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Bitterrezeptoren in Mund und Magen Das „wo“ entscheidet – Wie Koffein die Ausschüttung von Magensäure reguliert

Autor / Redakteur: Dr. Gisela Olias / Dr. Ilka Ottleben

In vielen Kulturen ist nach dem Essen ein Kaffee üblich, um Verdauungsproblemen vorzubeugen. Über das molekulare Zusammenspiel von Bitterstoffen wie Koffein und dem Verdauungssystem war bislang jedoch wenig bekannt. Nun konnten Forscher zeigen, dass Bitterrezeptoren in Mund und Magen regulierend auf die koffeinbedingte Magensäureausschüttung wirken. Ob sie die Ausschüttung von Magensäure stimulieren oder verzögern, hängt demnach davon ab, wo sie aktiviert werden – im Mund oder im Magen. Künftig könnten die Ergebnisse auch zur Entwicklung neuer Therapieoptionen z.B. bei übersäuertem Magen beitragen.

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In vielen Kulturen ist ein Kaffee nach dem Essen üblich, um Verdauungsproblemen vorzubeugen.
In vielen Kulturen ist ein Kaffee nach dem Essen üblich, um Verdauungsproblemen vorzubeugen.
(Bild: gemeinfrei)

Potsdam-Rehbrücke– Der anregend wirkende Bitterstoff Koffein kann die Freisetzung von Salzsäure im Magen sowohl stimulieren als auch verzögern, je nachdem, ob er Bitterrezeptoren im Magen oder im Mund aktiviert. Dies ist das Ergebnis einer europäischen Kooperationsstudie, an der auch Wissenschaftler des Deutschen Instituts für Ernährungsforschung (DIfE) beteiligt waren. „Wie unsere Ergebnisse zeigen, spielen Bitterrezeptoren generell eine Rolle bei der Regulation der Magensäureausschüttung. Es wäre daher denkbar, dass sich Bitterstoffe oder Bitterblocker zukünftig als Therapeutika einsetzen ließen, um eine Übersäuerung des Magens zu behandeln“, sagt Studienleiterin Veronika Somoza von der Universität Wien.

Das Team um die Ernährungsphysiologin Somoza und Erstautorin Kathrin Liszt vom Institut für Ernährungsphysiologie und Physiologische Chemie der Fakultät für Chemie an der Universität Wien, zu dem neben DIfE-Forschern auch Jakob Ley von der Symrise AG in Holzminden und Wissenschaftler des Blizard Instituts London gehören, publizierte seine Ergebnisse nun in der Fachzeitschrift Proceedings of the National Academy of Sciences of the United States of America.

Koffein und Magensäure – Was war zu Studienbeginn bekannt?

Koffein ist die weltweit am häufigsten konsumierte psychoaktive Droge. Sie wirkt nicht nur anregend auf das zentrale Nervensystem und erhöht den Blutdruck, sondern sie stimuliert auch die Freisetzung von Magensäure. Ebenso weisen neuere Studien darauf hin, dass neben Koffein auch andere Bitterstoffe, zum Beispiel aus Hopfen, die Säureproduktion im Magen ankurbeln. Über welche Mechanismen dies geschieht, ist allerdings noch nicht hinreichend erforscht.

Zudem ist bekannt, dass der Mensch Bitterstoffe über rund 25 verschiedene Bitterrezeptor-Typen wahrnimmt, die sich im Mund und Rachenraum auf den Spitzen der Geschmacksrezeptorzellen befinden und vor dem Verschlucken giftiger Substanzen warnen sollen. Fünf von ihnen reagieren unter anderem auf Koffein. Seit kurzem häufen sich die Studien, die zeigen, dass sich Geschmacksrezeptoren für Bitteres auch an anderen Orten des Verdauungssystems finden, so zum Beispiel im Magen. Welche Funktion die Rezeptoren dort erfüllen, ist weitgehend unbekannt und noch ebenfalls wenig erforscht.

Welcher Fragestellung gingen die Wissenschaftler nach?

Die bestehenden Fakten lassen annehmen, dass Koffein die Magensäureausschüttung über Bitterrezeptoren im Mund und Magen beeinflusst. Daher gingen die Forscher in der aktuellen Studie der Frage nach, ob tatsächlich ein solcher Zusammenhang besteht. Hierzu führten die Wissenschaftler an gesunden weiblichen und männlichen Studienteilnehmern pH-Wert Messungen im Magen durch. Zudem verwendeten sie menschliche Gewebeproben des Magens sowie ein etabliertes zelluläres Modellsystem (HGT-1-Zellen) zur Untersuchung der Magensäurefreisetzung, um den Zusammenhang auch auf zellulärer und molekularer Ebene überprüfen zu können.

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