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Datenmanagement Chromatographie: Digitaler Datenlebenszyklus im regulierten Labor

Autor / Redakteur: Max Franz* / Dr. Ilka Ottleben

Vereinheitlichte Labor-Management-Systeme vereinfachen den Weg der Labordaten von ihrer Erzeugung bis zum Ende des gesamten Lebenszyklus. Mit geeigneten Archivierungsstrategien lassen sich dabei auch die letzten Hürden bis zur Vernichtung der Daten einfach meistern.

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Abb. 1: Auch im Labor lösen digitale Prozesse papierbasierte Workflows immer mehr ab.
Abb. 1: Auch im Labor lösen digitale Prozesse papierbasierte Workflows immer mehr ab.
(Bild: ©Oleksiy Mark - stock.adobe.com)

Die digitale Transformation hat bereits vor Jahren das Labor im regulierten Bereich erreicht. Sie sorgt dafür, dass neue technische Möglichkeiten papierbasierte Workflows grundlegend verändern. Angepasste behördliche Anforderungen bilden oft die treibende Kraft und stellen den Datenlebenszyklus im digitalisierten GxP-Labor vor neue Herausforderungen. Betroffen sind längst nicht mehr nur die Pioniere aus dem pharmazeutischen Umfeld. Durch die Revision der ISO 17025 müssen mittlerweile z.B. auch akkreditierte Prüf- und Kalibrierlabore im Zuge ihrer Digitalisierungsprozesse den Datenlebenszyklus restrukturieren, denn die revidierte Norm setzt angepasste Rahmenbedingungen, um die elektronische Datenintegrität zu gewährleisten.

Egal ob Pharmaumfeld, Lebensmittelindustrie, Forschungsinstitut oder Umweltlabor – die meisten modernen Labore nutzen seit vielen Jahren ein Chromatographie-Datensystem (CDS) und erzeugen damit eine Fülle digitaler Messdaten sowie dazugehörige Metadaten. Wirksame Strategien zum Risikomanagement der Datenintegrität über den gesamten Lebenszyklus dieser Daten sind dabei unverzichtbar.

Die Datenflut: ALCOA+ im Einsatz

Das ALCOA+-Prinzip behandelt die Anforderungen an die Dateninte­grität und den Datenlebenszyklus im GxP-regulierten Labor. Die Abkürzung ALCOA steht für attri­butable, legible, contemporaneous, original und accurate. Alle Daten müssen also ab ihrer Erzeugung zuordenbar, lesbar, zeitgenau erfasst, original und korrekt sein. Hinzu kommen die Pluspunkte complete, consistent, enduring und available. Die Daten müssen also über den gesamten Lebenszyklus hinweg vollständig, konsistent, dauerhaft und auch verfügbar sein – mitunter bis zu 30 Jahre lang. Neben den eigentlichen Messdaten entstehen zahlreiche Metadaten. In der Praxis stellen all diese Kriterien entsprechend hohe Anforderungen an die verwendete Software-Lösung. In der Umsetzung wird es noch ein wenig komplizierter, wie folgende Praxisbeispiele zeigen.

Jedem Anwender eines Chromatographie-Datensystems (CDS) muss eine eindeutige Benutzererkennung sowie -rolle mit definierten Rechten zugewiesen werden, damit ihm alle Aufzeichnungen während der Analyse zuordenbar sind. Manuelle Einträge in das CDS müssen zum Originaldatensatz rückverfolgbar und nachvollziehbar sein. Die Erfassung von Daten soll automatisiert durch das CDS in Echtzeit erfolgen. Auch ist vorgeschrieben, die Messdaten und die entsprechenden Datensätze zeitgenau abzulegen und nicht im Arbeitsspeicher zu halten.

Elektronische Aufzeichnungen brauchen genaue und vertrauenswürdige Datums- und Zeitstempel, die für die erzeugten Datendateien konsistent sind. Um vollständige Dokumentation zu gewährleisten, ist es notwendig, das CDS auf Schwachstellen in der Datenintegrität zu prüfen. Alle generierten elektronischen Aufzeichnungen müssen aufbewahrt werden, auch wenn zum Beispiel eine Neuinjektion aufgrund eines Fehlers erforderlich ist.

Es empfiehlt sich, die elektronischen Datensätze nach der Überprüfung zu sperren, sodass nur autorisierte Personen Änderungen vornehmen können. Die verwendeten Medien müssen es ermöglichen, dass alle Aufzeichnungen während der gesamten Aufbewahrungsfrist verfügbar bleiben. Auch die Synchronisation und Verknüpfung zwischen Papierausdrucken und zugehörigen elektronischen Dokumenten muss während dieser Zeit aufrechterhalten werden.

Namenskonventionen für Dateien erleichtern die Erfassung, Speicherung und Aufbewahrung von Daten im CDS. Sobald die Datensätze in die Aktenverwaltung oder ein Archiv kommen, ist es notwendig, den kompletten zusammenhängenden Datensatz auf Papier und elektronisch zu bewegen. Ein Mechanismus löst dann dessen komplette Wiederherstellung aus. Individuelle Insellösungen in zahlreichen Laboren verkomplizieren den Sachverhalt noch weiter.

Chromatographie-Daten und Insellösungen

Traditionelle Software-Lösungen für Analytik-Anwendungen im Labor werden häufig als Chromatographie-Datensysteme (CDS) bezeichnet. Zahlreiche Labore verwenden sie seit vielen Jahren, um Chromatographie-Daten aufzunehmen, wobei die verwendeten Systeme häufig nur mit HPLC- und GC-Geräten funktionieren. In selteneren Fällen kann auch ein LCMS- oder GCMS-System in eine entsprechende CDS-Software eingebunden werden; weitere Gerätearten einzubinden, ist überwiegend nicht möglich. Im Regelfall verwenden solche Labore nicht-unterstützte Analysatoren, wodurch die entsprechende CDS-Software nur von begrenztem Nutzen ist. Die Daten dieser zusätzlichen In­strumente müssen dann mitunter umständlich ausgedruckt und auf althergebrachte Weise abgelegt werden.

Einige Systeme mit IR- oder UV-Spektrometern generieren hingegen Daten, die sich direkt im Netzwerk oder in einer Datenbank ablegen lassen. Sicherheit oder Rückverfolgbarkeit wie in einer CDS-Software besteht dabei nicht. Aus diesem Grund wird im Regelfall alles gedruckt und in Ordnern oder Laborbüchern abgelegt.

Eine hohe Datenintegrität ist einer der guten Gründe dafür, warum Labore seit vielen Jahren CDS-Software nutzen. Die Daten werden nämlich in sicheren Datenbankmanagement-Systemen wie Microsoft SQL-Server oder Oracle gespeichert, die den Zugriff limitieren und verhindern, dass Daten unkontrolliert gelöscht oder manipuliert werden können. Diese zentrale Ablage für Labordaten hilft, die Laboreffizienz zu steigern. Zum papierlos arbeitenden Labor konnten diese Systeme in der Realität jedoch nicht verhelfen.

In Laboren von heute werden Chromatographie-Datensysteme, die in der Regel mit ein bis zwei Gerätearten arbeiten und keine Möglichkeit unterstützen, weitere Instrumente hinzuzufügen, mit Standalone-Einheiten kombiniert. Das bedeutet, dass Daten nach den Analysen an mehreren Orten abgelegt werden: einige landen in den CDS-Datenbanken, andere auf den Standalone-Lösungen und weitere wiederum in diversen Ordnern und Laborbüchern. Labormitarbeiter müssen nun zahlreiche verschiedene Systeme durchsuchen, und womöglich sogar getrennt arbeitende, um Daten zu finden. Das kostet nicht nur viel Zeit, sondern kann darüber hinaus dazu führen, dass relevante Aufzeichnungen verloren gehen.

Aufgrund der unterschiedlichen Lösungen werden physische Ausdrucke und Laborbücher weiterhin benötigt, die es für einen langen Zeitraum aufzubewahren gilt; häufig geschieht das in Archiven, die zudem aufwendig zu verwalten sind. Auch elektronisch gespeicherte Daten verlangen entsprechende Sicherung, wodurch verschiedene Archivierungssysteme auf unterschiedlichen Computersystemen notwendig sind. Labormitarbeiter müssen sich die Fertigkeiten für jede Art aneignen, wie Daten gespeichert, wann und ob sie gedruckt werden müssen und was dann mit den gedruckten Daten geschehen soll.

Ein System, zwei Archivierungsstrategien

Vereinheitlichte Labor-Management-Systeme haben die gleichen Grundfunktionen wie traditionelle Chromatographie-Datensysteme. Eine hohe Datenintegrität und ER/ES (engl. electronic record/electronic signature) Compliance wird gewährleistet. Nun können sie aber eine Vielzahl an Geräten steuern und die entsprechenden Daten zentral speichern. Mit diesem System können alle Instrumente eines Labors ihre Daten in eine einzige sichere Datenbank ablegen, ebenso die Audit Trails. Daten auszudrucken wird somit überflüssig. Dennoch sind Ausdrucke der automatisch generierten Reports jederzeit möglich.

Ein weiterer Vorteil ist die einfachere Verbindung von allen Geräten im Labor zu einem LIMS. Nur noch ein Server dient hierbei als Verbindungspunkt zwischen zahlreichen Instrumenten und dem LIMS. Ein vereinheitlichtes Labor-Management-System ermöglicht es demnach auch, ohne großen Aufwand einfache sowie pragmatische Archivierungsstrategien zu realisieren. Alle relevanten Daten können dadurch gemäß den behördlichen Anforderungen bis zum Ende ihres Lebenszyklus gelagert und hinterher geplant und kontrolliert vernichtet werden.

Die Labsolutions CS Software von Shimadzu ist eine derartige Rundum-Lösung. In der Datenübersicht im so genannten Data Manager lassen sich Daten schnell und einfach für die weitere Bearbeitung sperren. Vorausgesetzt sind hierfür die über das Rechtemanagement geregelten Benutzerrechte. Diese dynamische Archivierungsstrategie sollte natürlich in einer SOP (Standard Operat­ing Procedure) definiert werden. Für große Datenmengen wiederum eignet sich viel besser die eigentliche Archivierungsfunktion der Software über das integrierte Backup Tool, das den Speicherplatz wieder zur Verfügung stellt. Die Archivierung kann hierbei durch den Export der Daten eines zusammenhängenden Projekts erfolgen. Ebenso lässt sich dieses Werkzeug als Strategie zur gezielten Datenvernichtung nach Lebenszyklus-Ende verwenden.

* M. Franz, Shimadzu Deutschland, 47269 Duisburg

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