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Photochemie Chemie im Dunst: Licht verstärkt Reaktionen in Aerosolen

Von Dr. Fabio Bergamin*

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Schwebstoffe in der Luft verändern sich meist mit der Zeit, u. a. durch chemische Reaktionen. Ein Forscherteam aus der Schweiz hat nun gezeigt, wie Lichteinfall die Chemie in den Aerosolen beschleunigt. Die Daten können für bessere Klimamodelle nützlich sein.

Bei Saharastaub, der den Himmel färbt, handelt es sich um mineralische Aerosole. Auch außerhalb solcher Extremereignisse befinden sich Aerosole aus mineralischen und organischen Verbindungen in der Luft.
Bei Saharastaub, der den Himmel färbt, handelt es sich um mineralische Aerosole. Auch außerhalb solcher Extremereignisse befinden sich Aerosole aus mineralischen und organischen Verbindungen in der Luft.
(Bild: gemeinfrei, Claudio Schwarz / Unsplash)

Zürich/Schweiz, Villigen/Schweiz – Tröpfchen und feinste Partikel können Licht einfangen, ähnlich wie das zwischen zwei Spiegeln geschieht. Die Lichtintensität wird dadurch in ihrem Innern verstärkt. Dies passiert auch in den feinsten Wassertröpfchen und Feststoffpartikeln unserer Atmosphäre, den Aerosolen. Chemiker der ETH Zürich und des Paul-Scherrer-Institut (PSI) in Villigen haben nun mithilfe moderner Röntgenmikroskopie untersucht, wie sich die Lichtverstärkung auf photochemische Prozesse auswirkt, die in den Aerosolen ablaufen. Die Forscher zeigten damit: Die Lichtverstärkung lässt diese chemischen Prozesse im Schnitt zwei- bis dreimal schneller ablaufen als es ohne den Verstärkungseffekt der Fall wäre.

Beobachtungen mithilfe der Röntgenmikroskopie

Die Forscher untersuchten an der Synchrotron Lichtquelle Schweiz am PSI Aerosole aus winzigen Partikeln aus Eisen(III)-Zitrat. Diese Verbindung reagiert unter Lichteinfluss zu Eisen(II)-Zitrat. Mittels Röntgenmikroskopie lassen sich innerhalb der Aerosolpartikel mit einer Präzision von 25 Nanometern Bereiche aus Eisen(III)-Zitrat von solchen aus Eisen(II)-Zitrat unterscheiden. Auf diese Weise beobachteten und kartierten die Wissenschaftler den zeitlichen Ablauf dieser photochemischen Reaktion in einzelnen Aerosolpartikeln.

Eisen(III)-Zitrat steht für eine Reihe von weiteren chemischen Verbindungen, die in den Aerosolen der Atmosphäre vorkommen. „Es war für uns eine Stellvertreter-Verbindung, die sich mit unserer Methode einfach untersuchen ließ“, sagt Pablo Corral Arroyo. Er ist Postdoc in der Gruppe von ETH-Professorin Ruth Signorell und Erstautor der Studie.

Zerfall durch Licht

Viele organische und anorganisch Verbindungen sind lichtempfindlich und können bei Lichteinfall zu kleineren Molekülen zerfallen, die mitunter gasförmig sind und somit entweichen. „Die Aerosolpartikel verlieren auf diese Weise an Masse, was ihre Eigenschaften verändert“, sagt Gruppenleiterin Signorell. Unter anderem streuen sie Sonnenlicht anders, was Wetter- und Klimaphänomene beeinflusst. Außerdem verändern sich ihre Eigenschaften als Kondensationskeime in der Wolkenbildung.

Die Ergebnisse wirken sich daher auch auf die Klimaforschung aus. „Die derzeitigen Computermodelle der globalen Atmosphärenchemie berücksichtigen diesen Lichtverstärkungseffekt noch nicht“, sagt ETH-Professorin Signorell. Die Forscher schlagen vor, den Effekt künftig in diese Modelle miteinzubeziehen.

Je heller desto schneller

Die nun genau kartierte und quantifizierte Lichtverstärkung in den Partikeln kommt durch Resonanzeffekte zustande. Am höchsten ist die Lichtintensität gegenüber der vom Licht bestrahlten Seite des Partikels. „In diesem Hotspot laufen photochemische Reaktionen bis zu zehnmal schneller ab, als es ohne den Resonanzeffekt der Fall wäre“, sagt Erstautor Arroyo. Über das ganze Partikel gemittelt resultiert eine Beschleunigung um den erwähnten Faktor zwei bis drei. Üblicherweise dauern photochemische Reaktionen in der Atmosphäre mehrere Stunden bis Tage.

Mithilfe der experimentell erhobenen Daten erstellten die Forscher ein Computermodell, um den Effekt auf eine Reihe anderer photochemischer Reaktionen typischer Aerosole in der Atmosphäre abzuschätzen. Es stellte sich heraus, dass der nun bezifferte Effekt nicht nur Eisen(III)-Zitrat-Partikel betrifft, sondern alle Aerosole – Partikel oder Tröpfchen – aus Verbindungen, die mit Licht reagieren können. Auch die anderen Reaktionen laufen im Schnitt zwei- bis dreimal schneller ab.

Originalpublikation: Corral Arroyo P, David G, Alpert PA, Parmentier EA, Ammann M, Signorell R: Amplification of light within aerosol particles accelerates in-particle photochemistry, Science, 14 Apr 2022, Vol 376, Issue 6590, pp. 293-296, DOI: 10.1126/science.abm7915

* Dr. F. Bergamin, ETH Zürich, 8092 Zürich/Schweiz

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