Corona: Dunkelziffer und Symptomatik besser verstehen Forscher wollen Blut auf Corona-Antikörper testen
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Eine Infektion mit dem neuartigen Coronavirus läuft nicht immer gleich ab. Während manche Erkrankten lebensbedrohliche Symptome erleiden, merken andere gar nicht, dass sie sich angesteckt haben. Eine groß angelegte Studie soll nun durch Bluttests helfen, die Dunkelziffer der Erkrankten und die Symptomatik der Krankheit besser zu verstehen. Dazu greift die Studie auf bereits erhobene Gesundheitsdaten zurück.

Bonn – Ein neuer Krankheitserreger wie SARS-CoV-2 stellt Mediziner vor große Herausforderungen. Wie gefährlich ist er? Wie viele Menschen haben sich bereits infiziert und eine Immunität entwickelt? Und wie wirkt er sich auf die einzelnen Patienten aus? Diese und viele weitere Fragen gilt es zu beantworten, um bestmöglichen Schutz gegen die Infektionskrankheit zu ermöglichen. Dazu bitten Forscher nun 5000 Teilnehmer einer bereits länger laufenden Gesundheitsstudie, der „Rheinland Studie“, zum Bluttest.
Das Blut der Probanden soll auf Antikörper gegen das Coronavirus getestet werden. Durch Abgleich dieser Befunde mit Daten über Gesundheit, Lebensstil und Immunstatus, die im Zuge der vor vier Jahren gestarteten Rheinland Studie größtenteils bereits erhoben wurden, erhoffen sich die Forscher neue Erkenntnisse über den Erreger und darüber, wie diverse Gesundheitsfaktoren sich auf eine Coronavirus-Infektion auswirken. „Dies kann dazu beitragen, Maßnahmen der Prävention und Therapien zu entwickeln“, sagt die Leiterin der Rheinland Studie, Prof. Monique Breteler. Die Forscherin vom Deutschen Zentrum für Neurodegenerative Erkrankungen (DZNE) hatte auch die Idee dazu, die bisher gesammelten Daten im Kampf gegen das Coronavirus einzusetzen.
Unbemerkte Corona-Infektionen aufdecken
Eine Eigenschaft, die den Kampf gegen das neuartige Coronavirus besonders schwierig macht, ist die unterschiedliche Ausprägung von Krankheitssymptomen: Einerseits kann SARS-CoV-2 gravierende medizinische Probleme auslösen. Andererseits gibt es Betroffene, die offenbar gar nicht merken, dass sie infiziert sind. „Warum manche Personen gegenüber diesem Virus widerstandsfähig sind und andere nicht, ist eine offene Frage. Vorerkrankungen spielen möglicherweise eine Rolle. Im Detail ist das aber weitgehend unklar“, sagt Breteler. „Wir gehen davon aus, dass es unter unseren Studienteilnehmerinnen und -teilnehmern sowohl genesene Coronaviruspatienten gibt, bei denen die Erkrankung seinerzeit erkannt wurde, als auch eine gewisse Dunkelziffer, die keine Symptome entwickelt hat. Über das Blut können wir herausfinden, ob Antikörper gebildet wurden und eine Infektion vorlag.“
Der Bluttest ist kostenlos und der Befund wird allen Studienteilnehmern mitgeteilt. „Die Rheinland Studie ist ein wahrer Schatz für ein solches Forschungsvorhaben. Nun hoffe ich, dass unsere Teilnehmerinnen und Teilnehmer uns auch in diesem Vorhaben unterstützen. Sie werden zu den ersten in Deutschland gehören, die erfahren, ob sie bereits Antikörper haben, die spezifisch gegen das SARS-CoV-2-Virus gebildet wurden und sie nun davon ausgehen können, dass sie immun sind“, sagt die Studienleiterin. „Wir brauchen eine massive Beteiligung. Wir sind darauf eingerichtet, sämtliche Blutentnahmen in den nächsten zwei bis drei Wochen durchzuführen. In einem halben Jahr planen wir eine Folgeuntersuchung, um herauszufinden, wie sich die Zahl der Personen mit Antikörpern bis dahin weiterentwickelt hat.“
5000 Einladungen zum Bluttest
Das Projekt profitiert davon, dass alle Teilnehmer der „Rheinland Studie“ bereits umfangreich untersucht werden. Diese Bevölkerungsstudie des DZNE erforscht seit 2016 Faktoren für ein gesundes Leben. Rund 5000 Erwachsene aus Bonn sind inzwischen daran beteiligt. Sie erhalten in den nächsten Tagen eine persönliche Einladung zum Bluttest per Post oder E-Mail. Von jedem Einzelnen liegen detaillierte Informationen über dessen Gesundheit vor, etwa über Grunderkrankungen, Lebensstil, Ernährung, körperliche Fitness und das Immunsystem.
„Zu den Bluttests sind alle bisherigen Teilnehmer der Rheinland Studie eingeladen. Voraussetzung ist, dass sie am Tag der Blutentnahme keine Erkältungssymptome aufweisen. Wer den Verdacht hat, akut an Covid-19 erkrankt zu sein, sollte sich nicht an uns wenden, sondern unbedingt einen Arzt konsultieren“, sagt Breteler.
Die „Rheinland Studie“ arbeitet bei diesem Projekt eng zusammen mit dem Institut für Virologie am Campus Charité Mitte. Dessen Direktor, Prof. Christian Drosten, war von dieser Möglichkeit, das Coronavirus besser kennenzulernen, rasch überzeugt. Sein Labor wird die in Bonn gesammelten Blutproben auf spezifische Antikörper gegen das SARS-CoV-2-Virus untersuchen.
* S. Hoffmann, Deutsches Zentrum für Neurodegenerative Erkrankungen (DZNE), 53175 Bonn
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