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Kommunikation per Nase Der Geruch des Hungers

Redakteur: Dr. Ilka Ottleben

Wanderratten sind sehr soziale Tiere – sie kümmern sich umeinander indem sie z.B. Futter miteinander teilen. Doch diese gegenseitige Hilfe ist nicht bedingungslos. Nun haben Forscher herausgefunden, dass Ratten riechen können, welche ihrer Artgenossen wirklich hungrig sind. Diesen wird schneller geholfen als satten Tieren.

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Als Futter-Belohnung für die Ratten dienten in dem Experiment Haferflocken. (Symbolbild)
Als Futter-Belohnung für die Ratten dienten in dem Experiment Haferflocken. (Symbolbild)
(Bild: gemeinfrei / Pixabay )

Bern/Schweiz – Sie teilen miteinander das Futter oder putzen sich gegenseitig das Fell: Wanderraten sind sehr soziale Tiere. Sie helfen sich aber nicht bedingungslos. Die Nager wägen zuerst Kosten und Nutzen ab. Sie helfen sich also reziprok – gemäß dem Motto „Wie Du mir, so ich Dir“.

Um an Futter zu kommen, „betteln“ Wanderratten bei ihren Artgenossen mit Rufen und Gesten. Diese Kommunikationsform macht aber eine Priorisierung schwierig: Wer hat wirklich Hunger und benötigt dringend Futter, und wer täuscht nur vor und versucht, nur noch mehr Futter einzuheimsen?

Eine verlässlichere Information ist in diesem Fall der Geruch der bettelnden Ratte. Denn hungrige Ratten riechen offenbar anders als satte Tiere. In einer neuen Studie zeigen Forschende der Universität Bern und der Universitäten Neuenburg und Potsdam, dass Ratten anhand von Geruchsinformationen entscheiden, wie schnell sie welchen Artgenossen helfen, an Futter zu kommen. Die Studie wurde im Open Access Journal PLOS Biology publiziert.

Ratten können den Hunger riechen

Die Ratte auf der rechten Seite zieht eine Plattform in Richtung des Käfigs, sodass die Ratte im linken Abteil Futter bekommt (eine Haferflocke). Die ziehende Ratte erhält dabei selbst keine Belohnung.
Die Ratte auf der rechten Seite zieht eine Plattform in Richtung des Käfigs, sodass die Ratte im linken Abteil Futter bekommt (eine Haferflocke). Die ziehende Ratte erhält dabei selbst keine Belohnung.
(Bild: Res Schmid)

In einem Experiment versorgten die Forschenden Ratten mit Geruchssignalen entweder von hungrigen oder satten Artgenossen, die sich in einem anderen Raum befanden. Die Ratten konnten anschließend einer anderen anwesenden Ratte Hilfe leisten, schneller an Futter zu kommen, indem sie ein Tablett mit Futter zu dieser hinzogen.

„Wir stellten fest, dass die Ratten schneller Hilfe leisteten, wenn sie Geruchssignale von einer hungrigen Ratte erhielten als von einer satten Ratte“, erklärt Karin Schneeberger, die diese Studie in der Ethologischen Station Hasli der Universität Bern, unter der Leitung von Prof. Michael Taborsky vom Institut für Ökologie und Evolution, durchgeführt hat. Zurzeit ist Schneeberger als Post-Doc an der Universität Potsdam tätig.

Geruch – kein Täuschungsmanöver möglich

Gregory Röder von der Universität Neuenburg analysierte danach die Luft in der Umgebung der Ratten. Er konnte sieben verschiedene flüchtige organische Verbindungen identifizieren, die je nachdem entweder bei einer hungrigen oder einer satten Ratte häufiger vorkamen. Diese Geruchssignale könnten direkt von kürzlich aufgenommenen Nahrungsquellen, von Stoffwechselprozessen bei der Verdauung, oder von einem mutmaßlichen Pheromon stammen, das Hunger anzeigt.

„Im Gegensatz zu Rufen und Gestik ist es unwahrscheinlich, dass die Ratten diese Gerüche zu ihrem Vorteil steuern und somit die andern täuschen können. Damit stellen sie für die Artgenossen eine ‘ehrliche Information’ bereit, auf die sich diese sich verlassen können bei der Entscheidung, wie schnell sie ihnen helfen wollen», so Schneeberger.

Originalpublikation: Schneeberger K, Röder G, Taborsky M (2020) The smell of hunger: Norway rats provision social partners based on odour cues of need. PLoS Biol 18(3): e3000628.

* Universität Bern, Media Relations, 3012 Bern/Schweiz

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