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Erderwärmung in Zahlen Die Welt im Wärmestau

Von Gudrun Pichler*

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Trotz zahlreicher Klimaschutzmaßnahmen geht die globale Erderwärmung weiter voran. In welchem Ausmaß sich der Planet bereits erwärmt hat, zeigt nun die aktuelle Studie eines internationalen Forscherteams. Dabei haben die Klimaexperten berechnet, wie viel überschüssige Energie die Erde jährlich aufnimmt und wie sich dieser Energieüberschuss in Wasser, Land und Luft verteilt.

Der weltweite Ausstoß von Treibhausgasen befeuert nach wie vor die globale Erwärmung (Symbolbild).
Der weltweite Ausstoß von Treibhausgasen befeuert nach wie vor die globale Erwärmung (Symbolbild).
(Bild: gemeinfrei,TheDigitalArtist / Pixabay)

Graz/Österreich – Weltweit wächst der Ausstoß an Treibhausgasen und befeuert die globale Erwärmung. Die überschüssige Energie heizt die Luft und vor allem die Meere auf, die wie ein gigantischer Wärmespeicher fungieren. Doch wie sehr hat sich dieser Wärmespeicher bereits gefüllt?

Eine groß angelegte internationale Studie hat nun erstmals umfassend berechnet, wie stark sich die überschüssige Wärmeenergie seit den 1970er-Jahren jeweils in den Meeren, den Landmassen und der Lufthülle der Erde ansammelt sowie zum Abschmelzen der Polkappen und Gletscher führt.

Die Wärmeansammlung in der Atmosphäre hat ein Team unter der Leitung von Gottfried Kirchengast vom Wegener Center der Universität Graz untersucht. Die Forscher stellten fest, dass der Wärmeanteil der Lufthülle im Vergleich zu Meer, Land und Eisschmelze in den vergangenen Jahrzehnten stärker zunahm als erwartet, was Wetter- und Klimaextreme maßgeblich antreibt.

Jährlicher Überschuss: Zwanzig mal der Weltenergieverbrauch

Die Treibhausgaszunahme in der Atmosphäre bewirkt auf unserem Planeten ein Energie-Ungleichgewicht: Eintreffende Sonnenstrahlung wird zunehmend in der Atmosphäre gefangen, weil die Rückstrahlung von der Erde durch die zusätzlichen Treibhausgase aus fossilen Emissionen behindert wird.

„Wir fanden heraus, dass unsere Erde mittlerweile im Schnitt in jeder Sekunde pro Quadratmeter rund 0,9 Joule Energie zusätzlich schlucken muss“, fasst Kirchengast die Gesamtbilanz zusammen. „Da die Erdoberfläche 510 Millionen Quadratkilometer groß ist, sind das jedes Jahr rund 14 Billionen Gigajoule Überschuss, mehr als das Zwanzigfache des Weltenergieverbrauchs.“ Das treibt die globale Erwärmung und den Klimawandel mit allen Folgen rasant an. „In der Atmosphäre war die Wärmezunahme von 2001 bis 2018 dreimal so stark wie der im letzten Weltklimabericht publizierte Anstieg im Zeitraum 1971 bis 2010“, sagt der Klimaforscher.

Wärme verschwindet im Meer und wütet in der Luft

Die Studie nutzt laut den Autoren die besten verfügbaren Datenquellen über das Erdsystem sowie aktuelle Ergebnisse von Wissenschaftlerteams aus zehn Ländern. Für die Berechnungsgrundlage griffen sie u.a. auf Messungen mit satellitengestützter Radio-Okkultation, Qualitäts-Wetterballonsonden und neuesten Langzeit-Atmosphärenanalysen zurück. Mit dieser Datenlage zeigen die Forscher, wo die überschüssige Energie hingeht und wo sie wirksam wird: Die Weltmeere speichern demnach derzeit rund 90 Prozent, fünf Prozent speichert das Land, drei Prozent verbraucht das Abschmelzen des Eises und rund zwei Prozent der überschüssigen Energie gehen in die Atmosphäre.

„Die leichte, gasförmige Lufthülle muss absolut gesehen also nur die kleinste Menge aufnehmen, vor allem dank der Pufferspeicherung in den Wassermassen der Meere. Ihre relativen Änderungen sind aber am stärksten und die Auswirkungen auf uns Menschen am direktesten, etwa über Wetter- und Klimaextreme“, resümiert Kirchengast und unterstreicht eine zentrale Schlussfolgerung der Studie: „Der einzige Weg zum Abbau dieses bedrohlichen Energie-Ungleichgewichts ist eine drastische Emissionsreduktion im Sinn der Pariser Klimaziele.“

Das LABORPRAXIS-Klimadossier In unserem Dossier „Klimaforschung“ finden Sie weitere aktuelle Forschungsprojekte und -ergebnisse rund um das Klima.

Originalpublikation: Karina von Schuckmann et al.: Heat stored in the Earth system: where does the energy go?, Earth System Science Data, 12, 2013-2041, 7. September 2020; DOI: 10.5194/essd-12-2013-2020

* G. Pichler, Universität Graz, 8010 Graz/Österreich

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