Warnleuchten stören den Flug von Fledermäusen Fledermäuse im Rotlichtbann?
Fledermäuse bevorzugen die dunklen Stunden, doch die werden immer seltener. Zunehmende Lichtverschmutzung macht den nachtaktiven Flugkünstlern zu schaffen. Nun zeigt eine neue Studie des Leibniz-Instituts für Zoo- und Wildtierforschung (Leibniz-IZW), dass besonders rotes LED-Licht – z.B. als Warnleuchten an Windkraftanlagen – die Fledermäuse anlockt und in Gefahr bringt.
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Berlin – Weltweit nimmt die Lichtverschmutzung um jährlich etwa sechs Prozent zu. Dabei werden immer häufiger LEDs eingesetzt, weil sie energieeffizient und kostengünstig sind. Für Tiere ist die zunehmende Beleuchtung irritierend – dient ihnen natürliches Licht doch als Orientierungshilfe, beeinflusst ihre innere Uhr und ihr Verhalten. Es ist bekannt dass Fledermäuse bei ihrer nächtlichen Jagd auf künstliches Licht empfindlich reagieren und einige Arten von künstlichen Lichtquellen angelockt werden, wenn sich dort Insekten ansammeln. Die meisten Arten meiden jedoch künstliches Licht.
Nahezu alle bisherigen Studien untersuchten die Reaktion von Fledermäusen auf künstliches Licht außerhalb der Zugzeit. Viele Fledermausarten wandern im Frühling und Spätsommer viele Hunderte oder gar Tausende Kilometer über Europa. Von nächtlich fliegenden Zugvögeln ist bereits bekannt, dass sie durch künstliche Lichtquellen desorientiert werden. In der aktuellen Studie untersuchte deshalb das Wissenschaftsteam des Leibniz-IZW, ob Fledermäuse durch künstliches Licht ebenso in ihren Wanderungen beeinflusst werden.
Feldversuch mit Lichtmast
Für die Experimente ihrer Studie wählten die Forscher das Naturschutzgebiet Pape aus. Im Spätsommer ziehen dort tausende von Fledermäusen entlang der lettischen Ostseeküste entlang. In der gewählten Gegend gibt es nur wenige menschliche Siedlungen, sodass die Nächte kaum von Lichtverschmutzung erhellt und sternenklar sind.
Die Wissenschaftler errichteten dort einen acht Meter hohen Mast, auf dem ein Kunststoffbrett in Zehn-Minuten-Intervallen beleuchtet wurde oder dunkel blieb. Zur Beleuchtung wurde abwechselnd rotes oder weißes LED-Licht verwendet. Mikrofone zeichneten die Echoortung der vorbeifliegenden Fledermäuse auf, um festzustellen, welche Arten wie häufig am beleuchteten oder unbeleuchteten Lichtfeld vorbeizogen.
Fledermäuse fliegen auf Rot
Mückenfledermäuse (Pipistrellus pygmaeus) und tendenziell auch Rauhautfledermäuse (Pipistrellus nathusii) wurden häufiger in den Rotlichtphasen als bei Dunkelheit am Versuchsstandort angetroffen. Die Fledermäuse nutzten das künstliche Licht aber nicht zur Jagd auf Insekten, da sich die Häufigkeit der für die Insektenjagd typischen kurzen Echoortungsrufe in den Rotlichtphasen nicht erhöhte. „Während der Zugzeit jagen Fledermäuse früh in der Nacht nach Insekten, bevor sie sich auf den Langstreckenflug begeben“, sagt Dr. Christian Voigt, Leitautor der Studie. „Hinzu kommt, dass Insekten in der Regel nicht so sehr von rotem Licht, sondern eher von kurzwelligem Licht – wie dem ultravioletten Licht – angelockt werden.“ Bei der Beleuchtung mit weißem Licht ließ sich kein erhöhtes Auftreten von vorbei fliegenden Fledermäusen feststellen.
„Fledermäuse sind während des Herbstzuges einem erhöhten Kollisionsrisiko an Windenergieanlagen ausgesetzt. Unsere Studie deutet darauf hin, dass die Nutzung von roten Warnlichtern fatale Folgen für ziehende Fledermäuse haben könnte“, erklärt Oliver Lindecke, Mitautor der Studie. „Rote Warnlichter, zur so genannten Befeuerung, sind häufig so angebracht, dass sie über viele Kilometer sichtbar sind. Sie könnten deshalb ziehende Fledermäuse über große Distanzen anlocken.“ Den Forschern zufolge gibt es bereits mögliche technische Lösungen für dieses Problem, die nur umgesetzt werden müssten: eine Umrüstung auf für Fledermäuse geeignete Lichtquellen oder eine bedarfsgerechte Beleuchtung, die nur dann aktiviert wird, wenn sich Flugzeuge oder Hubschrauber einer Anlage nähern.
Gründe für die Farbvorliebe noch unklar
Warum Fledermäuse während des Flugs von roten Lichtquellen angelockt werden, ist bisher unklar. „Fledermäuse können gut sehen, einschließlich Wellenlängen, die uns Menschen verborgen bleiben. Ob manche rote Lichtquelle Fledermäuse möglicherweise blenden, und ob sie deshalb desorientiert in Richtung der höchsten Lichtintensität fliegen, bedarf weiterer Forschung. Wir müssen auch noch besser verstehen, welchen Einfluss die steigende Lichtverschmutzung langfristig auf die Bestände dieser nachtaktiven Tiergruppe hat“, erklärt Voigt.
Der Fledermausexperte sieht in der Lichtverschmutzung eine ernstzunehmende Gefahr für die nachtaktiven Flugakrobaten: „Viele Fledermausarten haben es schon jetzt in einer von intensiver Landwirtschaft und Windkraftanlagen geprägten Landschaft sehr schwer. Lichtverschmutzung setzt ihnen zusätzlich zu, sodass es aus Sicht des Naturschutzes dringend ratsam ist, künstliche Lichtquellen nur dann in der Natur einzusetzen, wenn es wirklich für unsere menschlichen Bedürfnisse notwendig ist. Besteht diese Notwendigkeit tatsächlich, dann sollten auch fledermausgerechte Lichtquellen zum Einsatz kommen!“
Originalpublikation: Voigt CC, Rehnig K, Lindecke O, Pētersons G: Migratory bats are attracted by red light but not by warm-white light: Implications for the protection of nocturnal migrants. Ecology and Evolution (2018); DOI: 10.1002/ece3.4400
* S. Seet,
* Leibniz-Institut für Zoo- und Wildtierforschung (IZW), 10315 Berlin
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