Tropische Zecken in Deutschland gefunden Bringt der heiße Sommer neue Krankheitsüberträger?
Die anhaltende Sommerhitze hat neben vertrockneten Pflanzen und erhöhter Waldbrandgefahr offenbar einen weiteren Nachteil. So berichtet ein Team der Uni Hohenheim und des Instituts für Mikrobiologie der Bundeswehr von sieben Funden tropischer Zecken, die vermutlich von den hohen Temperaturen dieses Sommers profitiert haben. Nun befürchten die Forscher, dass sich die Tropenzecken dauerhaft in Deutschland etablieren könnten.
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Stuttgart – Drei an einem einzigen Pferd, eine an einem Schaf und drei weitere an drei anderen Pferden: Insgesamt sieben Zecken sind es, die derzeit die Zeckenexperten an der Universität Hohenheim und am Institut für Mikrobiologie der Bundeswehr (IMB) in München beschäftigen. In diesem Zeckensommer wären solche Funde eigentlich nichts Ungewöhnliches. Das Brisante an ihnen: Es handelt sich um tropische Zeckenarten der Gattung Hyalomma, die hier eigentlich überhaupt nicht vorkommen.
„Fünf der sieben Zecken haben wir zweifelsfrei bestimmen können, vier sind der Art Hyalomma marginatum und eine der Art Hyalomma rufipes zuzurechnen. Die beiden restlichen hatte der Pferdebesitzer beim Einsammeln verloren“, erklärt Dr. Lidia Chitimia-Dobler vom IMB. „Hyalomma-Zecken haben wir hier in Deutschland zu diesem Zeitpunkt noch nicht erwartet. Bisher gab es lediglich zwei Einzelfunde in den Jahren 2015 bis 2017.“
Die vergleichsweise großen Tiere mit den auffällig gestreiften Beinen waren in diesem Jahr im Raum Hannover, in Osnabrück und in der Wetterau aufgetaucht, vermutlich über Vögel eingeschleppt. „Diese Zeckenarten könnten in Deutschland Einzug halten“, befürchtet Prof. Dr. Ute Mackenstedt, Parasitologin an der Universität Hohenheim. „Wir werden sie in diesem Jahr verstärkt im Auge behalten und bereiten uns darauf vor, ihnen in den nächsten Monaten womöglich noch öfters zu begegnen.“
Tropische Zecken in Deutschland – Durch Klimaerwärmung möglich
Überraschend ist diese Entwicklung für die Expertin allerdings nicht. „Wegen der Klimaerwärmung ist bei uns grundsätzlich mit immer mehr wärmeliebenden Zecken zu rechnen. Ixodes inopinatus aus dem Mittelmeerraum beispielsweise hat sich inzwischen bis Dänemark ausgebreitet“, sagt Mackenstedt
Die große Frage sei nun, ob es sich bei den neuen Funden noch um einzelne eingeschleppte Exemplare handelt oder ob sich die beiden Hyalomma-Arten bereits hier etabliert haben. „Bei einer anderen Art, der ursprünglich in Afrika beheimateten Braunen Hundezecke Rhipicephalus sanguineus, sind Exemplare an Hunden gefunden worden, die ihren Hof nie verlassen hatten“, berichtet Mackenstedt. „Damit konnten sie kein unbeabsichtigtes Urlaubsmitbringsel sein – ein Hinweis darauf, dass sich die Art hier möglicherweise bereits entwickeln kann.“
Sommerhitze 2018 begünstigt fremdländische Zeckenarten
Für die Hyalomma-Arten müsse künftig genau beobachtet werden, ob und wie sie sich in Deutschland ausbreiten kann. „Wir wissen, wie lang der Zeitraum ist, den die Tiere für ihre Entwicklung benötigen. Damit können wir abschätzen, ob sie sich bei einer weiteren Klimaerwärmung mit zunehmend trockenen und heißen Perioden in Deutschland etablieren können“, erläutert Zecken-Expertin Chitimia-Dobler.
Sie führt das Auftreten von Hyalomma-Zecken in Deutschland 2018 auf den heißen, trockenen Sommer zurück. „Diese Zecken bevorzugen eine geringere Luftfeuchtigkeit als die bei uns vorkommenden Zeckenarten. In diesem Jahr kommt die hiesige Witterung den Lebensbedingungen dieser Zecken daher sehr entgegen.“
Eine der sieben gefundenen Zecken trug Erreger des Zecken-Fleckfiebers
In Deutschland sind Zecken vielen Menschen bekannt als Überträger gefährlicher Krankheiten wie der Lyme-Borreliose oder der FSME (Frühsommer-Meningoenzephalitis). Diese Krankheitserreger sind bislang nicht in Hyalomma marginatum und Hyalomma rufipes nachgewiesen worden. Doch auch diese Blutsauger bergen Risiken. Beide Arten gelten insbesondere als wichtige Überträger des Krim-Kongo Hämorrhagischen Fiebers, des Arabisch Hämorrhagischen Fiebers und einer Form des Zecken-Fleckfiebers. Daneben sind sie wichtige Überträger tropischer Erkrankungen von Nutztieren.
PD Dr. Gerhard Dobler, Mediziner und Mikrobiologe am IMB, hat hierzu keine guten Nachrichten: „In einem der gefundenen Exemplare konnten wir den Erreger einer tropischen Form des Zecken-Fleckfiebers nachweisen. Doch zumindest gefährliche Viren als Erreger von hämorrhagischen Fieber-Formen wurden bisher nicht entdeckt.“
* D. Elsner, Universität Hohenheim, 70599 Stuttgart
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