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Molekulare Elektronik Brückenbau für Elektronen

Redakteur: Christian Lüttmann

Wie verbindet man Schaltelemente in elektronischen Bauteilen, deren Größe nur noch im Nanometerbereich liegt? Eine mögliche Antwort haben nun Forscher unter Beteiligung der Empa in der Schweiz getestet. Sie haben eine Elektronenbrücke aus wenigen Molekülen gebaut, die der Miniaturisierung von Schaltkreisen neue Wege eröffnen könnte.

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Schematische Darstellung von Molekülen, die auf einem SiO2/Si-Substrat verankert sind (grau). Dank der kontrollierten Struktur der Moleküle bildet sich eine stabile molekulare Architektur, die als Brücke für die zwischen den Graphen-Elektroden wandernden Elektronen dient. Diese Graphenleitungen werden dann von herkömmlichen metallischen Gold-Pads (Au; gelb) kontaktiert. Die so entstandene Molekularstruktur erinnert an die Architektur eines römischen Bogens.
Schematische Darstellung von Molekülen, die auf einem SiO2/Si-Substrat verankert sind (grau). Dank der kontrollierten Struktur der Moleküle bildet sich eine stabile molekulare Architektur, die als Brücke für die zwischen den Graphen-Elektroden wandernden Elektronen dient. Diese Graphenleitungen werden dann von herkömmlichen metallischen Gold-Pads (Au; gelb) kontaktiert. Die so entstandene Molekularstruktur erinnert an die Architektur eines römischen Bogens.
(Bild: Empa)

Dübendorf/Schweiz – Elektronik wird immer kleiner. In Zukunft könnten die Maße einzelner Elemente in der Größenordnung einzelner Moleküle liegen. Solche molekulare Elektronik könnte den Bau elektronischer Systeme im Nanobereich mit völlig neuartigen Funktionen ermöglichen. Dabei sind Schaltelemente aus einzelnen Molekülen zusammengesetzt und dementsprechend soweit verkleinert, wie es nur irgend möglich ist. Die Komponenten müssen folglich präzise konstruiert und auf atomarer Ebene zusammengesetzt werden.

Solche Herausforderungen versuchen Forscher des Empa-Labors „Transport at Nanoscale Interfaces“ unter der Leitung von Michel Calame zu bewältigen. Gemeinsam mit Partnern der Universitäten Basel und Bern, des „Swiss Nanoscience Institute“, der niederländischen „Delft University of Technology“, der „Hebrew University“ in Jerusalem und den britischen Universitäten Lancaster und Warwick arbeiten sie an der Integration von molekularen Bauelementen mit Graphen-Elektroden.

Das Dilemma beim Brückenbau im Molekülformat

Besonders schwierig ist es, einen effizienten elektronischen Transport zwischen den beiden Graphen-Elektroden zu gewährleisten. Die Forscher bauten dafür eine molekulare Brücke zur Kontrolle des Stroms. Diese muss mechanisch und elektronisch robust sein, um Schwankungen zu vermeiden – und das bei Raumtemperatur. Damit das System künftig auch tatsächlich eingesetzt werden kann, müssen die Merkmale des Systems zudem reproduzierbar sein.

Das Problem: Die mechanische und elektronische Stabilität stellen unterschiedliche Anforderungen an die Eigenschaften der Brücke. „Eine schwache Kopplung zwischen den Orbitalen sorgt für eine interessante elektronische Verbindung zwischen den beiden Graphen-Elektroden und macht die Verbindungseigenschaften weniger empfindlich gegenüber lokalen elektronischen Schwankungen der Elektroden. Diese Strategie führt jedoch zu mechanisch instabilen Verbindungen“, erklärt Maria El Abbasi, die erste Autorin der Studie. Werden hingegen Moleküle verwendet, die mit den Graphen-Elektroden eine feste chemische Bindung eingehen, wird das System zwar mechanisch stabiler – aber auf Kosten der Elektronenleitfähigkeit. Die Transporteigenschaften der Brücke sind dann aufgrund der fehlenden Kontrolle der Elektrodengeometrie schlecht definiert. Dies bedeutet, dass die elektronischen Eigenschaften stark variieren.

Dreigeteilte Brückenpfeiler

Den Forschern ist es nun gelungen, reproduzierbare Brückenelemente zu bauen, die beide Eigenschaften vereinen: mechanische und elektronische Stabilität. Die Moleküle bestehen aus drei Komponenten: einer Silangruppe als Basis, einer Kopfgruppe und dazwischen einer trennenden Alkankette. Die Aufgabe der Silangruppe ist es, die Moleküle mechanisch auf dem Siliziumoxid-Substrat zu verankern. Sie verbindet sich über eine starke, kovalente Bindung mit dem Substrat.

Der zweite (und wichtigste) Teil des Moleküls ist die Kopfgruppe. Ihre Aufgabe ist es, den Elektronen einen Weg zwischen den beiden Graphen-Elektroden zu bahnen. Dies geschieht in einem quantenmechanischen Prozess: Die Elektronendichte aus den Pi-Orbitalen der benachbarten Moleküle überlappt miteinander und mit den Pi-Orbitalen der beiden Graphen-Elektroden. Dadurch ersteht ein erweitertes Orbital über die Verbindung – also quasi eine Elektronenbrücke zwischen den Graphen-Elektroden.

Die Alkankette in den Brückenmolekülen isoliert den Silan-Anker und die Kopfgruppe elektronisch voneinander. Sie dient quasi als Isolierschicht, wie die Kunststoffummantelung bei einem Kupferkabel. Die aus Kopfgruppe, Alkankette und Silan-Anker gebildeten Moleküle werden zwischen den beiden Graphen-Elektroden gestapelt und bilden so ein steuerbares leitfähiges Element.

Stabilität und Leitfähigkeit vereint

Für die Kopfgruppe untersuchten die Forscher drei verschiedene chemische Verbindungen. Die erste war eine Methylgruppe (CH3) und diente lediglich als Kontrolle. Wenn sie eingesetzt wurde, zeigten die Bauelemente zwar ein stabiles und reprozierbares Verhalten, gleichzeitig aber nur eine begrenzte elektronische Verbindung. Eine zweite Gruppe, N-Carbazol bildete zwar eine gute elektronische Brücke, die aber nicht genügend Stabilität bot. Der dritte Kandidat war Biphenyl-N-Carbazol. Er führte zu einer deutlich stärkeren Überlappung der Orbitale und dadurch zu stabilen Verbindung mit einem Strom, der um mehrere Größenordnungen höher war als bei der Kontrollgruppe CH3.

Die Forscher konnten auch zeigen, dass die elektronischen Eigenschaften der Brückenkonstruktion von lediglich 20 °C über dem absoluten Nullpunkt bis hin zu Raumtemperaturen stabil sind. „Damit haben wir eine einfache, aber effektive Strategie entwickelt, um in Zukunft molekülbasierte Funktionen in nanoelektronische Systeme zu integrieren“, fasst Calame zusammen.

Originalpublikation: M El Abbassi, S Sangtarash, X Liu, M L Perrin, O Braun, C Lambert, H S J van der Zant, S Yitzchaik, S Decurtins, S Liu, H Sadeghi & M Calame; Robust graphene-based molecular devices; Nature Nanotechnology (2019); DOI: 10.1038/s41565-019-0533-8

(ID:46152199)