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Alternative Trennmethode für die Petrochemie Flüssige Siebe trennen Gasgemische

Von Joachim Hoffmann*

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Gase voneinander zu trennen ist schwierig. Oft werden sie dazu verflüssigt und anschließend nach und nach abdestilliert. Eine effizientere Methode hat ein internationales Forscherteam unter Leitung des KIT entwickelt: In so genannten porösen Flüssigkeiten lassen sich Gasmoleküle wie mit einem Sieb nach ihrer Größe auftrennen.

Das poröse Netzwerk von ZIF-67: Die Metallzentren aus Kobalt (Pyramiden) sind über Methylimidazolat (Stäbchen und Ringe) miteinander verbunden.
Das poröse Netzwerk von ZIF-67: Die Metallzentren aus Kobalt (Pyramiden) sind über Methylimidazolat (Stäbchen und Ringe) miteinander verbunden.
(Bild: R. Ahmad)

Karlsruhe – Einer der wichtigsten Grundstoffe der chemischen Industrie ist Propen, auch Propylen genannt. Rund 100 Millionen Tonnen dieses Gases werden jährlich weltweit verbraucht. Der daraus hergestellte Kunststoff Polypropylen wird vor allem in Verpackungsmaterialien eingesetzt, aber auch in der Bau- oder Automobilbranche.

Propen stammt vor allem aus der Aufbereitung von Rohöl oder natürlichem Erdgas: Es wird durch Destillation von anderen Gasen separiert und gereinigt. „In der Fachliteratur geht man davon aus, dass die Gastrennung in der Petrochemie mithilfe von Membranen nur ein Fünftel der Energie kosten würde, die für Destillationen benötigt wird. Das bedeutet angesichts des hohen Propen-Bedarfs eine Einsparung riesiger Mengen des Treibhausgases CO2“, erklärt Nachwuchsgruppenleiter Dr. Alexander Knebel vom Institut für Funktionelle Grenzflächen des KIT. Damit könnten Membranen als Alternative Trenntechnik für die petrochemische Industrie wirtschaftlich interessant werden

Poröse Flüssigkeiten mit metallorganischem Netzwerk

In einem Projekt startete Knebel und ein internationales Forscherteam mit dem festen Material ZIF-67 (zeolitic imidazole framework), dessen Atome ein metallorganisches Netzwerk mit Porenöffnungen von weniger als einem halben Nanometer Breite bilden. Dabei veränderten sie Nanopartikel von ZIF-67 gezielt an der Oberfläche. „Dadurch gelang es uns, erstmals ein metallorganisches Netzwerk in Flüssigkeiten wie Cyclohexan, Cyclooctan oder Mesitylen fein zu verteilen, also zu dispergieren“, erklärt Knebel. Die entstandene Dispersion nennen die Wissenschaftler poröse Flüssigkeit.

Für den Weg durch eine Säule, die mit der porösen Flüssigkeit gefüllt ist, braucht gasförmiges Propen deutlich länger als beispielsweise Methan. Denn Propen wird in den Poren der Nanopartikel festgehalten, die kleineren Methanmoleküle hingegen nicht. „Diese Eigenschaft der Dispersion wollen wir künftig ausnutzen, um flüssige Trennmembranen zu erzeugen“, sagt Knebel.

Geeignet zur Herstellung fester Membranen

Poröse Flüssigkeiten als Membran: Mit diesem Verfahren könnten sich in der Kunststoffindustrie enorme Mengen Energie und damit CO2 einsparen lassen.
Poröse Flüssigkeiten als Membran: Mit diesem Verfahren könnten sich in der Kunststoffindustrie enorme Mengen Energie und damit CO2 einsparen lassen.
(Bild: Alexander Knebel, KIT)

Mit den porösen Flüssigkeiten lassen sich auch feste Trennmembranen mit besonders vorteilhaften Eigenschaften produzieren. So stellte das Team Membranen aus einem Kunststoff und dem chemisch modifizierten ZIF-67 her. Dabei erhöhte es den Anteil an modifiziertem ZIF-67 in der Membran bis auf 47,5 Prozent, ohne dass die Membran mechanisch instabil wurde.

Die außerordentliche Wirksamkeit der Membran demonstrierten die Forscher mit einem Versuch, bei dem sie eine Gasmischung aus gleichen Teilen Propen und Propan über zwei hintereinandergeschaltete Membrane führten. Das Ergebnis der Trennung: Sie erhielten Propen mit einem Reinheitsgrad von mindestens 99,9 Prozent, obwohl sich die beiden Gasmoleküle nur um 0,2 Nanometer in ihrer Größe unterscheiden.

Hohe Durchflussrate mach praktischen Einsatz rentabel

Für den praktischen Einsatz einer solchen Membran ist neben dem Trennvermögen entscheidend, wie hoch die Menge eines Gasgemisches ist, die in einer bestimmten Zeit hindurchgeleitet werden kann. Diese Durchflussrate war bei den neuen Membranen mindestens dreimal so hoch wie bei bisherigen Materialien. Knebel ist aufgrund der erzielten Trennwerte davon überzeugt, dass es sich für die petrochemische Industrie erstmals auszahlen würde, zur Gastrennung Membranen statt herkömmliche Destillationsverfahren einzusetzen.

Entscheidend für die Leistungsfähigkeit der Membranen ist, dass möglichst viele metallorganische Partikel einheitlich im Kunststoff verteilt werden können und dass die Poren in den Nanopartikeln bei der Membranherstellung nicht durch Lösemittel verstopft sind. „Beides konnten wir erreichen, weil wir nicht direkt feste Partikel in die Membran eingearbeitet haben, sondern den scheinbaren Umweg über die porösen Flüssigkeiten gegangen sind“, erläutert Knebel.

Originalpublikation: Knebel, A., Bavykina, A., Datta, S., Sundermann, L., Garzon-Tovar, L., Lebedev, Y., Durini, S., Ahmad, R., Kozlov, S. M., Shterk, G., Karunakaran, M., Carja, I. D., Simic, D., Weilert, I., Klüppel, M., Giese, U., Cavallo, L., Rueping, M., Eddaoudi, M., Caro, J., Gascon, J.: Solution processable metal-organic frameworks for mixed matrix membranes using porous liquids, Nature Materials, 2020. DOI: 10.1038/s41563-020-0764-y

* J. Hoffmann, Karlsruher Institut für Technologie KIT, 76131 Karlsruhe

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