Uralte Erdkruste Die ältesten Platten der Erde – 3,5 Milliarden Jahre altes Gestein untersucht
Sie sind tief begrabene Zeitzeugen vom Anfang unseres Planeten: Überreste der alten Erdkruste. Forscher haben nun nachgewiesen, dass Teile dieser ersten Erdplatten in den Tiefen des Erdmantels überdauert haben und teilweise auch an der Oberfläche zu finden sind.
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Die früheste Kruste der Erde ruht seit mehr als vier Milliarden Jahren in einem „Friedhof“ aus erkalteten Erdplatten, wahrscheinlich schon, seitdem Mond und Erde aus der Kollision zweier Protoplaneten hervorgegangen sind. Seitdem haben die Überreste der ersten Kruste unseres Planeten dort überdauert, wie Forscher vom Institut für Geologie und Mineralogie der Universität zu Köln nun herausgefunden haben. Sie führten chemische Analysen magmatischer Gesteine durch und erbrachten schließlich den Nachweis von den in großer Tiefe ruhenden geologischen Überresten aus der Anfangszeit der Erde
Dass dort noch immer Spuren aus so alter Zeit zu finden sind, ist erstaunlich, da im Laufe der Erdgeschichte die alte Erdkruste durch plattentektonische Prozesse innerhalb kurzer geologischer Zeiträume in den Erdmantel recycelt und dort durchmischt wurde. Experten hatten daher bislang angenommen, dass „Zeitzeugen“ der frühesten geologischen Prozesse nur auf anderen Himmelkörpern wie den terrestrischen Planeten Merkur, Venus und Mars, auf Asteroiden oder dem Mond überdauert haben, wo es keine nennenswerte Plattentektonik gibt.
Teile der alten Kruste gelangten allerdings vom tiefsten Erdinneren heraus durch Vulkanismus erneut an die Erdoberfläche, so die Schlussfolgerung der Wissenschaftler in der aktuellen Studie. Die chemischen Eigenschaften bestimmter magmatischer Gesteine der Erde enthalten daher heute detaillierte Hinweise darüber, wie die früheste Kruste beschaffen war und auf welchen Wegen sie ihren Weg in den „Friedhof“ der Erdplatten fand.
Der Planet als Lavalampe
Die Mineralogen untersuchten in Zusammenarbeit mit internationalen Kollegen bis zu 3,55 Milliarden Jahre alte Gesteine aus Südafrika und Eswatini. Dabei kam heraus, dass die Proben kleine Anomalien in der Isotopenhäufigkeit des chemischen Elements Wolfram aufweisen. Der Ursprung dieser Anomalien – konkret die relative Häufigkeit des Isotops Wolfram-182 – verweist auf geologische Prozesse, die vor mehr als 4,5 Milliarden Jahren stattgefunden haben müssen.
Mithilfe von modellierten Mantelschmelzen zeigt das deutsche Forscherteam, dass die vorliegenden Wolfram-182-Anomalien am besten durch ein Recycling von extrem alter Kruste in den Erdmantel erklärt werden können. „Wir gehen davon aus, dass die unteren Stockwerke der Kruste, sozusagen die Wurzeln der Urkontinente, durch einen geologischen Reifungsprozess schwerer wurden als ihre Umgebung und deshalb in den unterliegenden Erdmantel gesunken sind – ähnlich wie in einer Lavalampe“, erläutert der Kölner Geochemiker Dr. Jonas Tusch.
Einblick in den geochemischen Fingerabdruck der frühen Erde
Die uralte Kruste ruhte in den tiefen Regionen des Erdmantels, wahrscheinlich direkt an der Grenze zum äußeren Erdkern. Teile des Materials wurden über so genannte Mantel-Plumes, ähnlich Förderbändern, angezapft und in höher liegende Regionen des Erdmantels und manchmal sogar bis hin an die Erdoberfläche zurücktransportiert. Bemerkenswert ist, dass die gleichen Isotopenmuster noch heute in bestimmten Vulkangesteinen (so genannte Ozeaninselbasalte) gefunden werden, z. B. auf Hawaii, La Reunion oder Galapagos. Das belegt laut den Wissenschaftlern, dass Überreste der ältesten Kruste der Erde noch immer im unteren Mantel begraben liegen.
![Abb.1: Das Verhältnis der stabilen Kohlenstoffisotope wird zur Echtheitsprüfung von Lebensmitteln wie Honig genutzt (Symbolbild). (©Konstantin; ©castecodesign - stock.adobe.com_[M]-Kübert) Abb.1: Das Verhältnis der stabilen Kohlenstoffisotope wird zur Echtheitsprüfung von Lebensmitteln wie Honig genutzt (Symbolbild). (©Konstantin; ©castecodesign - stock.adobe.com_[M]-Kübert)](https://cdn1.vogel.de/WzD0zw23gY8_QZNYsdc5D17-_uI=/320x180/smart/filters:format(jpg):quality(80)/images.vogel.de/vogelonline/bdb/1876200/1876213/original.jpg)
Authentizitätsprüfung von Lebensmitteln
Isotope als unsichtbare Qualitätssiegel
„Diese faszinierende Erkenntnis eröffnet die Möglichkeit, einen geochemischen Fingerabdruck der frühen Erde zu erhalten“, sagt Dr. Elis Hoffmann von der Freien Universität Berlin, der an der Analyse der Gesteine beteiligt war. „Wir können dadurch besser verstehen, wie im Laufe der Erdgeschichte große Kontinente entstanden sind und wie sich eine sauerstoffreiche Atmosphäre ausbilden konnte – eine wichtige Grundvoraussetzung für die Entstehung komplexer Lebensformen.“
Der geochemische Fingerabdruck der frühen Erde kann zudem mit Erkenntnissen über andere Planeten, die im Rahmen von Raumfahrtmissionen gewonnen wurden, verglichen werden. So zeigen beispielsweise Daten der Marsmissionen und Untersuchungen von Marsmeteoriten, dass der Mars aufgrund fehlender Plattentektonik noch immer eine sehr alte Oberfläche besitzt, die in ihrer Beschaffenheit vielleicht der jungen Erde entspricht.
Originalpublikation: Jonas Tusch, J. Elis Hoffmann, Eric Hasenstab, Mario Fischer, Chris S. Marien, Allan H. Wilson and Carsten Münker:Long-term preservation of Hadean protocrust in Earth’s mantle, April 22, 2022, 119 (18); DOI: 10.1073/pnas.2120241119
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