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Nanotechnologie Ein Scharnier aus DNA

Redakteur: Dipl.-Chem. Marc Platthaus |

Die Nanotechnologie stößt in immer kleinere Dimensionen vor. Nanomaschinen könnten künftig diverse Aufgaben übernehmen. Sie leisten im menschlichen Körper vielleicht einmal medizinische Präzisionsarbeit oder helfen in tragbaren Labors bei der Analyse von Krankheitserregern und Schadstoffen. Wissenschaftler am Max-Planck-Institut für intelligente Systeme haben ein nanoplasmonisches System in Form einer Schere entwickelt, das sie mit UV-Licht öffnen können.

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Wenige Nanometer misst dieses scherenartige Nanosystem, das aus Bündeln aufgewickelter DNA (grau) besteht. In sichtbarem Licht sind die beiden herausstehenden DNA-Enden (rot) der Bündel miteinander verbunden. Schalten die Forscher UV-Licht an, öffnet sich das System. Das Öffnen und Schließen können sie mithilfe physikalischer Änderungen innerhalb der beiden Goldstäbchen (gelb) messen.
Wenige Nanometer misst dieses scherenartige Nanosystem, das aus Bündeln aufgewickelter DNA (grau) besteht. In sichtbarem Licht sind die beiden herausstehenden DNA-Enden (rot) der Bündel miteinander verbunden. Schalten die Forscher UV-Licht an, öffnet sich das System. Das Öffnen und Schließen können sie mithilfe physikalischer Änderungen innerhalb der beiden Goldstäbchen (gelb) messen.
(Bild: MPI für Intelligente Systeme)

Stuttgart – In der DNA speichern tierische- und pflanzliche Zellen, aber auch Bakterien die Information über ihren kompletten Aufbau und alle lebenswichtigen Prozesse. In der Nanotechnologie nutzen Wissenschaftler jedoch nicht die Eigenschaft der DNA als Träger des Erbguts, sondern deren elastische Struktur. Sie erlaubt es, daraus Bestandteile kleiner Maschinen, wie etwa Motoren oder andere Werkzeuge zu bauen.

Um jedoch ganze Nanomaschinen entwerfen zu können, müssen Wissenschaftler Schritt für Schritt mögliche Untereinheiten einer Maschine konstruieren und weiterentwickeln. Forscher des Max-Planck-Instituts für intelligente Systeme haben nun zusammen mit Kollegen aus Japan und den USA eine Struktur aus DNA entwickelt, die als bewegliche Komponente eines Nanomotors oder – getriebes dienen könnte. Wie die beiden Blätter einer Schere haben sie zwei DNA-Bündel durch eine Art Scharnier miteinander verbunden. Jedes Bündel ist gerade einmal 80 Nanometer lang und besteht aus jeweils 14 parallel nebeneinander liegenden Strängen aufgewickelter DNA. Zunächst wird die Bewegung der scherenförmigen Nanostruktur durch eine Art chemisches Vorhängeschloss aus Azobenzolen blockiert, das sich mit UV-Licht öffnen lässt.

Das chemische Schloss öffnet sich durch Licht

Die Azobenzol-Bestandteile sind jeweils mit einem DNA-Faden verbunden, der aus jedem Bündel heraushängt. In sichtbarem Licht nehmen die Azobenzolreste eine Struktur ein, die es den heraushängenden DNA-Strängen beider Bündel erlaubt, sich miteinander zu verknüpfen – die beiden Bündel liegen dicht beieinander. Sobald die Forscher den DNA-Azobenzol-Komplex mit jedoch UV-Licht anregten, ändert das Azobenzol seine Struktur. Das führt dazu, dass sich die beiden losen DNA-Enden trennen und das Scharnier innerhalb weniger Minuten aufklappt. Das Licht wirkt also gewissermaßen wie ein Schmiermittel für die Bewegung. Sobald das UV-Licht ausgeschaltet wird, ändert das Azobenzol wieder seine Struktur, und die beiden DNA-Enden verbinden sich wieder: Das Nanosystem schließt sich.

In diesem kurzen Video wird die Funktionsweise des Mikroscharniers erklärt:

„Wenn wir eine Maschine entwickeln wollen, darf diese nicht nur in eine Richtung funktionieren sondern muss reversibel sein“, sagt Laura Na Liu, die am Stuttgarter Max-Planck-Institut eine Forschungsgruppe leitet. Die DNA-Bündel bewegen sich dabei aber nicht, weil sich das Licht verändert oder weil das Azobenzol seine Struktur wechselt, sondern alleine aufgrund der Brownschen Molekularbewegung.

Wie sich die Nanostruktur öffnet und schließt, können die Forscher live verfolgen. Dafür haben sie die DNA Nanotechnik mit der sogenannten Nanoplasmonik verknüpft: Ein Forschungsfeld, das sich mit Schwingungen von Elektronen – sogenannten Plasmonen – an einer Metalloberfläche beschäftigt. Die Plasmonen können auftreten, wenn Licht auf ein Metallpartikel trifft, und hinterlassen in geeignetem Licht eine charakteristische Signatur.

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