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Statistik der Chemiestudiengänge 2020 Chemiestudium dauerte noch nie länger

Von Christian Lüttmann

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Das Chemiestudium in Zahlen: Wie lange dauert es? Welchen Weg schlagen die Absolventen danach ein? Und wie hat sich die Coronapandemie auf die Zahl der Studienanfänger und der Abschlüsse im Jahr 2020 ausgewirkt. Die aktuelle GDCh-Statistik zeigt Trends und Auffälligkeiten.

Die GDCh bringt jährlich eine Statistik zum Chemiestudium heraus (Symbolbild).
Die GDCh bringt jährlich eine Statistik zum Chemiestudium heraus (Symbolbild).
(Bild: ©Davizro Photography - stock.adobe.com)

Studierende hatten es zuletzt nicht leicht.

  • Lerngruppen in der Cafeteria: vertagt
  • Laborpraktika: verschoben
  • Ersti-Party: verboten

Lockdowns und Hygieneregeln gegen Corona machten das Chemiestudium zu einer größeren Herausforderung als ohnehin schon.

Doch trotz der besonders widrigen Umstände verzeichneten Chemiestudiengänge im Jahr 2020 nur einen leichten Rückgang. Dies geht aus der aktuellen Statistik der Chemiestudiengänge hervor, die von der Gesellschaft Deutscher Chemiker (GDCh) seit 1952 jährlich erhoben wird. Die folgenden Grafiken zeigen einige Trends und Highlights aus den Daten dieser Umfrage.

Chemiestudium-Statistik für das Jahr 2021 Die aktualisierten Grafiken für das Berichtsjahr 2021 gibt es im Beitrag zur Statistik der Chemiestudiengänge 2021

Studieren in der Pandemie

Mittlerweile 55 Universitäten und technische Hochschulen bieten in Deutschland ein Chemiestudium mit Bachelor-/Masterabschluss an. Für einige tausend „Erstis“ ist das jedes Jahr der Schritt vom Schulalltag hin zum Berufsleben. 2020 gab es 5671 Studienanfänger im Bachelor Chemie. Damit ist die Zahl zum dritten Jahr in Folge gesunken – 2017 waren es noch über 7000 Chemie-Erstis. Da schon seit einigen Jahren die Zahlen rückläufig sind, kann die seit Anfang 2020 herrschende Coronapandemie nicht als Erklärung für diesen Trend herangezogen werden.

Bemerkenswert ist die Entwicklung bei der Geschlechterverteilung. Wie im Vorjahr sind auch 2020 wieder 45 % der Erstis weiblich. Damit nähert sich das Verhältnis seit etwa zehn Jahren mehr und mehr einem Gleichstand an.

Die Chemie ist damit ein gutes Beispiel dafür, dass Naturwissenschaften längst nicht mehr so stark männerdominiert sind wie früher. Bis sich dieser Trend auch in den Abschlüssen bemerkbar macht, wird es allerdings noch einige Jahre dauern. Vom Bachelor bis zur Promotion sind hier mit 37 bis 34 % die weiblichen Absolventen noch deutlich in der Unterzahl.

Weniger Abschlüsse durch Corona

Während sich Corona bei den Studienanfängern bisher kaum auszuwirken scheint, sieht es bei den Abschlüssen ganz anders aus: Im Jahr 2020 stellten deutlich weniger Studierende ihre Abschlussarbeit fertig als 2019. Besonders bei den Bachelor- und Masterarbeiten ist ein starker Rückgang zu verzeichnen (-22 % bzw. -17 %). Hier sind wohl v. a. verschobene Klausuren ein Grund, warum manch einer den Abschluss erst später als geplant machen kann.

Die Promotionen sind 2020 nur um 4 % zurückgegangen – oft verbringen die Doktoranden die finale Phase ihrer Promotionsarbeit mit dem Auswerten und Niederschreiben der Ergebnisse, was problemlos von zu Hause aus möglich ist. Wer aber noch mit dem experimentellen Teil seiner Arbeit beschäftigt war, hatte womöglich größere Probleme durch die Pandemie. Fehlende Laborzeiten während der Lockdowns dürften also in den kommenden Jahren auch bei den Promotionsarbeiten zu einem zeitweisen Rückgang führen, da Experimente wegen geschlossenen Laboren verschoben oder umgeplant werden mussten.

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Bologna-Reform und das Auslaufen des Diplomstudiums

Die Bachelorabschlüsse haben sich seit 2016 Jahren auf ein einigermaßen konstantes Niveau eingependelt. Davor waren die Zahlen über viele Jahre gestiegen, da erst seit 2002 die Bachelor- und Mastergänge mit der Bologna-Reform eingeführt worden sind. Bis heute sind noch vereinzelt Diplomstudenten an den Universitäten „unterwegs“. So wurden 2020 noch 4 Vordiplom- und 9 Diplomabsolventen gemeldet.

Ein Grund für die Studienreform war seinerzeit, den Studierenden mit dem Bachelor einen anerkannten Zwischenabschluss und damit einen schnelleren Start in das Berufsleben zu ermöglichen. Zumindest im Bereich Chemie hat dies aber nicht den gewünschten Erfolg gebracht, da hier nahezu alle Bachelorabsolventen direkt den Master anschließen.

Länger als geplant: Die Studiendauer ist so hoch wie nie

Was für das Jahr 2020 auffällt, ist der neue Rekordwert bei der Studiendauer. Seit der ersten GDCh-Statistik von 1952 hat es noch nie so lange gedauert, den Master in Chemie abzuschließen. Vom Studienbeginn bis zum M.Sc. braucht es 11,9 Semester (Median). Die Regelstudienzeit beträgt hingegen nur 10 Semester – ein Jahr hängt ein Student im Fach Chemie also üblicherweise an das Regelstudium an.

Als ein Grund für den neuen Höchstwert nannten viele Hochschulen in der GDCh-Umfrage Verzögerungen durch die Corona-Pandemie. Studierende hätten einige Veranstaltungen verschoben, in der Hoffnung, diese zum Wintersemester 2020/2021 in Präsenz wahrnehmen zu können.

Die längere Studiendauer ist allerdings nicht erst seit Corona zu beobachten. In den vergangenen zehn Jahren stieg die mittlere Dauer von Bachelor, Master sowie Promotion jeweils um etwa ein Semester.

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Vom Ersti zum promovierten Chemiker – Karrierewege nach dem Chemiestudium

Das Chemiestudium hat gerade in den ersten Semestern eine hohe „Schwundquote“. Viele stellen fest, dass dieses Studium nicht den eigenen Vorstellungen entspricht und wechseln in andere Studiengänge oder zu einer Ausbildung. Der Vergleich von den Bachelorabschlüssen mit der Anzahl der Studienanfänger drei Jahre zuvor vermittelt ein ungefähres Bild davon, wie viele Studenten im Bachelor „verloren gegangen“ sind. Dabei zeigt sich, dass seit 2010 etwa 60 % weniger Bachelorabschlüsse gemacht werden, wie nach den Erstsemesterzahlen eigentlich zu erwarten wäre.

Wer es durch den Bachelor geschafft hat, bleibt mit großer Wahrscheinlichkeit direkt für den Master an der Universität. Nur rund zwei Prozent aller Bachelorabsolventen treten an diesem Punkt ins Berufsleben, wobei doppelt so viele weibliche wie männliche Absolventen den Berufseintritt wählen (Männer: 1,3 %, Frauen 2,8 %).

Auch bei den Masterabsolventen führt der Großteil (87 %) das Studium weiter mit einer Promotion. Nur zehn Prozent haben im Jahr 2020 mit dem Master den Schritt ins Berufsleben gemacht – auch hier ist der Anteil bei den weiblichen Absolventen, die ins Berufsleben wechseln (15 %) doppelt so groß wie bei den männlichen (8 %).

Mit abgeschlossener Promotion treibt es schließlich die Mehrheit in die Wirtschaft (51 %). Ein großer Teil schließt auch eine befristete Postdoc-Stelle an. Dieser Anteil gilt als ein Indikator für die Arbeitsmarktlage und ist seit einigen Jahren auf einem stabilen Wert um 20 %. Eine unbefristete Stelle an einer Hochschule oder einem Forschungsinstitut haben nur 4 % der Absolventen nach der Promotion inne. Die Industrie bietet mit der besseren Bezahlung offensichtlich eine attraktivere Zukunftsaussicht, als es bei eher forschungsorientierten Arbeitgebern der Fall ist.

Hervorzuheben ist noch der geringe Anteil an stellensuchenden frisch Promovierten: Nur jeder zehnte hat nach dem Abschluss nicht direkt einen Job gefunden.

Ausgezeichnete Abschlussarbeiten

Ein Blick auf die Abschlussnoten im Chemiestudium zeigt, dass diejenigen, die bis zum Ende dabeibleiben, auch entsprechend gute Leistungen bringen. Während im Bachelor nur etwas mehr als 12 % der Abschlussarbeiten mit „sehr gut“ oder „Auszeichnung“ benotet werden, sind es im Master schon über die Hälfte. Die Promotion schließen fast 90 % mit „sehr gut“ oder „mit Auszeichnung“ ab.

Allerdings schwanken die Benotungen stark von Uni zu Uni. Die LMU München ist eine der Universitäten mit den besten Promotionsnoten. Fast 40 % der Promotionen erhielten dort 2020 die Bewertung „mit Auszeichnung“. „Sehr gut“ erhielten 57 % und „gut“ 4 % der Absolventen. Anders sieht es an der Universität Regensburg aus: Dort bekamen 2020 nur 12 % der Promovierten einen Abschluss „mit Auszeichnung“, während 63 % mit „sehr gut“ und 25 % mit „gut“ abschlossen. Ob diese unterschiedlichen Ergebnisse auf die Leistung der Studierenden oder auf die Strenge der Bewertung zurückzuführen ist, lässt sich aus den Daten allerdings nicht schließen.

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