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Brandtest und Schadstoffanalyse Brennende Elektroautos – Gefahr nicht mit Löschen beseitigt

Von Rainer Klose*

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Autos explodieren nicht so einfach, wie man es aus diversen Hollywoodfilmen kennt. Dies gilt genauso für Elektroautos. Wenn diese dennoch in Brand geraten, reicht die Gefahr allerdings weiter als durch die bloße Flamme: Wie Brand-Experimente der Empa zeigen, sind vor allem die Schadstoffe aus den Rußschwaden ein Problem. Hier sind Spezialisten zur Reinigung und ein Auffangen des kontaminierten Löschwassers nötig.

Ein Batteriemodul eines Elektroautos entwickelt beim Brand große Mengen von Ruß, in dem sich giftige Metalloxide befinden.
Ein Batteriemodul eines Elektroautos entwickelt beim Brand große Mengen von Ruß, in dem sich giftige Metalloxide befinden.
(Bild: Amstein+ Walthert Progress AG / Empa)

Hagerbach, Dübendorf/Schweiß – Ein trockener Knall, dann geht es los: Ein Batteriemodul eines Elektroautos steht im Versuchsstollen Hagerbach in Flammen. Ein Video des Versuchs zeigt, welche Energie in solchen Batterien steckt: Meterlange Stichflammen zischen durch den Raum und erzeugen dicken, schwarzen Ruß. Die Sicht in dem zuvor hell erleuchteten Tunnelabschnitt geht rasch gegen null. Nach wenigen Minuten ist das Batteriemodul ausgebrannt. Asche und Ruß haben sich im ganzen Raum verteilt.

Brandversuch mit drei Szenarien

Der Brandversuch, an dem mehrere Empa-Forscher mitwirkten, fand im Dezember 2019 statt. Nun liegt die Auswertung vor. Mit dem Experiment wollten dir Forscher Daten zu dem Ernstfall erheben: Was tun, wenn ein Elektroauto Feuer fängt? Welche gesundheitlichen Gefahren entstehen für Personen in der Nähe bzw. für die Rettungs- und Aufräumdienste? Und welche Effekte hat solch ein Brand auf den Betrieb der Tunnelanlage bzw. des Parkhauses, in dem der Unfall passiert ist?

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Projektleiter Lars Derek Mellert von der Firma Amstein + Walthert Progress entwickelte mit Unterstützung des Batterieforschers Marcel Held und des Korrosionsspezialisten Martin Tuchschmid von der Empa drei Versuchsszenarien. „Wir haben Test-Oberflächen im Brandraum montiert, auf denen sich der Ruß absetzte“, erläutert Tuchschmid. „Die Oberflächen wurden nach dem Versuch chemisch analysiert und auch mehrere Monate lang in speziellen Räumen gelagert, um möglichen Korrosionsschäden auf die Spur zu kommen.“

Szenario 1: Brand in einem geschlossenen Raum

Im ersten Szenario ging es um einen Brand in einer abgeschlossenen Parkgarage ohne mechanische Lüftung. Die Forscher wollten einen Brand auf einer Stellfläche von 28 x 28 Metern Fläche und 2,5 Metern Geschosshöhe nachstellen. Ein solches Parkgeschoss hätte 2000 Kubikmeter Luftvolumen. Angenommen wurde der Brand eines Kleinwagens mit einer vollgeladenen Batterie von 32 kWh Leistung. Für den Test verkleinerten die Projektleiter die Parameter auf ein Achtel: In Brand gesetzt wurde also ein vollgeladenes Batteriemodul mit 4 kWh Kapazität in einem Raum mit 250 Kubikmeter Luftvolumen.

Die Forscher untersuchten, wie sich der Ruß auf Tunnelwände, Oberflächen und auf Schutzanzüge anwesender Feuerwehrleute absetzt, wie giftig die Rückstände sind und auf welche Weise sich der Brandort nach dem Ereignis reinigen lässt.

Szenario 2: Brand in einem Raum mit Sprinkleranlage

Im Szenario 2 ging es um chemische Rückstände im verwendeten Löschwasser. Der Versuchsaufbau war identisch wie in Szenario 1. Doch diesmal wurde der Rauch aus der Batterie mithilfe eines Blechs unter eine Wasserdusche gelenkt, die einer Sprinkleranlage ähnelte. Das herunterregnende Rußwasser sammelte sich in einem Auffangbecken. Die Batterie wurde dabei nicht gelöscht, sondern brannte ebenfalls vollständig aus.

Wie gefährlich sind Substanzen, die beim Brand eines Autos freigesetzt werden? Das Video der Empa zeigt den Brand einer 4-kWh-Batterie. Aber die Gefahr ist auch nach Löschen nicht gebannt, weil giftige Metalloxide mit dem Ruß in der Umgebung verteilt wurden.

Szenario 3: Brand in einem Tunnel mit Ventilation

In diesem Szenario ging es um den Effekt eines Batteriebrandes auf eine Lüftungsanlage. Wie weit verteilt sich der Ruß in den Abluftkanälen? Setzen sich dort Substanzen ab, die zu Korrosionsschäden führen? Im Versuch wurde wiederum ein 4 kWh-Batteriemodul in Brand gesetzt, doch diesmal blies ein Ventilator den Rauch mit konstanter Geschwindigkeit (ca. 1,5 m/s) in einen 160 Meter langen Entlüftungstunnel. Im Abstand von 50, 100 und 150 Metern vom Brandort hatten die Forscher Bleche in den Tunnel montiert, auf dem sich der Ruß absetzte. Die chemische Zusammensetzung des Rußes und mögliche Korrosionseffekte wurden in den Labors der Empa analysiert.

Brennt ein Elektroauto gefährlicher als ein Benziner?

Anfang August 2020 veröffentlichten die Forscher ihren Abschlussbericht. Projektleiter Mellert kann größtenteils Entwarnung geben: Ein brennendes Elektroauto ist Bezug auf die Hitzeentwicklung nicht gefährlicher als ein brennendes Auto mit konventionellem Antrieb. Damit kommt er zum gleichen Ergebnis wie eine Risikoeinschätzung des ADAC.

Gefährlich ist ein Autobrand aber so oder so. „Die Schadstoffemissionen eines Fahrzeugbrands waren schon immer gefährlich und unter Umständen tödlich“, heißt es im Abschlussbericht. Unabhängig von der Antriebsform oder dem Energiespeicher, müsse es oberstes Ziel sein, dass sich alle Personen möglichst schnell aus der Gefahrenzone begeben. Speziell die stark ätzende, toxische Flusssäure wird oft als besondere Gefahr bei brennenden Batterien diskutiert. In den drei Versuchen im Tunnel Hagerbach blieben die Konzentrationen jedoch unter dem kritischen Bereich.

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Feuerwehr ist gut vorbereitet

Fazit: Eine Tunnellüftung, die auf aktuellem Stand der Technik ist, kommt nicht nur mit brennenden Benzinautos, sondern auch mit Elektroautos zurecht. Erhöhte Korrosionsschäden an der Lüftungsanlage oder der Tunneleinrichtung sind aufgrund der nun vorliegenden Resultate ebenfalls nicht zu erwarten.

Auch die Feuerwehren müssen aufgrund der Versuche nichts neu lernen. Feuerwehrleute wissen, dass die Batterie eines Elektroautos nicht zu löschen ist, sondern nur mit großen Mengen Wasser gekühlt werden kann. So kann das Feuer möglicherweise auf einige Batteriezellen beschränkt bleiben, ein Teil der Batterie brennt dann nicht aus. Ein solches, teilweise ausgebranntes Wrack muss daher in einem Wasserbecken oder einem Spezialcontainer aufbewahrt werden, damit es sich nicht neu entzünden kann. Doch auch das ist den Spezialisten bereits bekannt und wird auch schon geübt.

Vorsicht vor Schadstoffen in Löschwasser und auf verrußten Flächen

Ein Problem stellt dagegen das Lösch- und Kühlwasser dar, das beim Bekämpfen eines solchen Brandes und beim Lagern einer ausgebrannten Batterie im Wasserbad anfällt. Die Analysen ergaben, dass die chemische Belastung des Löschwassers die Schweizer Grenzwerte für Industrieabwässer um das 70-fache übersteigt, das Kühlwasser liegt sogar bis zu 100-fach über dem Grenzwert. Es sei wichtig, dass dieses hochbelastete Wasser nicht ohne fachgerechte Vorbehandlung in die Kanalisation läuft.

Nach den Versuchen haben professionelle Brandsanierer den Raum fachgerecht dekontaminiert. Anschließend entnommene Proben haben bestätigt, dass die gängigen Methoden und der Zeitaufwand auch für die Sanierung nach dem Brand eines Elektroautos ausreichen. Doch Mellert warnt vor allem private Besitzer von Tiefgaragen vor eigenmächtigen Aufräumarbeiten: „Versuchen Sie nicht, den Ruß und den Dreck selbst aufzuwischen. Im Ruß sind große Mengen von Kobaltoxid, Nickeloxid und Manganoxid enthalten. Diese Schwermetalle lösen auf ungeschützter Haut starke allergische Reaktionen aus.“ Brandsanierung nach einem Elektroautobrand ist also auf jeden Fall ein Job für Profis im Schutzanzug.

Originalpublikation: LD Mellert, U Welte, M Tuchschmid, M Held, M Hermann, M Kompatscher, M Tesson, L Nachef: Risikominimierung von Elektrofahrzeugbränden in unterirdischen Verkehrsinfrastrukturen, Forschungsprojekt AGT 2018/006 auf Antrag der Arbeitsgruppe Tunnelforschung (AGT), Bundesamt für Straßen, August 2020.

* R. Klose, EMPA Eidgenössische Material- Prüfungs-und Forschungsanstalt, 8600 Dübendorf

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