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Genmais Anbauverbot von gentechnisch verändertem Mais

Redakteur: Olaf Spörkel

Bundeslandwirtschaftsministerin Ilse Aigner verkündete heute das Anbauverbot für den Genmais MON 810. Laut Aussage der Ministerin gebe es „berechtigten Grund zu der Annahme, dass der genetisch veränderte Mais der Linie Mon810 eine Gefahr für die Umwelt darstellt“.

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Berlin, Frankfurt a.M., Magdeburg – Die Entscheidung der Bundeslandwirtschaftsministerin Ilse Aigner, den Anbau von genetisch modifiziertem Mais zu verbieten, sorgt für ein geteiltes Echo. Während Naturschutzverbände den Beschluss begrüßen, sind das BMBF und führende Biotechnologie-Verbände von der Entscheidung enttäuscht.

BMBF sieht grüne Gentechnik als wichtige Zukunftstechnologie

Bundesforschungsministerin Annette Schavan betonte, dass mit dem Anbauverbot keine Beeinträchtigung der Forschung verbunden sein dürfe. Schavan bedauerte die Entscheidung von Bundeslandwirtschaftsministerin Ilse Aigner vor allem im Blick darauf, dass die Europäische Behörde für die Lebensmittelsicherheit (EFSA) im Dezember 2008 keine Bedenken gegen die Sicherheit von MON810 geäußert hatte. „Forschung für die grüne Gentechnik ist Teil der Hightech-Strategie der Bundesregierung“, sagte Schavan. „Die grüne Gentechnik ist eine wichtige Zukunftstechnologie, von der sich weder Deutschland noch Europa verabschieden dürfen.“ Die Ministerin kündigte einen runden Tisch mit Vertretern aus Wissenschaft, Wirtschaft und anderen betroffenen Ressorts im Bund und in den Ländern an. „Wir brauchen klare Signale für die Forschung in der grünen Gentechnik in Deutschland und in Europa“, sagte Schavan.

DIB fürchtet Rückschlag für Biotech-Standort Deutschland

Aus Sicht der Deutschen Industrievereinigung Biotechnologie (DIB) ist das Anbauverbot für gentechnisch veränderten Mais eine Entscheidung gegen ein bewährtes wissenschaftsbasiertes Zulassungsverfahren. Das Verbot nehme den Landwirten die Freiheit, zugelassenen gentechnisch veränderten Mais anzubauen, kritisiert die DIB aufs Schärfste. Die DIB-Mitgliedsunternehmen befürchten einen herben Rückschlag für den Biotechnologie-Standort Deutschland. Obwohl unabhängige Experten der EFSA die gentechnisch veränderte Pflanze als sicher für Mensch, Tier und Umwelt eingestuft haben, setzt sich Bundeslandwirtschaftsministerin Ilse Aigner über diese wissenschaftliche Bewertung hinweg.

Politik zerstört mutwillig Zukunftsoptionen

Der Verband Biologie, Biowissenschaften und Biomedizin (VBIO e. V.) protestiert scharf gegen das von Ilse Aigner verfügte Verbot. „Es handelt sich um eine rein politische Entscheidung, die nichts mit wissenschaftlichen Erkenntnissen zu tun hat“, sagt Prof. Rudi Balling, Präsident des VBIO. „Damit zerstört die Politik Zukunftsoptionen, die wir in Zeiten eines dramatischen Klimawandels dringend benötigen.“

„Gentechnische Verfahren sind eine Weiterentwicklung der klassischen Pflanzenzüchtung“, erläutert Balling den Hintergrund seiner Position. Seit Jahrtausenden habe der Mensch Pflanzen und Tiere so gezüchtet, dass sie an ihrem Standort die optimale Leistung erbringen konnten - zum Nutzen des Menschen. Dieser Prozess sei jedoch vergleichsweise langwierig: „So viel Zeit für die Züchtung werden wir in den kommenden Jahren nicht mehr haben, wenn die Temperaturen auf der Erde im Rahmen des Klimawandels schnell weiter steigen“, so Balling. Dann gelte es in kürzester Zeit neue Pflanzensorten zu entwickeln, die an die veränderte Klimasituation angepasst sind und zur Ernährung der Menschheit erheblich beitragen können. „Dafür sind wir auf die grüne Gentechnologie angewiesen. Alle wissenschaftlichen Versuche haben in der Vergangenheit gezeigt, dass sie uns leistungsfähige und sichere Pflanzensorten an die Hand gibt“, ergänzt Balling. Vor diesem Hintergrund bezieht der VBIO eine klare Position: „Wir fordern die Politiker auf, mit einer fundamental wichtigen Technologie wie der grünen Gentechnik keinen Wahlkampf zu betreiben“, stellt Balling fest: „Es darf nicht sein, dass wir in 20 Jahren feststellen, nicht die optimalen Getreidepflanzen anbauen zu können, die Trockenheit und extrem heiße Sommer ertragen, weil wir im Bundestagswahlkampf 2009 populistische und wissenschaftsferne Entscheidungen getroffen haben.“

Schritte in die richtige Richtung erkennt Balling gleichwohl: „Der von Bundesministerin für Bildung und Forschung, Annette Schavan, angekündigte ‚Runde Tisch zur Grünen Gentechnik‘ wird uns helfen, zum rationalen Diskurs zurückzukehren“, meint Balling. Der VBIO sei bereit, seine Expertise hierfür zur Verfügung zu stellen, damit eine wichtige Zukunftstechnologie nicht auf das Abstellgleis gerate.

BIO Mitteldeutschland sieht Wahlkampf auf Kosten einer Zukunftsindustrie

Laut BIO Mitteldeutschland stelle die heutige Entscheidung ein erwiesenermaßen sicheres Produkt zu verbieten, den Tiefpunkt der Gentechnik-Diskussion in Deutschland dar. Auch wenn die Ministerin von einer Einzelfallentscheidung spreche: Ihre Glaubwürdigkeit in der Forschung und den Unternehmen habe sie nach Aussage von Dr. Jens Katzek, Geschäftführer der BIO Mitteldeutschland, verspielt. Jedes neue Produkt und jedes Forschungsprojekt stehe nun unter dem Damoklesschwert der politischen Willkür. Besonders perfide sei es, dass die Ergebnisse der eigenen Wissenschaftler ignoriert werden. Erst vor zwei Wochen hat die Bayerische Landesregierung die Ergebnisse von Fütterungsversuchen vorgelegt. Zwei Jahre lang wurden Kühe mit dem Mais gefüttert, der heute verboten wurde. Laut Studie konnten weder bei den Tieren noch in der Milch Unterschiede festgestellt werden (siehe Kasten).

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