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Die hohe Zuverlässigkeit dieser Adressiertechnik demonstrierten die Wissenschaftler in einer Reihe von Versuchen. So wurden z. B. nacheinander die Spins aller Atome entlang einer Linie umgeklappt, indem der Adressierlaser von Gitterplatz zu Gitterplatz bewegt wurde. Anschließend wurden alle Atome mit umgeklapptem Spin aus der Falle entfernt. Die adressierten Atome werden so als Fehlstellen sichtbar, die leicht gezählt werden können. Daraus ließ sich ableiten, dass das Adressieren in 95% aller Fälle funktioniert. Die Atome auf benachbarten Gitterplätzen werden von dem Adressierlaser nicht beeinflusst, da sie nur noch einem Zehntel der Lichtintensität ausgesetzt sind. Auf diese Weise lassen sich beliebige Verteilungen von Atomen in dem Gitter erzeugen.
Quantenmechanischer Tunneleffekt direkt beobachtet
An einer Anordnung von 16 Atomen, die auf benachbarten Gitterplätzen wie an einer Perlenschnur aneinander gereiht waren, untersuchten die Wissenschaftler, was passiert, wenn die Gitterhöhe soweit heruntergefahren wird, dass die Teilchen nach den Regeln der Quantenmechanik „tunneln“ dürfen – d.h. von einem Gitterplatz zum nächsten gelangen, auch wenn ihre Energie eigentlich nicht ausreicht, um die Barriere zwischen den Gittertöpfchen zu überspringen. „Sobald die Gitterhöhe den Punkt erreicht hat, an dem das Tunneln möglich ist, laufen die Teilchen los, wie bei einem Pferderennen“, erläutert Christof Weitenberg, Doktorand am Experiment. „Indem wir zu verschiedenen Zeiten nach dem „Startschuss“ Schnappschüsse von den Atomen im Gittern machten, konnten wir den quantenmechanischen Tunneleffekt erstmals direkt an einzelnen massiven Teilchen in einem Gitter beobachten.“
Die neuen Adressiertechniken ermöglichen viele interessante und kontrollierte Untersuchungen der Dynamik von kollektiven Quantenzuständen, wie sie in komplexen Festkörpersystemen auftreten. Aber auch in der Quanteninformationsverarbeitung eröffnen sich neue Perspektiven. „Ein Mott-Isolator mit genau einem Atom pro Gitterplatz stellt ein natürliches Quantenregister mit mehreren hundert Quantenbits dar, die ideale Ausgangsbasis für skalierbare Quanteninformationsverarbeitung“, erklärt Stefan Kuhr. „Wir haben gezeigt, dass wir einzelne Atome gezielt speichern und adressieren können. Damit das Atom als Quantenbit taugt, müssen wir auch noch kohärente Überlagerungen seiner beiden Spin-Zustände erzeugen können. Erst dann lassen sich z. B. elementare Logikoperationen zwischen zwei bestimmten Atomen im Gitter, sogenannte Quantengatter, realisieren.“
Originalveröffentlichung:
Christof Weitenberg, Manuel Endres, Jacob F. Sherson, Marc Cheneau, Peter Schauß, Takeshi Fukuhara, Immanuel Bloch, and Stefan Kuhr. “Single-Spin Addressing in an Atomic Mott Insulator“. Nature 471, 319 (2011), DOI:10.1038/nature0982
(ID:26233150)