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Verformung von Fulleren im Licht Fußballmolekül unter Laserbeschuss

Autor / Redakteur: Thorsten Naeser* / Christian Lüttmann

60 Kohlenstoffatome in Form eines kugelförmigen Moleküls – so genannte Buckyballs – wurden erstmals in den 1980er Jahren hergestellt. Nun haben Wissenschaftler der Universität München nachgewiesen, wie sich die Fußball-Moleküle im Licht eines Laserstrahls verformen. Die Erkenntnisse könnten der Entwicklung schnellerer, lichtgesteuerter Elektronik zugutekommen.

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Ein infraroter Laserpuls trifft auf ein Kohlenstoff-Makromolekül. Dabei ändert das Molekül seine Form und entlässt ein Elektron in die Umgebung. Die laser-induzierte Beugung dieser Elektronen wird zur Abbildung der Deformation genutzt.
Ein infraroter Laserpuls trifft auf ein Kohlenstoff-Makromolekül. Dabei ändert das Molekül seine Form und entlässt ein Elektron in die Umgebung. Die laser-induzierte Beugung dieser Elektronen wird zur Abbildung der Deformation genutzt.
(Bild: Alexander Gelin)

Garching – Ein besonders gut erforschtes Kohlenstoffmolekül ist C60, bestehend aus 60 Kohlenstoffatomen. Die Anordnung der Atome erinnert an einen Fußball. Das Makromolekül hat den Beinamen Buckminster-Fulleren (Kurzform: Buckyball), was zu Ehren des Architekten Richard Buckminster Fuller geschah, der auf ähnliche Weise Gebäude konstruierte. Laserphysiker des Labors für Attosekundenphysik (LAP) des Max-Planck-Instituts für Quantenoptik (MPQ) und der Ludwig-Maximilians-Universität (LMU) München haben diese Buckyballs zusammen mit Kollegen aus Japan und den USA mithilfe von laserinduzierter Elektronenbeugung genauer untersucht.

Elektronenbeugung entlarvt gestrecktes Fulleren

Dazu ließen die Laserphysiker infrarote Femtosekunden Laserpulse auf die Buckyballs auftreffen (eine Femtosekunde ist ein Millionstel einer milliardstel Sekunde. Das ist ein ähnlicher Zeitfaktor wie eine Sekunde verglichen mit der gesamten Menschheitsgeschichte von sechs Millionen Jahren). Unter dem Einfluss des starken Lichts veränderten die kugelartigen Makromoleküle ihre Form: Sie wurden in die Länge gezogen.

Dieses Phänomens konnten die Physiker nur durch einen Trick nachweisen: Der Infrarot-Laserpuls löste bei maximaler Stärke ein Elektron aus dem Molekül. Das freie Elektron wurde im intensiven Laserfeld innerhalb weniger Femtosekunden zunächst vom Molekül weg, dann wieder in seine Richtung beschleunigt, da es durch das oszillierende elektromagnetische Feld der Lichtwelle noch einmal seine Flugrichtung änderte (siehe Artikelbild). Schließlich streute es an dem Molekül und verließ es komplett. Über die Bilder dieser so gebeugten Elektronen schlossen die Forscher auf die im Lichtfeld verzerrte Struktur des Buckyballs zurück.

Fullerene im Fokus der Forschung

Fullerene, deren Entdeckung im Jahr 1996 mit dem Nobelpreis für Chemie ausgezeichnet wurde, sind stabil, biokompatibel und verfügen über bemerkenswerte physikalische, chemische und elektronische Eigenschaften. „Das tiefere Verständnis der Wechselwirkung von Fullerenen mit ultrakurzem, intensivem Licht kann neue Anwendungen in ultraschneller, lichtgesteuerter Elektronik ermöglichen, die um viele Größenordnungen schneller wäre, als herkömmliche Elektronik“, sagt Matthias Kling, Professor an der Ludwig-Maximilians-Universität und Leiter der Arbeitsgruppe im Team des Labors für Attosekundenphysik (LAP).

Die Methode, die Strukturänderung des Kohlenstoffmoleküls über freigesetzte und gestreute Elektronen zu bestimmen, wurde bisher nur an kleineren Systemen demonstriert und kam erstmals an einem Makromolekül zum Einsatz. „Die Abbildung der nur einige zehn Femtosekunden anhaltenden Verformung des Buckyballs ist ein wichtiger Fortschritt für die laserinduzierte Elektronenbeugung. Sie bereitet den Weg für die Aufnahme molekularer Filme an komplexen (Bio)-Molekülen“, ergänzt Kling. Im nächsten Schritt wollen die Laserphysiker Filme über einen längeren Zeitraum anfertigen und so die Aktivität von Fullerenen noch detaillierter erkunden.

Originalpublikation: Harald Fuest, Yu Hang Lai, Cosmin I. Blaga, Kazuma Suzuki, Junliang Xu, Philipp Rupp, Hui Li, Pawel Wnuk, Pierre Agostini, Kaoru Yamazaki, Manabu Kanno, Hirohiko Kono, Matthias F. Kling, and Louis F. DiMauro: Diffractive Imaging of C60 Structural Deformations Induced by Intense Femtosecond Midinfrared Laser Fields. Phys. Rev. Lett. 122, 053002 Vol. 122, Iss. 5 — 8 February 2019 DOI: 10.1103/PhysRevLett.122.053002.

* T. Naeser, Max-Planck-Institut für Quantenoptik, 85748 Garching

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