proben pro Stunde bearbeiten.

Anhand der untersuchten Parameter wie Fett und Eiweißgehalt wird schließlich der Verkaufspreis der Milch ausgerichtet und die Fütterung der Milchviehherden optimiert. Des Weiteren liefern Messwerte wie der Gehalt an Harnstoff oder auch an Schadstoffen wie Mykotoxinen Informationen zur Gesundheit der Tiere, die die milchwirtschaftlichen Betriebe für das Herdenmanagement und die Zucht nutzen können.

Um den steigenden Kosten in der Agrarwirtschaft entgegenzuwirken und das Dienstleistungsangebot für die milchwirtschaftlichen Betriebe zu erweitern, investiert das Milchlabor Weser Ems in die Automatisierung ihrer Prozesse. „Uns war es wichtig, dass wir eine Automatisierungslösung finden, die perfekt zu unseren Abläufen und Anforderungen passt“, sagt Dr. Ernst Bohlsen, Geschäftsführer des Landeskontrollverbands Niedersachsen (LKV) „Wir wollten eine Automatisierung, die sich unseren Bedürfnissen maximal anpasst und dabei auch die Folgekosten wie Transportmedien der Proben etc. im Blick hat. Des Weiteren war uns wichtig, zukünftig die Möglichkeit zu haben, neue Untersuchungsmethoden durch ein Ausschleusen von Proben zu implementieren.“ Dabei müssen nicht nur jede Menge Arbeitsschritte genau befolgt werden, um die Qualität der Untersuchungsergebnisse zu gewährleisten; es fallen auch viele Daten an. „Das Labor der Zukunft muss mit vernetzten Geräten arbeiten und Abläufe automatisieren, um hier Fehler zu vermeiden“, sagt Bohlsen.

Der Arm der Routine

Die Firma Luwe Solutions realisierte die Anforderungen des LKV mit der robotergestützten Automatisierung White Motion. Das zentrale Element in dieser Automatisierungsanlage ist ein Industrieroboter, der nach dem Probeneingang die Milchproben in ein Wasserbad setzt, um diese zu erwärmen. Im Anschluss an das Erwärmen entnimmt der Roboter die Proben, homogenisiert sie durch Schütteln und öffnet die Probengefäße mittels eines patentierten Verfahrens. Nach dem Öffnen der Proben führt der Roboterarm die registrierten Milchproben dem Analysegerät zu, wo die Milch auf die diversen Inhaltsstoffe hin untersucht wird. Wenn die Analyse abgeschlossen ist, sortiert der White-Motion-Roboter die Proben, sodass auch weitere nachgelagerte Untersuchungen wie Trächtigkeitsuntersuchungen erfolgen können.

Bei der Entwicklung dieser robotergestützten Analyse war es wichtig, die bestehende Umgebung im Milchlabor zu berücksichtigen. So kann der Roboter z. B. mit den vorhandenen Probenflaschen und Transportbehälter arbeiten, was die Abläufe außerhalb des Labors nicht verändert, Kosten spart und ein Beitrag im Sinne der Nachhaltigkeit ist.

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Roboter-Regeln

Schon vor 80 Jahren erdachte sich der Science-Fiction-Autor Isaac Asimov drei Grundregeln für Roboter. Heute gelten tatsächlich „Robotergesetze“ wie die Maschinenrichtlinie 2006/42/EG oder die Norm ISO EN 10218, die Menschen vor Schaden durch Maschinen schützen sollen. Dies erfolgt meist durch räumliche Trennung von Mensch und Maschine, aber auch durch moderne Sensorik, die Roboter mittlerweile gefahrlos direkt mit Menschen interagieren lässt.

Das Beispiel aus dem Milchlabor zeigt, dass Luwe Solutions nicht nur Insellösungen im Bereich Robotik bietet. Auf Wunsch wurde die Automatisierung White Motion in das bestehende Netzwerk des Labors integriert und das Datenmanagement weiter ausgebaut. Zukünftig kann neben statistischen Auswertungen auch unmittelbar auf Untersuchungsergebnisse reagiert werden. Werden bestimmte Ergebnisparameter bei der Untersuchung überschritten (z. B. somatischer Zellgehalt der Milch), so reagiert die White Motion direkt und sortiert diese Proben für weitere detaillierte Nachuntersuchungen aus.

Fazit

„Wir denken, dass sich das Labor in absehbarer Zeit verändert und dass zukünftig mehr Robotik in den Laboren die Mitarbeiter bei ihrer täglichen Arbeit unterstützt“, sagt Jens Wessels, ebenfalls Geschäftsführer der Luwe Solutions. Robotereinsatz in der Routineanalytik bietet insgesamt viele Vorteile: Die Technik entlastet die Mitarbeiter, da eintönige Tätigkeiten entfallen, verbessert die Arbeitsergonomie und steigert die Reproduzierbarkeit der Ergebnisse durch maschinelle Genauigkeit. Zudem reduzieren sich die laufenden Kosten im Labor und die Mitarbeiter haben mehr Zeit für andere wichtige Arbeitsschritte. Außerdem komme es durch den Einsatz von automatisierten Prozessen zu einer deutlichen Vereinfachung hinsichtlich der Dokumentation für die Akkreditierung der Labore, wie Wessels betont. Die Lösungsmöglichkeiten der Luwe Solutions für den Einsatz von Robotik im Labor gehen von einfachen Pick-and-Place-Lösungen, bis hin zu komplexen integrierten Lösungen, die mittels künstlicher Intelligenz unterstützt werden.

* Jens Wessels & Harald Lücht, Luwe Solutions GmbH, 26340 Zetel-Neuenburg

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