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Energy Outlook Energieszenarien für die Zukunft

Autor / Redakteur: Marc Schulte* / MA Alexander Stark

Der steigende Energiebedarf ist eine globale Herausforderung mit vielen Unwägbarkeiten. Welche Strategie sich am besten eignet, um mit möglichst geringer Umweltbelastung immer mehr Energie zu generieren, ist nur schwer vorherzusehen. Der BP Energy Outlook 2019 entwirft zu diesem Zweck verschiedene Zukunftsszenarien, wie sich Energiebedarf, Rohstoffnutzung und Kohlenstoffemissionen bis 2040 entwickeln könnten.

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Der Energy Outlook von BP gibt Einblicke in die mögliche Entwicklung von Energiebedarf und CO2-Emissionen bis 2040 (Symbolbild).
Der Energy Outlook von BP gibt Einblicke in die mögliche Entwicklung von Energiebedarf und CO2-Emissionen bis 2040 (Symbolbild).
(Bild: BP)

Bochum, London/UK – Energie bringt Fortschritt und Wohlstand. So ist es wenig verwunderlich, dass der weltweite Energiebedarf steigt und steigt. Unter anderem Indien, China und ganz Asien treiben ihn beim Streben nach besserem Lebensstandard in die Höhe. Der Preis dafür: schwindende Ressourcen und zunehmende Umweltbelastung.

Die Welt steht damit vor einer doppelten Herausforderung: Zum einen den Bedarf nach mehr Energie zu decken, um das globale Wirtschaftswachstum und den steigenden Wohlstand zu unterstützen, zum anderen gilt es, einen Übergang in eine CO2-ärmere Zukunft zu realisieren. Dieses Spannungsfeld untersucht der aktuelle BP Energy Outlook, der am 14. Februar 2019 vom britischen Mineralölunternehmen BP veröffentlicht wurde.

Neben den wesentlichen Faktoren und Einflussgrößen, die die globale Energiewende bis zum Jahr 2040 prägen werden, untersucht der Ausblick auch die damit einhergehenden wichtigsten Unwägbarkeiten, darunter mögliche Auswirkungen eskalierender Handelsstreitigkeiten und verschärfte Vorschriften für Plastikprodukte. „Der Outlook rückt erneut in den Fokus, wie schnell sich die Energiesysteme der Welt verändern sagt Bob Dudley, Vorstandsvorsitzender von BP.

Vergangene Entwicklungen 20 Jahre in die Zukunft extrapoliert

Die Prognosen in dem Ausblick basieren größtenteils auf dem so genannten Evolving-Transition-Szenario. Diesem Szenario liegt die Annahme zugrunde, dass sich politische Vorgaben, Technologien und gesellschaftliche Präferenzen in einer Weise und mit einer Geschwindigkeit entwickeln, die den Entwicklungen der jüngsten Vergangenheit ähnlich sind. „Erneuerbare Energien und Erdgas machen zusammen den größten Teil des Wachstums bei der Primärenergie aus. In unserem Evolving-Transition-Szenario sind 85 Prozent der neuen Energie emissionsärmere Energieträger“, führt Spencer Dale aus, vorsitzender Ökonom von BP.

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Dieses Szenario und die anderen im Ausblick betrachteten Aspekte sind allerdings keine Vorhersagen darüber, was wahrscheinlich passieren wird. Vielmehr untersuchen sie die möglichen Auswirkungen unterschiedlicher Annahmen. Im Folgenden werden vier der untersuchten Szenarien näher vorgestellt. Einen Überblick über die Kernaussagen des BP Energy Outlook 2019 finden Sie auf der letzten Seite.

Das folgende Video von BP fast wichtige Punkte aus dem BP Energy Outlook mit animierten Grafiken zusammen (englisch):

Szenario 1: Mehr Energiehunger

Um das weltweite Wirtschaftswachstum zu unterstützen und Milliarden von Menschen den Übergang von niedrigen zu mittleren Einkommen zu ermöglichen wird mehr Energie benötigt – dies modelliert das More-Energy-Szenario. Denn der menschliche Fortschritt und der Energieverbrauch hängen eng miteinander zusammen. So legt der UN Human Development Index nahe, dass ein Anstieg des Energieverbrauchs um bis zu etwa 100 Gigajoule (GJ) pro Kopf mit einem erheblichen Anstieg der persönlichen Entwicklung und des Wohlbefindens jedes Einzelnen verbunden ist.

In der Bildergalerie sind einige ausgewählte Grafiken aus dem BP Energy Outlook zusammengestellt:

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Heute leben aber noch rund 80 Prozent der Weltbevölkerung in Ländern, in denen der durchschnittliche Energieverbrauch unter 100 GJ pro Kopf liegt. Um diese Situation signifikant zu verbessern, wäre es erstrebenswert, diese Zahl bis 2040 beispielsweise auf ein Drittel der Weltbevölkerung reduzieren. Dafür wäre weltweit rund 65 Prozent mehr Energie erforderlich als heute, oder 25 Prozent mehr Energie als im Evolving-Transition-Szenario. Um sich diese Differenz besser vor vorstellen zu können: Der Anstieg des Energiebedarfs über die Annahmen des Evolving-Transition-Szenarios hinaus entspricht etwa dem gesamten Energieverbrauch Chinas im Jahr 2017. Für den CO2-Ausstoß würde dies einen Anstieg von fast 40% bis 2040 bedeuten, während das Evolving-Transition-Szenario für lediglich 7% mehr Emissionen sorgen würde.

Wie sich der globale Energieverbrauch von 2017 auf die verschiedenen Energiequellen verteilt hat, erfahren Sie in dieser Bildergalerie:

Welche Energiequellen sind weltweit am verbreitetsten?
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Szenario 2: Schneller Wandel durch politische Maßnahmen

Das Rapid-Transition-Szenario spiegelt wider, wie sich die Lage bei erfolgreich gelaufenen politischen Maßnahmen für einen geringerem CO2-Ausstoß von Industrie, Gebäuden, Verkehrssektor und Strom gestalte würde. Nach diesem Ansatz gehen die CO2-Emissionen bis 2040 um etwa 45 Prozent gegenüber dem derzeitigen Niveau zurück – Das entspricht weitgehend dem Mittelwert von externen Prognosen, die unterstellen, dass sie mit der Erreichung der Pariser Klimaziele vereinbar sind.

Der Rückgang im Rapid-Transition-Szenario ergibt sich durch bessere Energieeffizienz, das Umstellen auf CO2-ärmere Energieträger und Nutzen von Carbon Capture Utilization and Storage (CCUS) Technologie sowie durch einen deutlichen Anstieg der CO2-Bepreisung – was besonders für den Stromsektor bedeutend ist. Der Stromsektor ist derzeit die größte Einzelquelle für Treibhausgas-Emissionen aus der Energienutzung. Deshalb ist es wichtig, dass weltweit weiterhin nach Wegen gesucht wird, die Emissionen aus diesem Sektor zu reduzieren. Im Vergleich dazu fällt sinken die Kohlendioxid-Emissionen aus dem Verkehrssektor bis 2040 in allen untersuchten Szenarien relativ wenig.

„Maßnahmen für den Stromsektor sind von zentraler Bedeutung, um eine wesentliche Reduzierung der Emissionen in den nächsten 20 Jahren zu erreichen. Um den Kohlendioxidausstoß weltweit zu senken, liegen die am leichtesten umsetzbaren Möglichkeiten außerhalb des Verkehrssektors“, sagt Dale.

Selbst beim Rapid-Transition-Szenario bleiben die CO2-Emissionen im Jahr 2040 signifikant hoch. Um die Pariser Klimaziele zu erreichen, müssten in der zweiten Hälfte des Jahrhunderts diese verbleibenden Emissionen stark reduziert und durch negative Emissionen ausgeglichen werden. Der aktuelle Ausblick untersucht, welche Technologien und Entwicklungen nach 2040 eine zentrale Rolle bei dieser Reduzierung spielen könnten.

Eine äußerst wichtige Entwicklung wäre es, den Stromsektor auf lange Sicht nahezu vollständig Kohlenstoff-frei zu betreiben (Stichwort Dekarbonisierung). Gleichzeitig müsste man stärker auf erneuerbaren Energien, Techniken zum Abscheiden und Weiterverwenden von CO2 (CCUS) und Erdgas setzen. Auch die Aktivitäten der Endverbraucher müssten zunehmend mit Strom statt mit Brennstoffen betrieben werden, hier ist vor allem die Elektromobilität im Verkehrssektor zu nennen. Für diejenigen Anwendungen, die nicht elektrisch betrieben werden können, sind andere Arten CO2-ärmerer Energieträger wie beispielsweise Wasserstoff und Bioenergie wichtig. Darüber hinaus hebt das Rapid-Transition-Szenario die Bedeutung der Kreislaufwirtschaft und die stärkere Einführung von Techniken zur Speicherung und Entsorgung von Kohlendioxid hervor.

Szenario 3: Weniger Globalisierung

Der internationale Handel fördert das Wirtschaftswachstum und ermöglicht es den jeweiligen Ländern, ihre Energiequellen zu diversifizieren. Im Less-Globalization-Szenario untersucht der Ausblick, wie sich eskalierende Handelsstreitigkeiten auf das globale Energiesystem auswirken könnten. „Aus der Geschichte haben wir gelernt, dass die Sorge um die Energiesicherheit dauerhafte und tiefgreifende Auswirkungen nach sich ziehen kann“, sagt Dale.

Das Szenario zeigt, wie weniger Handel in Verbindung mit eskalierenden Handelsstreitigkeiten das weltweite Bruttoinlandsprodukt und damit den Energiebedarf verringern könnte. Darüber hinaus kann schwindendes Vertrauen in Energiesicherheit dazu führen, dass Länder inländisch erzeugte Energie bevorzugen, wodurch der Energiehandel stark zurückgeht. Am stärksten wären hier die Nettoenergieexporteure betroffen, die unter deutlich langsamerem Wachstum von Öl- und Gasexporten leiden würden.

Szenario 4: Verbot von Einwegplastik

Das größte prognostizierte Wachstumspotential beim Öl in den nächsten 20 Jahren ist nicht die Nutzung als Energieträger (Verbrennung), sondern die Verwendung als Rohstoff insbesondere für die petrochemische Industrie bei der Herstellung von Produkten aus Kunststoff. Die nicht auf Verbrennung basierende Nachfrage wächst im Evolving-Transition-Szenario jedoch langsamer als in den Vorjahren. Denn in dem Szenario wird angenommen, dass sich die Vorschriften für die Verwendung und das Recycling von Kunststoffen in den nächsten 20 Jahren erheblich verschärfen. Angesichts von Umweltbedenken im Hinblick auf Einmalprodukte aus Kunststoff wird im Ausblick auch ein Verbot für diese Produkte untersucht. In dem entsprechenden Szenario wird eine noch schnellere Verschärfung der Regeln unterstellt, die dann ab 2040 in ein weltweites Verbot für Einmalprodukte aus Kunststoff münden.

In diesem Szenario steigt die Ölnachfrage langsamer als im Evolving-Transition-Szenario. Der Ausblick verdeutlicht aber, dass die volle Auswirkung auf das Energiewachstum und die Umwelt von den alternativen Materialien abhängt, die anstelle von Kunststoff für Einmalprodukte verwendet werden können. Ein Verbot von Einmalprodukten aus Kunststoff könnte so zu einem Anstieg des Energiebedarfs und der CO2-Emissionen führen, wenn keine weiteren Fortschritte bei alternativen Materialien und dem weit verbreiteten Einsatz von Sammel- und Wiederverwertungssystemen erzielt werden.

Die wesentlichen Aussagen im Überblick

  • Der globale Energiebedarf steigt um rund ein Drittel (bis 2040), getragen von einer Verbesserung des Lebensstandards, insbesondere in Indien, China und ganz Asien.
  • Der Energieverbrauch von Industrie und bei Gebäuden macht rund 75 Prozent des Bedarfsanstiegs aus, während sich das Plus im Verkehrssektor im Vergleich zur Vergangenheit stark verlangsamt, da sich die Effizienz der Kraftfahrzeuge erhöht.
  • Auf den Stromsektor entfallen rund 75 Prozent des Anstiegs bei der Primärenergie.
  • 85 Prozent des Wachstums der Energieversorgung werden von erneuerbaren Energien und Erdgas erzeugt, wobei die Erneuerbaren bis 2040 zum größten Energieträger bei der weltweiten Stromerzeugung werden.
  • Schnellste Etablierung in der Energiegeschichte: Die Geschwindigkeit, mit der erneuerbare Energien im globalen Energiesystem Fuß fassen ist schneller, als bei jedem anderen Energieträger in der Geschichte.
  • Die Nachfrage nach Öl steigt bis 2030, bevor sie dann allmählich abflacht, während der weltweite Kohleverbrauch weitgehend stagniert.
  • Über alle betrachteten Szenarien hinweg werden erhebliche weitere Investitionen in die Erschließung neuer Ölvorkommen nötig sein, um den Ölbedarf im Jahr 2040 decken zu können.
  • Die globalen Kohlendioxid-Emissionen steigen weiter an. Das erhöht die Notwendigkeit für ein umfassendes Paket an politischen Maßnahmen, um eine deutliche Reduzierung der CO2-Emissionen zu erreichen.

Hier finden Sie den originalen Report des BP Energy Outlook 2019 (pdf) und die zugehörige Interaktive Website zum BP Energy Outlook.

* M. Schulte, BP Europa SE, 44789 Bochum

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