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Deutscher Biotechnologie-Report 2009 Befindet sich die deutsche Biotechnologie am Scheideweg?

Redakteur: Anke Geipel-Kern

Trotz Umsatzsteigerung und Erhöhung der Mitarbeiterzahlen zieht der vor wenigen Tagen schon zum zehnten Mal erschienene deutsche Biotechnologie-Report der Prüfungs- und Beratungsgesellschaft Ernst & Young dieses Mal ein durchwachsenes Fazit was die Situation der deutschen Biotechnologie angeht.

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Als Grund dafür nennt der Report eine Finanzierungslücke, da die Risikokapitalgeber nicht mehr so ausgabefreudig sind. Im Vergleich zum Vorjahr ist das verfügbare Risikokapital um die Hälfte gesunken, auf den niedrigsten Stand seit 1999. „Das klassische Modell der Risikokapital-Finanzierung wird im Biotech-Bereich zunehmend in Frage gestellt“, konstatiert Siegfried Bialojan, Leiter des Industriesektors Life Science bei Ernst & Young. Gründe hierfür seien der sehr hohe Kapitalbedarf, der lange Zeitraum bis Gewinne flössen sowie ein höheres Risiko im Vergleich zu anderen Branchen. Bei der Wirkstoffentwicklung hingegen verzeichnet der Report Fortschritte.

Drei neue Medikamente wurden im letzten Jahr zugelassen, eines davon hat Medigene entwickelt, das Ende Juli die europäische Zulassung von Oracea zur Behandlung der Hautkrankheit Rosazea bekam. Insgesamt komme die Branche bei der Produktentwicklung aber nur relativ langsam voran, kommentiert Julia Schüler, Autorin der Studie und Industriespezialistin Biotechnologie bei Ernst & Young. „Nach einigen Jahren des Anstiegs von Medikamenten-Kandidaten in der klinischen Phase II wäre langsam auch ein deutlicheres Wachstum in Phase III zu erwarten. Entweder überstehen die Produkte nicht den klinischen Wirksamkeits-Test, oder es fehlt an finanziellen Mittel, um die kostspieligen Studien der Phase III durchzuführen“. Bewährtes Mittel, um Wirkstoffe zur Marktreife zu bringen sind nach wie vor Allianzen.

Der Report verweist darauf, dass in den letzten vier Jahren Glaxosmithkline, Novartis, Roche, Pfizer, Merck & Co., AstraZeneca sowie Bristol-Myers Squibb 44 Milliarden Euro in ihre Biotech-Partnerschaften investiert haben. Auch die Übernahme durch Biotech- und Pharmakonzerne könne den betroffenen Unternehmen gute Perspektiven bieten, meint der Report. Vielfach blieben die Unternehmen als selbständige Einheiten oder Komptenzzentren im neuen Mutterkonzern erhalten. Beispiele sind die Übernahmen von Jerini (328 Millionen Euro) durch das britische Unternehmen Shire oder der Kauf von Direvo Biotech (210 Millionen Euro) durch Bayer Healthcare. Bialojan sieht die Branche jedenfalls am Scheideweg. „Entweder, sie profiliert sich als eigenständiger ‚Key Innovator‘ mit nachhaltigen Geschäftsmodellen – und entsprechender Finanzierung durch eigene Marktpräsenz. Oder sie muss sich – bis auf wenige Ausnahmen – damit zufrieden geben, zumindest auf absehbare Zeit auch weiterhin nur Ideengeber und Zulieferer mit begrenzter eigener Wertschöpfung zu bleiben“, lautet sein Fazit.

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