Batterieforschung Feststoff-Elektrolyte machen Lithium-Ionen-Batterien leistungsfähiger
Dr. Daniel Mutter vom Fraunhofer IWM konnte klären, wie Feststoff-Elektrolyte aus Keramik chemisch zusammengesetzt sein müssen, um gute Leistung in Lithium-Ionen-Batterien zu erbringen.
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Freiburg – Leistungsfähige, langlebige Energiespeicher sind für viele Zukunftstechnologien von zentraler Bedeutung: Etwa für die Elektromobilität, für mobile Endgeräte wie Tablets oder Smartphones oder zur effizienten Nutzung regenerativer Energien. Feststoff-Elektrolyte sollen die dafür eingesetzten Lithium-Ionen-Batterien leistungsfähiger und umweltfreundlicher machen.
Die Überlegung, dass keramische Festkörper-Elektrolyte eine vielversprechende Alternative für herkömmliche Flüssig-Elektrolyte in Batterien und Akkumulatoren sein könnten, ist laut Dr. Daniel Mutter in der Materialwissenschaft nicht neu. Der Wissenschaftler der Gruppe Materialmodellierung am Fraunhofer-Institut für Werkstoffmechanik IWM erklärt, dass im Vergleich zu herkömmlichen Flüssig-Elektrolyten Festkörper-Elektrolyte sicherer im laufenden Betrieb sind: Sie bergen eine deutlich geringere Explosionsgefahr und bei einer Beschädigung, beispielsweise durch einen Crash, tritt keine Säure aus, die bei Menschen Verätzungen und Vergiftungen hervorrufen kann.
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Batterie-Forschung
Erfolg für Materialforschung: Mehr Kapazität für Li-Ionen-Akkus
Geeignete chemische Verbindungen entdeckt
Im Allgemeinen fällt die ionische Leitfähigkeit von Keramik-Materialien geringer aus als die von Flüssig-Elektrolyten. Eine hohe ionische Leitfähigkeit verspricht jedoch die Klasse der so genannten NZP-Keramiken: Ihr struktureller Aufbau ermöglicht die Existenz von „Wanderpfaden“, auf denen sich Lithium-Ionen leicht fortbewegen können. Das macht sie zum interessanten Kandidat für hochleistungsfähige Festkörperelektrolyte für Lithium-Ionen Batterien.
Unklar war bisher allerdings, warum bestimmte Verbindungen leistungsfähiger sind als andere und welche tatsächlich besonders gute Leistung erbringen. Die Anforderungen an die Materialeigenschaften von Batterie-Elektrolyten sind beachtlich: Die ionische Leitfähigkeit soll hoch und die verwendeten chemischen Elemente sowohl ungiftig als auch reichhaltig in der Erdkruste vorhanden sein.
Mutter identifizierte nun mithilfe atomistischer Simulationen mehrere Kombinationen chemischer Elemente für NZP-Keramiken, die für diese Anforderungen besonders vielversprechend sind. Mit dieser computerbasierten Forschung können die Forscher gesicherte Aussagen zu den Eigenschaften und der Stabilität verschiedener chemischer Elementverbindungen machen, ohne diese tatsächlich chemisch synthetisieren zu müssen. Der Vorteil: Die tatsächliche Synthese ist teuer und benötigt Ressourcen. Die Simulationen führte er am Großrechner des Steinbuch-Supercomputer-Centers am Karlsruher Institut für Technologie durch.
Kürzeres Laden bei längerem Betrieb
Diese vorteilhaften Keramik-Festkörper-Elektrolyte lassen sich unter Umständen mit sehr leistungsfähigen Lithium-Metall-Anoden kombinieren – das ist bei den heute gebräuchlichen flüssigen Elektrolyten nicht möglich, denn sie reagieren stark mit metallischem Lithium und beschädigen dadurch die Batterie. Im nächsten Schritt will das Institut mit Partnern praktisch testen, ob die vorhergesagten Elektrolytmaterialien die Ionenleitfähigkeit wie erwartet deutlich steigern und daraus bestehende Batterien eine sehr viel höhere Energie- und Leistungsdichte erreichen. Das hieße konkret: Kürzere Ladedauer bei längerer Betriebszeit, was insbesondere für die Elektromobilität von Vorteil wäre. Zudem bedeutet diese Kombination weniger Gewicht, da Lithium-Metall-Anoden bei gleicher Kapazität deutlich leichter sind als die bisher verwendeten Graphit-Anoden.
Leichtere Batterien mit zahlreich in der Erde vorhandenen Elementen
Die chemischen Elemente, aus denen die Elektrolytmaterialien bestehen, an denen der Freiburger Wissenschaftler forscht, sind zahlreich in der Erdkruste in Europa vorhanden und verhältnismäßig leicht abbaubar. So wird vermieden, dass Elemente wie etwa Kobalt, das beispielsweise in Lithium-Ionen-Batterien von Smartphones zum Einsatz kommt und oftmals aus dem Kongo importiert wird, zur Herstellung benötigt werden.
Über die Vorhersage vielversprechender Materialzusammensetzungen hinaus trägt Mutter mit seiner Forschung zum besseren Verständnis der atomaren Vorgänge in NZP-Keramiken bei. Er fand heraus, dass die für die Lithium-Ionen-Wanderung nötige Migrationsenergie auf eine andere Weise von der Sauerstoffumgebung um den Ionenwanderungspfad abhängt als bisher vermutet. Identifizierte Struktur-Eigenschaftsbeziehungen ermöglichen deutlich fundiertere Vorhersagen über die Auswirkungen der elementaren Besetzungen auf das Strukturgerüst und die Ionenleitfähigkeit der NZP-Keramiken.
Mutters Analysen sind Teil eines DFG-geförderten Forschungsprojekts zum Thema „Herstellung und Charakterisierung keramischer Festkörper-Elektrolyte mit hoher Lithiumionenleitfähigkeit“, das er in Kooperation mit dem Karlsruher Institut für Technologie (KIT) und der TU München durchgeführt hat. Für seine wissenschaftliche Leistung hat Mutter den Werkstoffmechanik-Preis 2019 des Fraunhofer-IWM erhalten.
Originalpublikation: Daniel Mutter, Daniel F. Urban, Christian Elsässer, Computational analysis of composition-structure-property-relationships in NZP-type materials for Li-ion batteries, Journal of Applied Physics 125, 215115 (2019).
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