Wie sind Moleküle zusammengebaut? Diese Frage ist besonders bei großen, komplexen Biomolekülen schwer zu beantworten. Wie sich flexible Molekülkomplexe strukturell analysieren lassen, hat nun ein Forscherteam aus Würzburg exemplarisch an dem Protein SMN gezeigt. Dieses spielt eine Rolle bei der Spinalen Muskelatrophie, einer Form der Muskelschwäche.
Das Modell des SMN-Komplexes, im Hintergrund sind angefärbte Hefezellen zu sehen.
(Bild: Jyotishman Veepaschit / AG Fischer)
Würzburg – Große Moleküle mikroskopisch abzubilden gelingt dank moderner Techniken wie der Cryo-Elektronenmikroskopie heute mit atomarer Detailtreue. Der Haken an der Technik ist jedoch, dass sie vor allem bei solchen Strukturen sehr gut funktioniert, die weitgehend starr sind und wenige flexible Bereiche aufweisen. Dies ist bei vielen Molekülverbänden aber nicht der Fall. Um solche flexiblen Strukturen zuverlässig zu analysieren, haben Forscher der Julius-Maximilians-Universität Würzburg (JMU) nun einen integrativen strukturbiologischen Ansatz erprobt, bei dem biochemische, genetische und biophysikalische Techniken miteinander kombiniert wurden.
Die Forscher testeten die neue Untersuchungsmethode an dem SMN-Komplex – einem Protein, dessen Mangel die spinale Muskelatrophie hervorrufen kann. Der SMN-Komplex muss sehr flexibel und dynamisch sein, um den Zellen beim Aufbau von wichtigen molekularen Maschinen zu helfen. Althergebrachte Strategien, die nur mit starren bzw. immobilisierten Molekülen möglich sind, eigneten sich deshalb bisher nicht für seine Strukturanalyse.
Molekulare Puzzlearbeit
Für ihre Untersuchungen wählten die Wissenschaftler den SMN-Komplex aus Hefezellen, der aus weniger Einzelkomponenten besteht als der menschliche Komplex und sich auch weniger dynamisch verhält – ideal für eine integrative strukturbiologische Untersuchung. „Wir haben zunächst einzelne Teilbereiche, die für den Zusammenhalt des Komplexes wichtig sind, mithilfe der Röntgenstrukturanalyse sichtbar gemacht“, beschreibt Prof. Utz Fischer von der LMU das Vorgehen.
In einem zweiten Schritt haben sie den Gesamtkomplex und Teile davon mittels der Röntgen-Kleinwinkelstreuung charakterisiert. Diese Methode liefert auch Informationen über das dynamische Verhalten ungefalteter Bereiche des Komplexes. Anschließend wurden fehlende Bereiche mit dem bioinformatischen Verfahren der 3D-Homologiemodellierung rekonstruiert.
Das Ergebnis der Strukturanalyse war ein Modell des gesamten SMN-Komplexes, das dessen Funktion gut erklärt: Ähnlich wie bei einem Oktopus erstrecken sich von einem zentralen „Körper“ des Komplexes mehrere lange und sehr flexible „Arme“. Über diese Arme kann der Komplex Proteine einfangen und zusammen mit anderen Biomolekülen zu molekularen Maschinen zusammenfügen.
Das Modell liefert damit neue Einblicke in die Entstehungsprozesse der Spinalen Muskelatrophie. „Mutationen, welche diese Krankheit verursachen, liegen gehäuft im zentralen Körper“, sagt der Fischers Doktorand Jyotishman Veepaschit. Sie verhindern, dass sich der Komplex vollständig ausbilden und seine Funktion in der Zelle wahrnehmen kann.
Spinale Muskelatrophie
Die Spinale Muskelatrophie ist eine erbliche Krankheit, die im Kinder-, Jugend- oder Erwachsenenalter auftreten und unterschiedlich schwer ausgeprägt sein kann. Bei besonders schlimmen Formen sterben die Betroffenen an den Folgen einer Muskelschwäche und fortschreitenden Lähmungen schon im Säuglingsalter. In anderen Fällen können die Ärzte durch Krankengymnastik und orthopädische Hilfsmittel die Mobilität und Vitalität für längere Zeit erhalten.
Die Spinale Muskelatrophie ist nicht selten: Sie trifft etwa einen von 6.000 Menschen. Auf Grund einer Veränderung des Erbguts besitzen die Betroffenen zu wenig von dem Protein SMN. Ein Mangel, der sich besonders in denjenigen Nervenzellen im Rückenmark zeigt, die die Bewegung der Muskeln steuern: Diese so genannten Motoneuronen verlieren den Kontakt zum Muskel und sterben ab.
* G. Bartsch, Julius-Maximilians- Universität Würzburg, 97070 Würzburg
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Stand vom 15.04.2021
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