Schnelles chirales Screening mittels SFC/LC-Switching-System Flüssigchromatographie: Optimiert über Nacht
Die Wahl der richtigen Säule kann gerade bei komplexen Trennungen und chiralen Verbindungen sehr anspruchsvoll und zeitaufwändig sein. Dank entsprechender Software und der Kombination verschiedener Trennmodi in einem einzigen Gerät gelingt diese Aufgabe wortwörtlich über Nacht.
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Linkshänder kennen das Problem: Sie möchten noch schnell das Namensschild für die Präsentation ausschneiden, doch die Schere liegt irgendwie nicht richtig in der Hand. Kein Wunder, die meisten Scheren sind für Rechtshänder gemacht. Denn obwohl rechte und linke Hand gleich aussehen, haben sie doch einen entscheidenden Unterschied: Sie sind chiral, verhalten sich also zueinander wie Bild und Spiegelbild.
Das Phänomen der Chiralität ist besonders in der Pharma- und Lebensmittelindustrie entscheidend. Nahezu jedes biochemische Molekül besitzt ein oder mehrere stereochemische Zentren, die für Strukturunterschiede zwischen den verschiedenen Isomeren sorgen. In allen Naturstoffklassen ist dabei jeweils ein Enantiomer bevorzugt oder sogar nur ein einzelnes vorhanden. So sind Proteine, Enzyme und nicht zuletzt die menschliche DNA chiral: Sie sind dabei ausschließlich aus L-Aminosäuren aufgebaut, wohingegen die D-Konfiguration nicht proteinogen ist.
Gefährliche Chiralität: Der Contergan-Fall
Während Chiralität Linkshänder bei der Nutzung von Rechtshänder-Scheren zu ungewohnten Körperhaltungen zwingt, kann sie in der Molekülchemie zum Teil drastische Konsequenzen haben. Bei pharmazeutischen Wirkstoffen gehen oft auch unterschiedliche Eigenschaften mit einher – von Abweichungen in Geschmack oder Geruch bis hin zu Wirksamkeit und sogar Toxizität können sich D- und L-Enantiomer eines pharmakologischen Stoffes mehr oder weniger stark unterscheiden.
Wie gravierend der scheinbar kleine Unterschied in der Wirkung von Spiegelbild-Molekülen ist, wurde in den 1950er Jahren auf tragische Weise deutlich. In dieser Zeit kam es in Deutschland zu zahlreichen Fehlbildungen bei Neugeborenen. Im Nachhinein stellte sich heraus, dass das Schwangeren verschriebene Beruhigungsmittel Contergan dafür verantwortlich war. Während das eine Enantiomer des Wirkstoffs die gewünschte sedierende Wirkung erbrachte, verursachte dessen Spiegelbild-Molekül die Fehlbildungen bei Säuglingen.
Das Beispiel des Contergan-Skandals verdeutlicht, wie wichtig eine Unterscheidung von Enantiomeren für die Sicherheit der Patienten ist. Bei großen Biomolekülen ist dies mitunter eine herausfordernde Aufgabe: Durch die hohe strukturelle Ähnlichkeit sind physikalische und chemische Eigenschaften nahezu identisch. Eine Trennung ist deshalb nur mit speziellen Säulen möglich, die ebenfalls chirale Zentren aufweisen.
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Methodenentwicklung zur Trennung chiraler Moleküle
Die Wahl der passenden chromatographischen Trennsäule kann ein zeitraubender Schritt in der Methodenentwicklung sein. Mittlerweile erleichtern Chromatographiesysteme den Anwendern das Scouting der optimalen Trennbedingungen durch spezielle Softwareoberflächen: Mit nur wenigen Klicks helfen sie, Lösungsmittel und Säulen auszuwählen und eine Probentabelle zu erstellen.
Moderne Systeme gehen noch einen Schritt weiter. Sie kombinieren zusätzlich zwei verschiedene Trennmodi in einem Switching-System: die Chromatographie mit überkritischen Fluiden (supercritical fluid chromatography, SFC) und die Flüssigchromatographie (liquid chromatography, LC). Gerade die Trennung chiraler Verbindungen ist eine der Stärken der SFC. Die besonderen Eigenschaften des dabei eingesetzten Kohlendioxids als Lösungsmittel ergänzen hierbei oft die klassische HPLC um orthogonale Trennmechanismen. Das macht die Kombination aus LC und SFC für eine Methodenentwicklung für chirale Trennungen besonders interessant.
Optimierte Trennung über Nacht
Welche Leistung ein SFC/LC-Switching-System bringen kann, zeigt das Beispiel einer Enantiomerentrennung mit dem Nexera UC/s von Shimadzu. Der HPLC-Aufbau wird bei diesem System ergänzt durch eine CO2-Pumpe, die das flüssige Kohlendioxid aus einer Gasflasche in den überkritischen Zustand versetzen kann. Zudem ist ein Rückdruckregulator integriert, der den Systemdruck auch nach der Säule aufrechterhält. Somit bleibt das Kohlendioxid auch beim Passieren der Säule überkritisch und kann erst danach durch Entspannung wieder in den gasförmigen Zustand übergehen.
Für den Demonstrationsversuch setzten die Tester sechs verschiedene chirale Trennsäulen und drei Lösungsmittel ein, um Enantiomerengemische (Racemate) der Pharmaka Omeprazol und Warfarin aufzutrennen. Eine spezielle Methodenentwicklungssoftware prüfte dann 36 verschiedene chromatographische Bedingungen in einer gemeinsamen Sequenz. Weil die automatisierte Erstellung der Probentabellen sowohl die menschlichen Fehler verringert als auch nötige Spülschritte für die Säulen automatisch einfügt, lassen sich so die Trennbedingungen in einer einzigen Über-Nacht-Sequenz optimieren.
In Abbildung 2 sind die entsprechenden Chromatogramme aus dem Methoden-Screening dargestellt. Um eine möglichst große Vergleichbarkeit zu erzeugen, wurden die verwendeten LC- und SFC-Methoden weitestgehend angeglichen. Durch die deutlich bessere Diffusionsfähigkeit des Kohlendioxids ergeben sich zwar leicht unterschiedliche Flussraten und Säulendimensionen. Dennoch zeigt sich der starke Einfluss von Lösungsmitteln und stationären Phasen auf die Trennungen und vor allem auch die unterschiedlichen Selektivitäten der beiden Trenntechniken HPLC und SFC.
SFC ist nicht für alle chiralen Moleküle ideal
Im vorliegenden Beispiel sind die besten analytischen Bedingungen durch einen einfachen grafischen Vergleich zu erkennen. Bei komplexeren Proben kann eine Beurteilung nach statistischen Faktoren erfolgen, z.B. nach der Anzahl der aufgetrennten Peaks. Somit kann auch bei einer großen Anzahl von Analyten schnell und sicher die beste Analysemethode festgelegt werden.
Grundsätzlich sind SFC-Bedingungen besonders gut für die Trennung von Enantiomerengemischen geeignet. Aber die Wahl der bestmöglichen Kombination aus Säule und Lösungsmittel lässt sich nicht leicht vorhersagen, gerade bei so komplexen Trennaufgaben wie chiralen Verbindungen. In dem oben beschriebenen Beispiel mit den zwei pharmazeutisch aktiven Wirkstoffen wird genau das deutlich: Während für Warfarin die SFC die Trenntechnik der Wahl war, konnte für Omeprazol die beste Trennung unter HPLC-Bedingungen erhalten werden (vgl. Abb. 3). Dies unterstreicht den Vorteil eines gemeinsamen Systems für HPLC- und SFC-Trennung in einem Gerät: Durch die Verfügbarkeit beider Trennmethoden ergibt sich eine größere Vielfalt an zugänglichen Analyten.
Fazit – das Beste aus zwei Welten
Chirale Trennungen von Biomolekülen stellen Analytiker bei der Methodenentwicklung oft vor eine große Herausforderung. Mit den kommerziell erhältlichen SFC-Geräten der aktuellen Generation steht für diese schwierigen Trennungen ein weiterer Trennmodus zur Verfügung, der die vorhandenen Anwendungen im Labor sinnvoll ergänzen kann.
Durch die Kombination von HPLC und SFC in einem gemeinsamen automatisierten Switching-System sind die Vorteile beider Trenntechniken nutzbar. Zudem kann ein großer Grad an Automatisierung erzielt werden. So können Probentabellen für verschiedene Säulen-Lösungsmittel-Kombinationen automatisch erstellt und an das System weitergegeben werden; die Proben lassen sich unbeaufsichtigt unter LC- wie auch SFC-Bedingungen testen.
Die erhaltenen Ergebnisse können grafisch oder automatisiert bewertet werden, um die optimalen Trennbedingungen zu finden. Dabei zeigt sich, dass die SFC für einige Verbindungen überragende Trenneigenschaften aufweist, für andere aber die HPLC weiterhin das Maß der Dinge bleibt. Ein SFC/LC-Switching-System kombiniert somit die Stärken der beiden Trennmodi in einem System und verbindet das Beste zweier Welten.
* Dr. I. Spenner, Shimadzu Deutschland GmbH, 47269 Duisburg
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