English China

Angepfropfte CRISPR/Cas-Methode Ein Turbo für die Pflanzenzucht

Quelle: Pressemitteilung Max-Planck-Institut für molekulare Pflanzenphysiologie Lesedauer: 5 min |

Anbieter zum Thema

Statt Pflanzen durch Kreuzung über viele Generationen hinweg mühsam zu züchten, erlaubt die CRISPR-Methode gewünschte Zuchterfolge direkt gezielt in die nächste Generation zu bringen. Dank neuer Verwendung einer alten Zuchttechnik wird diese Geneditierung nun weiter beschleunigt und auch für bisher nicht editierbare Pflanzen möglich.

Neue Pflanzensorten können durch Geneditierung viel schneller erhalten werden als durch klassische Zucht per Kreuzung (Symbolbild).
Neue Pflanzensorten können durch Geneditierung viel schneller erhalten werden als durch klassische Zucht per Kreuzung (Symbolbild).
(Bild: frei lizenziert – Julian Hochgesang / Unsplash)

Pflanzenzucht könnte sich als Schlüsselfaktor zur Rettung der Menschheit erweisen. Schließlich sind Pflanzen als Lebensmittel, zur Energiegewinnung und als Rohstofflieferant für die Industrie relevant und helfen dabei, die Welternährung zu sichern und den globalen Klimawandel abzumildern. Durch Zucht können sie noch besser darin gemacht werden, etwa widerstandsfähiger gegen Ernteschäden durch Trockenheit. In der klassischen Pflanzenzucht müssen Pflanzen dafür über viele Generationen selektiert, gekreuzt, vermehrt und untersucht werden, bis eine neue Sorte mit den gewünschten Eigenschaften entsteht.

Moderne gentechnische Methoden können diesen Prozess enorm beschleunigen. Die Entdeckung der so genannten Genschere CRISPR/Cas erlaubt es mittlerweile schnell und gezielt Gene in Pflanzen zu verändern, um so Pflanzen mit den gewünschten Eigenschaften zu erzeugen. Obwohl die Züchtung mit CRISPR/Cas bereits schneller funktioniert als klassische Züchtungsmethoden, dauert es aber doch noch einige Zeit bis die Pflanzen Marktreife erlangen, da die zuvor eingeführte CRISPR/Cas-(Fremd-) DNA aufwändig wieder aus der Pflanze entfernt werden muss, weil diese ansonsten langfristig die genetische Stabilität der Pflanzen stören könnten.

Lei Yang und Frank Machin haben gemeinsam mit weiteren Kollegen der Arbeitsgruppe von Friedrich Kragler am Max-Plank-Institut für molekulare Pflanzenphysiologie (MPIMP) eine neue Methode entwickelt, die es ermöglicht auf langwieriges Rückkreuzen zu verzichten. Bereits in der ersten Generation können mithilfe dieser Methode genveränderte Samen produziert werden, die keinerlei fremde DNA mehr enthalten und von traditionell gezüchteten oder natürlich entstandenen Pflanzen nicht zu unterscheiden sind.

In einem kurzen Video auf dem Youtube-Kanal „PLAMORF ERC SynergyGrant“ wird erklärt, wie die neue Technik der Forscher zu neuen Pflanzenzüchtungen führt:

So funktioniert die CRISPR/Cas-Methode

Im Zellkern jeder einzelnen Zelle sind alle Informationen, die eine Pflanze zum Leben und Wachsen braucht, in Form der DNA gespeichert. In der DNA verschlüsselt sind die Baupläne für Proteine, die praktischen Akteure, die alle Arbeiten in der Zelle verrichten und im Wesentlichen die Eigenschaften eines Organismus bestimmen. Da die Erbinformation sehr wertvoll ist, darf sie unter keinen Umständen beschädigt werden und verbleibt daher immer im Zellkern. Die Umsetzung der DNA in Proteine findet aber im Zellplasma statt. Hierzu werden Teile der DNA in eine kurzlebige Transportform, die so genannte Boten-RNA oder englisch Messenger-RNA (mRNA) übersetzt. Diesen Vorgang nennt man Transkription.

Wie die Genschere im Detail funktioniert, erklärt Forschungsleiter Kragler: „Die Genschere CRISPR/Cas wird selbst als DNA-Sequenz in die pflanzliche DNA im Zellkern eingeführt und besteht aus zwei Komponenten. Zum einen aus dem so genannten Guide, der eine Basenabfolge besitzt, die der Basensequenz an genau der Stelle der pflanzlichen DNA entspricht, die später von der Genschere verändert werden soll.“ Der Guide definiert also die Schnittstelle. Die zweite Komponente ist die Sequenz für die Genschere selbst, dem Protein CAS9, welches in der Lage ist pflanzliche DNA zu schneiden, wie Kragler erläutert.

„Mithilfe der CRISPR/Cas-Technologie können so an einer genau definierten Stelle Veränderungen in der DNA der Pflanze ausgelöst werden. Nachdem die gewünschte Veränderung erreicht ist, muss in bisherigen Verfahren aber die DNA-Sequenz der Genschere selbst noch durch aufwändige Rückkreuzungen aus den Zellkernen der Pflanze entfernt werden.“ Diesen Schritt hat das Team um Kragler nun überflüssig gemacht.

Genschere trifft auf Traditionstechnik

Die Forscher greifen auf eine mehr als 2.000 Jahre alte Technik zurück: das Pfropfen, das normalerweise zur Veredelung von Obstbäumen und Reben eingesetzt wird. Mit diesem Trick in Kombination mit der CRISPR/Cas-Methode können sie nun sofort Pflanzen und Samen produzieren, die zwar die neuen Eigenschaften besitzen, aber keine Fremd-DNA enthalten.

Um dies zu erreichen, schnitten die Forscher den Stängel einer Pflanze, deren Zellkerne DNA der Genschere enthalten, über dem Wurzelstock ab und pfropften den Spross einer genetisch unveränderten Empfängerpflanze darauf. Wie die Arbeitsgruppe um Kragler bereits in früheren Arbeiten herausgefunden hat, können mRNAs mit bestimmten Eigenschaften aus dem Wurzelstock bis zum Blütengewebe transportiert werden. Die Forscher haben daher die DNA-Sequenz der Genschere so angepasst, dass die mRNA-Kopien aus dem Wurzelstock in die genetisch nicht veränderten, oberirdischen Teile verschickt werden. Dort wird dann auch in den Blüten der Pflanze aus der mRNA das Genscheren-Protein hergestellt, was die entsprechenden Veränderungen in den Pflanzenzellen hervorruft. Ein Teil der Samen, die aus diesen Blüten hervorgehen trägt dann bereits in der nächsten Generation die gewünschte Genveränderung – und ist zudem frei von jeglicher Fremd-DNA und damit von natürlich entstandenen Varianten nicht zu unterscheiden.

Jetzt Newsletter abonnieren

Verpassen Sie nicht unsere besten Inhalte

Mit Klick auf „Newsletter abonnieren“ erkläre ich mich mit der Verarbeitung und Nutzung meiner Daten gemäß Einwilligungserklärung (bitte aufklappen für Details) einverstanden und akzeptiere die Nutzungsbedingungen. Weitere Informationen finde ich in unserer Datenschutzerklärung.

Aufklappen für Details zu Ihrer Einwilligung

Gepfropft in die Zukunft der Pflanzenzucht

Viele Kulturpflanzen können nur schwer oder gar nicht gekreuzt werden, oder sie haben wie Obstbäume sehr lange Generationszeiten. Wenn man hier die Fremd-DNA durch Kreuzung wieder herausbekommen wollte, würde dies viele Jahre dauern. In diesen Fällen könnte der gentechnische Veredelungsansatz den Züchtern neue Möglichkeiten eröffnen.

Kragler sieht aber noch weitere Einsatzmöglichkeiten dieser neuen Technik, da viele Kulturpflanzen für die CRISPR/Cas9-Genschere nicht oder schwer zugänglich sind: „Bisher sind gezielte gentechnische Methoden nur für wenige, sehr gut erforschte Pflanzen wie Tabak oder Acker-Schmalwand etabliert. Da aber das Veredeln durch Pfropfung häufig auch zwischen vielen gar nicht so nahen verwandten Arten funktioniert und man die Wurzelstöcke leicht vermehren kann, ist es denkbar, dass ein Wurzelstock gleich mehrfach benutzt werden kann, um gezielt Pflanzen verschiedener Arten oder Zuchtsorten mit erwünschten neuen Eigenschaften zu versehen.“ Mit dieser Kombination aus alter Methode und moderner Molekularbiologie könnten also zukünftig schnell und kostengünstig neue Sorten gezüchtet werden. (clu)

Originalpublikation: Lei Yang, Frank Machin, Shuangfeng Wang, Eleftheria Saplaoura und Friedrich Kragler: Heritable transgene-free genome editing in plants by grafting of wild-type shoots to transgenic donor rootstocks, Nature Biotechnology (2023); DOI: 10.1038/s41587-022-01585-8

(ID:48980717)