English China

GC/MS Cyanid in Wasser nachweisen

Autor / Redakteur: Guido Deußing* / Dipl.-Chem. Marc Platthaus

Zum Schutz der Verbraucher und gemäß gültiger Normen und Vorschriften muss Trinkwasser turnusmäßig auf Cyanid hin untersucht werden. Lesen Sie, wie eine automatisierte Headspace-(HS)-GC/MS-Methode die Aufnahme reproduzierbarer Messwerte gewährleistet.

Anbieter zum Thema

Cyanide gehören zu den Chemikalien, die mit besonderer Vorsicht zu behandeln sind. Allein der Kontakt mit Wasser kann aus ihnen das Atemgift Blausäure (Cyanwasserstoff, HCN) freisetzen. Ungeachtet dessen finden Cyanide breite Anwendung, unter anderem in der Metallurgie und Kunststoffherstellung. Grund ist vor allem ihre Fähigkeit, mit vielen organischen Stoffen Verbindungen einzugehen und mit Metallionen stabile Komplexe zu bilden. Cyanide sind ob ihres Einsatzes auch eine problematische Umweltfracht in industriellen Abwässern. Über Leckagen, etwa in der Gold- und Silbergewinnung, können sie in die Umwelt, in Oberflächen- und Grundwässer gelangen und unsere wichtigsten Trinkwasserspeicher belasten. Zum Schutz der Verbraucher ist Trinkwasser daher turnusmäßig auf Cyanid hin zu untersuchen. Die Bestimmung mittels Headspace-(HS)-GC/MS gewährleistet die Einhaltung gebotener Grenzwerte und sorgt bei geeigneter Automatisierung der Probenvorbereitung für den raschen Erhalt reproduzierbarer Messwerte.

Hochtoxisch und Komplexbildner erster Güte

Sekunden nach der Aufnahme von nur 120 bis 250 Milligramm Kaliumcyanid (KCN) oder Natriumcyanid (NaCN) fällt dem Opfer erst das Atmen schwer und wird dann plötzlich unmöglich. Nach etwa einer Minute bricht der Vergiftete unter Krämpfen bewusstlos zusammen. Auch sofort eingeleitete geeignete medizinische Maßnahmen ändern selten etwas an der Prognose: Der Patient stirbt meist in Minutenschnelle an den Folgen einer akuten Atemlähmung. KCN („Zyankali“) und NaCN sind Salze des Cyanwasserstoffs (HCN), dessen Trivialname „Blausäure“ allgemein geläufiger sein dürfte. HCN gehört zu den stärksten und am schnellsten wirkenden Giften. Die letale Dosis liegt nach oraler oder inhalativer Aufnahme bei einem bis zwei Milligramm pro Kilogramm Körpergewicht.

Reine Blausäure (HCN) ist eine farblose, sehr leicht flüchtige Flüssigkeit (Siedepunkt 26 °C), deren Bittermandelgeruch charakteristisch ist. „Nicht alle Menschen sind genetisch bedingt in der Lage, diesen Geruch wahrzunehmen; darüber hinaus werden bei hohen HCN-Konzentrationen die Geruchsnerven schon nach kurzer Zeit betäubt“, weiß Professor Thomas Daldrup, der Leiter der forensischen Toxikologie am Institut für Rechtsmedizin der Universität Düsseldorf. Die toxische Wirkung der Blausäure beruht insbesondere auf der Fähigkeit des Cyanid-Anions (CN-)Komplexe zu bilden. So bildet es, von einigen Ausnahmen abgesehen, mit den meisten Metallen stabile Komplexe, mit Gold und Silber etwa. Gleiches gilt für das dreiwertige Eisen, das für den Sauerstofftransport im menschlichen Organismus wichtig ist. Konsequenz: Die Zellatmung wird unterbunden; der mit dem Blut herbeigeschaffte Sauerstoff kann nicht verwertet werden. Dieser Prozess, der letzten Endes zum Tod des Organismus führt, wird auch als „inneres Ersticken“ bezeichnet. Bis zu einem gewissen Grad lässt er sich durch geeignete therapeutische Gegenmaßnahmen umkehren. Da-rüber hinaus ist der Mensch in der Lage, kleine Dosen Cyanid in der Leber enzymatisch abzubauen und die Stoffwechselprodukte über den Urin auszuscheiden. Dies ist der Grund, warum wir ohne Sorge Äpfel und Birnen mit Stumpf und Stiel verzehren können, obgleich aus deren Kernen in geringen Mengen Blausäure freigesetzt werden kann“, schildert Professor Thomas Daldrup. Auch Bittermandeln, Erbsen und Bohnen enthalten so genannte cyanogene Glycoside, aus denen sich durch enzymatische oder chemische Hydrolyse Blausäure entwickeln kann.

Giftigkeit abhängig von der Verbindung

Am Rande bemerkt: Nicht alle Cyanid-Verbindungen sind giftig, wie etwas das Kaliumhexacyanidoferrat(II). Die auch als gelbes Blutlaugensalz bezeichnete Chemikalie stellt einen stabilen Komplex dar, aus dem kein Cyanid freigesetzt wird. Sie wird in der Lebensmittelindustrie als Trennmittel und Stabilisator eingesetzt und ist in der Europäischen Union (EU) als Lebensmittelzusatzstoff (E536) für die Verwendung in Kochsalz und Kochsalzersatz zugelassen.

Kaliumhexacyanidoferrat(III) wiederum spielt in der Synthesechemie und in der chemischen Analytik eine Rolle. Das als rotes Blutlaugensalz bezeichnete Additiv wird auch in der Färberei verwendet sowie als Härtemittel für Stahl. Bei unsachgemäßem Umgang aber, etwa unter großer Hitze oder Säureeinwirkung, kann sich aus beiden Salzen giftige Blausäure (HCN) entwickeln, geben Toxikologen zu bedenken.

Als problematisch und höchst gefährlich erweisen sich die sehr leichtlöslichen Alkali- und Erdalkalicyanide, die bei der Gewinnung von Rohsilber und Gold im großen Stil eingesetzt werden. Im Verlauf der „Cyanid-Laugerei“ lassen sich die Edelmetalle aus dem meist zerriebenen Silbererz beziehungsweise dem goldhaltigen Sand als Cyanid-Komplex extrahieren. Rückstände der hochgiftigen Lauge können in die Umwelt gelangen und Böden, Oberflächen- und Grundwasser kontaminieren. Welche Folgen eine solche Belastung der Umwelt im schlimmsten Fall nach sich ziehen kann, wurde unter anderen im Januar 2000 offensichtlich, als Tauwetter und heftige Regenfälle Auffangbecken für Cyanid-Lauge des Gold- und Silberbergwerks Baia Mare in Rumänien beschädigten: Geschätzte 100 000 Kubikmeter giftigster Abwässer flossen in den Fluss Theiß und töteten alles Leben bis zur Donaumündung. „Die schwerste europäische Umweltkatastrophe seit Tschernobyl“, urteilte die Presse damals.

Cyanid-Analyse bei der Trinkwasserbeurteilung

Diese Kontaminationen sind aber nur von endlicher Dauer. Vergiftete Gewässer kommen irgendwann wieder ins Gleichgewicht. Cyanide lassen sich nämlich im Verlauf einer Oxidationsreaktion zu Stickstoff und Kohlenstoffdioxid abbauen und unschädlich machen. Dieser Prozess verläuft, im Labor unter Einsatz von Natriumhypochlorit (NaOCl) oder Wasserstoffperoxid (H2O2) zeitlich beschleunigt. Dennoch gilt es, kein Risiko einzugehen. Bereits geringe Mengen Cyanide – werden sie mit der Nahrung oder dem Trinkwasser aufgenommen – sind in der Lage, die Gesundheit des Menschen zu beeinträchtigen. Die United States Environmental Protection Agency (EPA) hat daher Grenzwerte (Maximum Contaminant Level, MCL) definiert, die nicht überschritten werden dürfen. Das MCL für Cyanide liegt demnach bei 0,2 Milligramm pro Liter beziehungsweise bei 200 Parts per Billion (ppb). Gemäß der Trinkwasserverordnung TrinkW 2001 liegt die Maximalbelastung bei 0,5 mg/L. Werden die Werte überschritten, ist der Wasserversorger gehalten, Maßnahmen zum Schutz der Verbraucher zu treffen.

HS-GC/MS als gängige Bestimmungsmethode

Zum Nachweis löslicher Cyanid-Salze im Trink- und Quellwasser hat die EPA kürzlich eine vom H&E Testing Laboratory im US-Bundesstaat Maine entwickelte Methode auf Basis der Headspace-Gaschromatographie in Verbindung mit der massenselektiven Detektion (HS-GC/MS) als Referenzmethode (ME 355.01) von Cyaniden in Trinkwasser erkoren. „Die Methode lässt sich auf alle Formen von Cyaniden anwenden, die im sauren Milieu leicht HCN freisetzen“, schreibt Dr. Jim Eaten vom H&S-Testing Laboratory in der Methodenvorschrift. Die ME355.01 basiert auf einer vom US-amerikanischen Center of Disease Control and Prevention (CDC) für den Nachweis von Cyaniden in Blut präferierten Methode, die für die Anwendung in der Trinkwasser- und Umweltanalytik modifiziert wurde. Um sich rasch ein detailliertes Bild von der tatsächlichen Kontamination des Trinkwassers durch Cyanide zu machen und umgehend geeignete Maßnahmen zum Schutz der Konsumenten ergreifen zu können, wird folgende Vorgehensweise von der EPA präferiert:

Die Proben werden in 40-mL-Braunglasvials gesammelt, durch Zugabe von 1 mL einer 1N NaOH haltbar gemacht und bis zur Analyse bei 4 °C in dunkler Umgebung gelagert. Sollte sich die Probe nach Zugabe eine o-Tolidin-Lösung gelb färben, ist die Probe zu verwerfen, was unabhängig davon spätestens nach sieben Tage zu erfolgen hat. Um eine rasche und sichere Analyse zu gewährleisten, sollte ein geeigneter Autosampler zur Probenvorbereitung zum Einsatz kommen. Als ideal erweist sich die Dual-Rail-Variante des Multi-Purpose-Sampler (Prep-Station) von Gerstel, die spezifisch in der Methode genannt wird. Aufgrund von zwei unabhängig in alle Raumrichtungen agierenden Roboterarme ermöglicht der MPS dem Anwender, sowohl eine Flüssigspritze einzusetzen, etwa für die Dosierung von Reagenzien einschließlich des internen Standards, als auch zeitgleich die Probenahme im Headspace. Beim GC/MS-System handelt es sich um eine handelsübliche Gerätekombination.

Probenvorbereitung: Von den zu analysierenden Proben wird je 1 mL in ein 10-mL-Headspacevial pipettiert, das anschließend von Hand auf den Probenteller der Prep-Station platziert wird. Alle weiteren Schritte verlaufen voll automatisiert und dank Gerstel-Maestro-Software komfortabel gesteuert. Die erforderlichen Parameter lassen sich per Mausklick aus einer Liste grundlegender Arbeitsschritte zusammenstellen; der Anwender benötigt nur eine Sequenztabelle und steuert doch das ganze System, also MPS, GC und MS. Aufgrund der Prep-Ahead-Funktion lassen sich Probenvorbereitung und GC/MS-Analyse derart zeitlich verschachteln, sodass alle Proben just in time auf die GC-Säule gegeben werden können, sobald der vorangegangene Lauf beendet ist.

Der MPS gibt 50 µL internen Standard einer wässrigen K13C15N-Lösung zur Probe, ferner 200 µL Ascorbinsäure und 200 µL Phosphorsäure, um HCN freizusetzen. Es folgt eine vierminütige Temperierung des Vials auf 60 °C, bevor die Analyten aus dem Headspace gezogen, im Kalt-Aufgabe-System (KAS) des GCs bei -10 °C cryofokussiert werden. Nach etwa 1,5 Minuten wird das KAS temperaturprogrammiert auf 220 °C aufgeheizt und die Analyten werden auf die GC-Säule überführt. Anschließend erfolgt die Analyse auf einem handelsüblichen GC/MS-System, wobei folgende Bedingungen einzuhalten sind:

  • GC-Säule: PLOT-Q-Säule von Agilent, Teil #19091P-Q04 oder Äquivalent
  • Trägergas: Helium (1,1 mL/min), konstanter Fluss
  • Ofenprogramm: 110 °C (0 min) – 4 °C/min – 130 °C (0 min) – 99 °C/min – 250 °C (1,79 min)
  • Detektionsmodus: Selected Ion Monitoring (SIM), m/z = 29 (interner Standard), m/z = 27, und 26

Ein Bemerkung zum Schluss: Die Methode ME 355.01 wurde laut H&L Testing Laboratory von drei unabhängigen Laboratorien getestet und auf verschiedene, mit unterschiedlichen Mengen an Cyanid (50 und 200 ppb) versetzte Proben (Reagenswasser, Wasser mit hoher Salzkonzentration, Trinkwasser mit hohem TOC-Gehalt) angewandt. „Alle drei Laboratorien berichteten von Ergebnissen, die innerhalb der Anforderungen lagen und damit die mustergültige Eignung der Methode bestätigen“, freut sich Laborleiter Dr. Jim Eaton.

*G. Deußing, ScienceCommunication Redak-tionsbüro, 41464 Neuss

(ID:336117)