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Musik-Downloads Faires Kaufverhalten bei Musik-Downloads

Redakteur: Olaf Spörkel

Wissenschaftler aus Jena und London haben das Kaufverhalten bei Musik-Downloads erforscht und entdeckt, dass Nutzer unter bestimmten Bedingungen freiwillig mehr zahlen als notwendig.

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Jena, London/Großbritannien – Laut Bundesverband Musikindustrie finden jede Sekunde zehn illegale Musik-Downloads statt. Der wirtschaftliche Schaden soll sich auf rund 350 Millionen Euro jährlich belaufen. Es gibt aber auch positive Nachrichten aus diesem Marktsegment. Tobias Regner vom Jenaer Max-Planck-Institut für Ökonomik und Javier A. Barria vom Imperial College London haben nun entdeckt, dass die Nutzer eines bestimmten Online-Musik-Labels regelmäßig mehr zahlen als das geforderte Minimum. Die Forscher betätigten damit, was Ökonomen in zahlreichen Laborexperimenten immer wieder feststellen: Soziale Präferenzen können dazu führen, dass sich Menschen nicht rein opportunistisch verhalten und darauf verzichten, ihren eigenen finanziellen Gewinn zu maximieren.

Bezahlter Musik-Download-Preis liegt über gefordertem Minimum

Der analysierte Datensatz umfasste alle Online-Verkäufe, die von der Gründung des Online-Musik-Label Magnatune 2003 bis 2005 stattgefunden haben. Den Preis für die Alben bestimmten die Kunden innerhalb einer Preisspanne zwischen fünf und 18 Dollar selbst. Magnatune empfiehlt einen Preis von acht Dollar, der auch als Standardwert voreingestellt ist. Der durchschnittlich bezahlte Preis beträgt jedoch 8,20 Dollar und liegt damit 64 Prozent über dem geforderten Minimum.

Einen möglichen Erklärungsansatz für die Großzügigkeit der Kunden sehen die Forscher im Konzept der Gegenseitigkeit. „Magnatune gewährt bereits vor Kauf freien und uneingeschränkten Streaming-Zugriff auf die angebotenen Alben“, beschreibt Tobias Regner das Geschäftskonzept. „Interessenten haben Gelegenheit, sich vor dem Kauf umfassend zu informieren und müssen ihre Entscheidung nicht aufgrund einer kurzen Hörprobe treffen, wie dies sonst der Fall ist.“ Magnatune geht das Risiko ein, für die eigene Leistung keine Gegenleistung zu erhalten. Zugleich erhalten die Kunden aber die Gelegenheit, sich selbst großzügig zu zeigen und das Gleichgewicht aus Gegenleistung und Leistung wieder herzustellen, indem sie mehr als das geforderte Minimum bezahlen.

Konzept der Gegenseitigkeit beim Musik-Download

Den Ergebnissen der Studie zufolge ist das Zahlungsverhalten der Kunden konsistent zum Konzept der Gegenseitigkeit. „Es kommen jedoch auch andere Erklärungsansätze für das nicht-opportunistische Verhalten der Kunden in Frage, z.B. die Vermeidung möglicher Schuldgefühle oder der Wunsch, sich als guter Mensch fühlen zu können“, erklärt Tobias Regner. Deshalb haben die Wissenschaftler Kunden, die mehr als zehn Alben gekauft haben, nach ihren Motiven befragt. „Die Ergebnisse bestätigen, dass Gegenseitigkeit ein zentrales Motiv ist.“ Weitere Studien und Experimente sollen nun klären, inwieweit eine offene Vertragsgestaltung ein Modell auch für andere - insbesondere etablierte - Anbieter digitaler Musik sein kann und in welchen Marktsegmenten dieses Modell am besten funktionieren sollte.

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