Lokalisationsmikroskopie Fluoreszenzmikroskopie analysiert zelluläre Proteinverteilung
Das Interesse der Forscher richtet sich gerade in der Bioanalytik auf immer kleinere Strukturen. Lesen Sie, wie mit der Lokalisationsmikroskopie, die räumliche Verteilung von Molekülen in Zellen mit einer fast molekularen optischen Auflösung analysiert werden kann.
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In der biomedizinischen Laborpraxis gewinnen lichtoptische Untersuchungen von Einzelzellen immer größere Bedeutung. So sind Analysen von Oberflächenmarkern an Zellen in Suspension mithilfe des Fluorescence Activated Cell Sortings (FACS) seit vielen Jahren ein fest etablierter Bestandteil der klinischen Diagnostik. Ein anderes Beispiel ist die lichtmikroskopische Analyse von Gewebeschnitten und Einzelzellen in der Onkologie. Leider sind die Möglichkeiten solcher Methoden, diag-nostisch relevante Parameter der molekularen Komplexität von Einzelzellen adäquat zu erfassen, bislang durch die Grenzen der optischen Auflösung stark eingeschränkt. Herkömmliche lichtmikroskopische Verfahren erlauben eine optische Trennung gleichartig markierter Komponenten nur im Rahmen der „konventionellen“ lichtoptischen Auflösung von etwa 200 Nanometer in der Objektebene und 600 Nanometer in Richtung der Optischen Achse. Diese Grenze – auch „Abbe-Limit“ genannt – galt seit den Arbeiten von Ernst Abbe und Lord Rayleigh im 19. Jahrhundert aufgrund der Wellennatur des Lichts als grundsätzlich nicht überwindbar. Da eine Zelle (Durchmesser im Bereich von 20 µm) typischerweise von einem bestimmten Molekültyp (z.B. Protein) viele zehntausende enthält, ist eine Ortsbestimmung/Zählung einzelner Moleküle in einer Zelle selbst dann nicht mehr möglich, wenn neue hochsensitive Detektionsverfahren eingesetzt werden, die den Nachweis der von einzelnen fluoreszenzmarkierten Molekülen ausgehenden Lichtsignale ermöglichen.
Proteine erfordern spezielle Analysemethode
Abbildung 3 zeigt den Kern einer menschlichen Krebszelle, in der zwei Kernproteine (Histon H2A) sowie ein Chromatin Remodellierungsprotein (SnfH2) mit zwei unterschiedlichen Typen fluoreszierender Proteine markiert wurden. Das mit der besten konventionell möglichen optischen Auflösung aufgenommene Bild zeigt nur verwaschene Konturen, die leichte lokale Unterschiede in der Verteilung und der Anzahl der Proteine erahnen lassen. Eine genaue Analyse ist jedoch ausgeschlossen. Noch kritischer wird diese Beschränkung der Auflösung, wenn für den Zellmetabolismus entscheidende Nanostrukturen analysiert werden sollen. In den letzten Jahren sind eine Reihe fluoreszenzbasierter Methoden für die „Lightoptical Biostructure Analysis @ Enhanced Resolution“ (LOBSTER) entwickelt worden, die es möglich gemacht haben, das Abbe-Limit um ein Vielfaches zu unterschreiten.
Ein Beispiel für ein solches Verfahren ist die fluoreszenzoptische Analyse von spezifisch markierten Einzelmolekülen in Zellen (z.B. Proteine, DNA/RNA-Sequenzen, Pharmaka). Die spektrale Lokalisationsmikroskopie (Spectrally Assigned Localization Microscopy, SALM) gestattet eine fast molekulare optische Auflösung. Grundlage dieser sich derzeit rasch in verschiedenen Varianten entwickelnden fernfeldmikroskopischen Technik ist die spektrale Präzisionsdistanzmikroskopie (Spectral Position Determination Microscopy, SPDM).
Abbildung 2 zeigt schematisch das SPDM/SALM-Prinzip: Als Beispiel sind drei punktförmige, einfarbig leuchtende Biomoleküle dargestellt, die voneinander einen Abstand von nur 50 Nanometer haben, also viermal kleiner als das Abbe-Limit von etwa 200 Nanometer (oben links, a). Von jedem dieser Moleküle wird aufgrund der Wellennatur des Lichts durch die Mikroskopoptik ein Beugungsscheibchen mit einem Durchmesser von etwa 200 Nanometer erzeugt; diese überlagern sich (oben Zentrum, b). Ein Intensitätsquerschnitt durch die Mitte dieses Beugungsbildes (oben rechts, c) gibt eine glockenförmige Helligkeitskurve, die fast identisch ist mit der durch ein einziges Molekül erzeugten. Es ist also nicht mehr möglich einzeln festzustellen, wo die drei Moleküle im Bildfeld genau lokalisiert sind, und welchen Abstand sie voneinander haben. Hat jedes der eng benachbarten Moleküle jedoch eine andere spektrale Signatur (hier z.B. B, G, R), so wird eine Orts- und Abstandsbestimmung der einzelnen Moleküle (Mitte links, d) möglich. Dazu werden die von den drei Molekülen ausgehenden Fluoreszenzsignale voneinander getrennt registriert. Beispielsweise zeigt das Teilbild eB) das Beugungsbild, das in der Bildebene entsteht, wenn nur Photonen mit der Signatur B registiert werden (z.B. blau fluoreszierend); das Teilbild eG) zeigt das Beugungsbild, das entsteht, wenn nur Photonen mit der Signatur G (z.B. grün) registriert werden, usw. Den Mittelpunkt der einzelnen Beugungsscheibchen (dem Maximum der Intensitätskurven in g entsprechend) kann man um ein Vielfaches genauer bestimmen als den Durchmesser der Scheibchen (entsprechend dem Abbe-Limit). Bei Biomolekülen werden derzeit Lokalisationsgenauigkeiten von ca. zwei Nanometer erreicht.
Spektrale Signaturen ermöglichen höhere Auflösungen
Sobald man die Beugungsscheibchen aufgrund ihrer spektralen Signatur (z.B. Fluoreszenzemissionsspektrum, Fluoreszenzlebensdauer, Polarisation, Hell/Dunkelzustand) voneinander genau unterscheiden kann, ist es gleichgültig, wie fern oder wie nah voneinander Beugungsscheibchen anderer spektraler Signatur liegen. Auf diese Weise kann man den Ort von Molekülen lichtmikroskopisch auch dann noch feststellen, wenn sie (wie in Abb. 2) nur einen Abstand von 50 Nanometer haben. Es sind auch noch deutlich kleinere Abstände messbar, abhängig von der Genauigkeit der Lokalisierung der einzelnen Moleküle.
Mit dem hier beschriebenen SPDM/SALM-Verfahren können im Prinzip molekular aufgelöste Abbildungen von zellulären Molekülverteilungen gewonnen werden, sofern die wesentliche Grundbedingung, die optische Isolation, erfüllt werden kann. Dies bedeutet, dass der Abstand zwischen zwei Molekülen derselben spektralen Signatur mindestens so groß sein muss wie der Durchmesser der Beugungsscheibchen; der Abstand muss also mindestens so groß sein wie das Abbe-Limit.
Allerdings ist die Anzahl der in einem Beugungsscheibchen befindlichen Biomoleküle, die aufgrund von Unterschieden im Fluoreszenzemissionsspektrum getrennt voneinander detektiert werden können, relativ gering (derzeit weniger als zehn). Über Unterschiede in Spektralfarben hinaus gibt es jedoch noch weitere Möglichkeiten, auch eng benachbarte Moleküle voneinander lichtoptisch zu unterscheiden. Beispielsweise kann man die Beugungsscheibchen von ganz eng zusammenliegenden, nur in einer einzigen Spektralfarbe leuchtenden Molekülen auch dann voneinander getrennt registrieren und damit positionieren, wenn diese Moleküle ihre Leuchtkraft zeitlich verändern; ein einmaliges Aufblitzen würde dabei genügen, wobei der Zeitpunkt des Aufblitzens die spektrale Signatur darstellt.
Auf der Grundlage des SPDM/SALM Prinzips wurden in den letzten Jahren erstmals makromolekular aufgelöste Bilder von zellulären Proteinverteilungen realisiert. Entsprechend dem Grundprinzip, nahe benachbarte Moleküle (Abstand kleiner als das Abbe-Limit) getrennt voneinander zu detektieren, wurde durch photophysikalische Vorgänge deren Fluoreszenz nacheinander an- und abgeschaltet, sodass dort zu einem bestimmten Zeitpunkt jeweils nur das Signal eines einzelnen Moleküls registriert wurde. Als makroskopisches Bild kann ein Leuchturm herangezogen werden, dessen einzelnes kurzes Aufblitzen des Leuchtsignals Schiffen bereits zur genauen Positionsbestimmung ausreicht. Und dies auch dann, wenn das Leuchtturmsignal aus weiter Ferne aufgrund der begrenzten optischen Auflösung sehr viel größer zu sein scheint; zwei sehr nahe beieinander gelegene Leuchttürme können auch bei gleicher Signalfarbe aufgrund verschiedener Zeitpunkte des Aufblitzens getrennt registriert und damit lokalisiert werden. Die Anwendung dieses Prinzips in der spektralen Lokalisationsmikroskopie erlaubte es, durch die Kombination vieler tausender von Aufnahmen derselben Zelle „Lokalisationsbilder“ von Einzelmolekülverteilungen mit wesentlich verbesserter optischer Auflösung zu gewinnen.
Abbe-Limit um den Faktor 20 unterschritten
In der Heidelberger KIP-Arbeitsgruppe konnte gezeigt werden, dass dieses Schalten zwischen einem hellen (fluoreszierenden) und einem dunklen (nicht fluoreszierenden) Zustand unter bestimmten photophysikalischen Bedingungen (hier die Beleuchtungsintensität) für viele gewöhnliche Farbstoffmoleküle realisiert werden kann, von konventionellen fluoreszierenden Proteinen bis zu weit verbreiteten Alexa- und Fluoreszeinfarbstoffen. Als Beispiel für die SPDM/SALM-Methode wird in Abbildung 1 dieselbe Zelle wie in Abbildung 3 gezeigt, diesmal aber im SPDM/SALM-Modus: Im Unterschied zum konventionellen fluoreszenzmikroskopischen Bild sind hier Histonmoleküle (rot) und Chromatinremodellierungsproteine (grün) klar voneinander unterscheidbar. Im Mittel wurden in diesen Zellkernen ca. 70 000 H2A-Moleküle und 50 000 Snf2H-Moleküle registriert. Aufgrund des verwendeten SPDM-Aufnahmeverfahrens stammen die detektierten Moleküle aus einer 600 nm dicken Kernschicht. Das Beispiel zeigt, dass das SPDM/SALM-Verfahren es ermöglicht, markierte Molekültypen in Zellen auch in großen Mengen zu bestimmen und ihre räumliche Verteilung quantitativ zu analysieren. Bei dem gegenwärtigen methodischen Stand konnten einzelne zelluläre Moleküle desselben Typs im Abstand von etwa 15 nm voneinander getrennt detektiert und ihre relative Position mit einer Genauigkeit von wenigen Nanometern bestimmt werden. Zusätzlich zu Proteinen des Zellkerns wurde das Verfahren auch bei spezifischen DNA-Sequenzen sowie auch bei Proteinen der Zellkernhülle, der Zellmembran und des Zytoplasmas erfolgreich eingesetzt.
Derzeit wird von der Heidelberger Arbeitsgruppe mit SPDM/SALM eine lichtoptische Auflösung zellulärer Nanostrukturen von etwa zehn Nanometer erreicht, bei detektierten Moleküldichten bis zu 1300 pro µm2 oder etwa 40 aufgelösten Molekülen pro Beugungsscheibchenfläche (0,1 µm Radius). Diese derzeitige Bestauflösung entspricht etwa 1/50 der eingesetzten Laserwellenlänge, oder dem Durchmesser eines einzelnen größeren Proteins, oder 1/1000 Durchmesser eines Zellkerns. Damit unterschreitet sie das Abbe-Limit um den Faktor 20. Konventionelle Fluoreszenzmikroskope können mit relativ geringem Aufwand für SPDM/SALM umgebaut werden. Das in Abbildung 4 gezeigte System wird derzeit für Anwendungen in der pharmakologischen Grundlagenforschung eingesetzt. Es ist damit zu rechnen, dass die SPDM/SALM-Techniken in der molekularen Diagnostik auf Einzelzellniveau eine weite Verbreitung erlangen und eine wesentliche Ergänzung molekularbiologischer Verfahren bilden werden.
*Institut für Pharmazie und Molekulare Biotechnologie, Universität Heidelberg, 69120 Heidelberg
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