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Laborroboter Flexible Labortests mit Roboteranlagen

Autor / Redakteur: Daniela Jasenko* / Dipl.-Chem. Marc Platthaus

Ob Hautcremes, Anstrichfarben oder Pflanzenschutzprodukte – für Wirkung und Produktqualität spielt die richtige Formulierung der Inhaltsstoffe eine wichtige Rolle. Um für die Produktion von Feinchemikalien, Pflanzenschutzprodukten oder Veredlungschemikalien die passenden Formulierungen zu finden nutzt die BASF in der Produktforschung zwei Roboteranlagen, in denen Laborroboter die Prozesse automatisieren.

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Das Fachzentrum Automatisierungstechnik der BASF in Ludwigshafen hat eine neue Automatisierungslösung für Flüssigformulierungen entwickelt. Sie nutzt zwei Roboteranlagen, die niedrig viskose Flüssigkeiten sowie Pulver oder Wachsschmelzen präzise dosieren. Dabei ermöglichen die Anlagen hohen Durchlauf und hohe Reproduzierbarkeit. Die Neuentwicklung war motiviert durch gestiegene Ansprüche an die Formulierungstechnologie. „Die Anforderungen an Formulierungen von Produkten haben sich in den vergangenen Jahren deutlich erhöht und damit stieg auch die Zahl der erforderlichen Versuche“, legt Dr. Günter Oetter vom Kompetenzzentrum Formulierungstechnologie der BASF dar. „Hinzu kommt, dass sich Produktentwicklungszeiten verkürzen, es muss schneller getestet werden.“ Durch diese Anforderungen waren in der Anwendungstechnik Engpässe entstanden. Zwei speziell entwickelte Roboteranlagen, in denen im Durchschnitt täglich bis zu 100 Proben hergestellt und charakterisiert werden können, haben neue Kapazitäten geschaffen.

Laborroboter bringen in einem Tag bis zu tausend Proben zur richtigen Formulierung

Das Fachzentrum Automatisierungstechnik entwickelt Roboteranlagen für den unternehmenseigenen Bedarf, stellt seine Leistungen aber auch externen Kunden zur Verfügung. Die Anzahl der Proben pro Tag ist allerdings nicht das einzige Kriterium, sondern auch Reproduzierbarkeit und Scale-up-Fähigkeit. Zudem kann es vorkommen, dass für die Klärung einer einzigen Formulierungsfragestellung mehr als tausend Proben hergestellt werden. Mit den Robotern lassen sich die Proben in ausreichender Menge erzeugen, sodass an den besten Kandidaten auch erste Anwendungstests außerhalb des Robotersystems durchgeführt werden können. Beide Anlagen sind sechs Meter lang, 2,20 Meter breit und 2,40 Meter hoch. Kernstück ist jeweils ein Industrieroboter, der die Proben auf insgesamt 20 verschiedene Arbeitsstationen verteilt. Die Steuerung der Anlage erfolgt über einen PC als Leitrechner. Die speziell entwickelte Software organisiert Steuerungsfunktionen und Datenhandling.

Welcher Emulgator aus dem Spektrum der BASF ist der geeignete für eine bestimmte Formulierung? Mit Kunden-Anfragen dieser Art sehen sich BASF-Mitarbeiter häufig konfrontiert. Da die neuen Laborroboter in kurzer Zeit eine Vielzahl an Emulgatoren testen, können sie nun ohne gro-ßen Aufwand beantwortet werden. „Manche Effekte und Rezepturen lassen sich überhaupt nur finden, wenn die Anzahl an Variationen groß genug ist“, so Dr. Stephan Hess vom Kompetenzzentrum Formulierungstechnologie. „Schließlich ist die Bandbreite der Möglichkeiten einfach größer und man kann bei der Suche nach einem geeigneten Emulgatorsystem für ein Öl wirklich im erforderlichen Umfang testen.“ Die großen Durchlaufzahlen gehen dabei nicht auf Kosten der Genauigkeit der Dosierung oder der Analyse einzelner Proben.

Insgesamt lassen sich die verschiedenen Parameter wie Emulgatortyp, Emulgatorkonzentration, Öl-Wasser-Verhältnis oder Energieeintrag beim Homogenisieren variieren, um optimale Anwendungseigenschaften zu erzielen.

Laborbedingungen möglichst produktionsnah gestalten

Häufig interessiert die Anwendungstechnik der einzelnen Abteilungen die Kompatibilität verschiedener Inhaltsstoffe von Suspensionen und Emulsionen. Oft wird der optimale Emulgator oder die optimale Kombination zweier oder mehrerer Emulgatoren gesucht. So unterschiedlich die Fragestellungen sein können, eine Anforderung gilt für alle Tests gleichermaßen: „Gleichgültig, um welche Formulierungen es sich handelt, in vielen Fällen haben unsere Laborversuche dann den größten Nutzen, wenn sie möglichst produktionsnah und damit scale-up-fähig sind“, betont Hess. „Deshalb werden die Proben unter Bedingungen hergestellt, die denen in einer Produktionsanlage, beispielsweise in einem Rührkessel, möglichst ähnlich sind.“

Variablen Versuchsablauf per Drag-and-Drop zusammenstellen

Welchen Weg eine Probe nimmt, ist bei den beiden Robotern frei definierbar. Labormitarbeiter können den Formulierungs- und Charakterisierungsablauf einfach per Drag-and-Drop in der Scheduler-Software zusammenstellen, Programmierkenntnisse sind nicht notwendig. Damit eignen sich die Anlagen für die unterschiedlichsten Aufgabenstellungen. Die Module lassen sich beliebig ansteuern. Ein Versuch kann zum Beispiel in der einen Anlage starten und in der anderen fortgesetzt werden. Die Versuchsplanung wird vollständig elektronisch dokumentiert und Versuchsabläufe lassen sich auf dem Bildschirm mit Hilfe von Flussdiagrammen übersichtlich darstellen.

Alle Informationen zur Probe im Barcode

Der typische Ablauf einer Probenherstellung beginnt mit dem automatischen Aufkleben des Barcodes auf die Probengefäße. Anhand des Codes sind alle Informationen über die Probe abrufbar: Formulierungsprozedere, Rezepturbestandteile und Analysemethoden. Alle Informationen inklusive der Messergebnisse und Versuchsabläufe werden in einer Datenbank gespeichert und sind jederzeit abrufbar. Die mit dem Barcode versehene Probe wird an die erste Dosierstation weitergereicht. Hier beginnt die Herstellung je nach Probenplan auf unterschiedlichen Wegen. Zum Beispiel wird zuerst eine Wirkstofflösung zugegeben. An der nächsten Station, einer Pipettierstation, fügt der Roboter nacheinander geringe Mengen zweier Emulgatoren zu. Schließlich kommt an der dritten Station noch Wasser hinzu, das über eine Schlauchpumpe dosiert wird. An der nächsten Station können Pulver in Milligramm-Mengen zugegeben werden, ohne dass Verschleppungen entstehen. Dazu ist jede Arbeitsstation mit einer Waage ausgerüstet.

Der nächste Schritt ist die Homogenisierung. Hier ist einfaches Schütteln oder Rühren der Dispergierung mittels Ultraturrax bis hin zur Ultraschall-Dispergierung, mit hohen Energieeinträgen, möglich. Auch bei erhöhten Temperaturen kann homogenisiert werden und Komponenten lassen sich prinzipiell auch unter Heizen oder Kühlen der Probe zugeben. So lassen sich ähnlich wie im Produktionsbetrieb Proben mit unterschiedlichen Temperaturprofilen herstellen.

Analyse der Zusammenstellung bis in den Nanobereich

Wichtigstes Ergebnis der Analytik ist bei dispersen Systemen wie Emulsionen oder Suspensionen häufig die Teilchen- oder Tröpfchengröße, hier liefern die Anlagen Aussagen über Verteilungen vom Millimeter- bis in den Nanometerbereich. Weitere Parameter, die überprüft werden, sind Viskosität, Fließverhalten, Homogenität und Phasenverhalten. Alle Arbeitsschritte, jede Dosierung und jede Messung werden in der zentralen Datenbank erfasst. Das erlaubt eine Vielzahl statistischer Auswertungen, die zusätzlich zu den Messergebnissen neue Zusammenhänge aufzeigen können. Beispielsweise können die Anwendungstechniker den zeitlichen Verlauf von Versuchen erfassen und verschiedene Versuchsreihen miteinander vergleichen (Data Mining).

* D. Jasenko, Dörfer/Partner Kommunikations-Gesellschaft, 40549 Düsseldorf

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