„Plan S“ für mehr offene Publikationen GDCh kritisiert Zwang zu Open Access
Es gibt mehr und mehr Open-Access-Zeitschriften, doch viele Veröffentlichungen sind noch immer nur eingeschränkt zugänglich. Um die Wende zum freien Publizieren zu beschleunigen, haben sich dreizehn Organisationen zusammengeschlossen und den „Plan S“ formuliert. Die darin enthaltenen Forderungen könnten Open Access deutlich voranbringen – ernten zum Teil aber auch Kritik durch die Gesellschaft Deutscher Chemiker (GDCh).
Anbieter zum Thema

Frankfurt a.M. – Wissen teilen und vermehren, das ist ein Grundgedanke von Open Access (OA). Statt Forschungsergebnisse hinter Zahlungsschranken zurückzuhalten, sollen sie frei zugänglich sein. Doch noch ist der Anteil der OA-Journale vergleichsweise gering. Um die Trendwende hin zum freien Publizieren zu beschleunigen, haben sich dreizehn Forschungsförderorganisationen aus Europa zusammengeschlossen und eine Strategie ausgearbeitet, den so genannten „Plan S“.
Das Ziel von Plan S
Das am 4. September 2018 veröffentlichte Thesenpapier steckt den Rahmen für ein ehrgeiziges Ziel: „Ab dem 1. Januar 2020 müssen wissenschaftliche Veröffentlichungen zu Forschungsergebnissen, die durch die Finanzierung nationaler und europäischer Forschungsförderer entstanden sind, in entsprechenden Open-Access-Zeitschriften oder -Plattformen veröffentlicht werden.“
Forscher wären dann also gezwungen, ihre Ergebnisse als Open Access zu veröffentlichen, wenn ihre Projekte durch einen der dreizehn beteiligten Förderer finanziert sind. Damit soll der Druck auf die Verlage steigen, stärker auf das frei zugängliche Format zu setzen. Was für Verbreitung und Austausch von Wissen sicherlich vorteilhaft ist, birgt jedoch auch Angriffsfläche für Kritik. Und die kommt aus den Reihen der Wissenschaftler selbst – von der Gesellschaft Deutscher Chemiker (GDCh).
GDCh bemängelt wesentliche Punkte im Plan
In einer Stellungnahme vom 10. Dezember 2018 äußert die GDCh zu einzelnen Punkten von Plan S „erhebliche Bedenken“ und fordert Nachbesserungen. Sie sieht die Handlungsfreiheit der Forscher bedroht. Denn mit Inkrafttreten von Plan S verlieren betroffene Wissenschaftler nach derzeitigem Stand rund 85% der Publikationsmöglichkeiten [1]. So groß ist nämlich der Anteil an Zeitschriften, der momentan die strengen Auflagen von Plan S nicht erfüllt und damit für Veröffentlichungen wegfallen würde.
Dabei bietet mehr als die Hälfte dieser Journale bereits Möglichkeiten für Open-Access-Publikationen an. Dort können sich Autoren entscheiden, einen Artikel gegen Bezahlung frei zugänglich zu veröffentlichen. Dieses Hybrid-Modell verwenden zum Beispiel Zeitschriften wie Angewandte Chemie und Journal of the American Chemical Society. Plan S schließt Hybrid-Journale jedoch ausdrücklich als Open-Access-Journale aus. Forscher, die durch einen der bei Plan S beteiligten Förderer ihre Projekte finanzieren, dürften dann nicht mehr in diesen Magazinen publizieren.
Keine Kosten für die Forscher
Neben der drohenden Einschränkung, frei das Journal zur Publikation zu wählen, hält Plan S aber auch positive Aspekte bereit. So verspricht er finanzielle Entlastung: Kein Forscher soll wegen fehlender Gelder an der freien Veröffentlichung seiner Arbeit scheitern. „Die Gebühren werden, soweit wie möglich, von den Förderern oder Universitäten bezahlt”, heißt es in dem Thesenpapier. Wie die Finanzierung im Detail umgesetzt wird, bleibt offen. Plan S sieht allerdings eine europaweite Kostendeckelung der Publikationsgebühren vor, damit diese nicht unkontrolliert ansteigen.
Ob sich die Verlage auf diese Deckelung einlassen, bleibt fraglich. Die GDCh befürchtet sogar, dass durch diese Maßnahme die Qualität von OA-Publikationen sinken könnte. Denn hochwertige Zeitschriften, bei denen ein einzelner Artikel verhältnismäßig teuer ist, würden unter großen ökonomischen Druck geraten. „Qualitativ durchschnittliche oder gar minderwertige Journale werden hingegen durch dieses Geschäftsmodell begünstigt und die Anzahl so genannter Predatory Journals wird sich zum Nachteil der Wissenschaft erhöhen“, warnt die GDCh. Die „Raubverlage“, die solche Predatory Journals veröffentlichen, sorgen schon länger für Unmut in Wissenschaftskreisen. Sie publizieren Arbeiten ohne die sonst üblichen Kontrollen wie das Peer Review, erwecken aber auf den ersten Blick den Eindruck von seriösen Fachmagazinen.
Mehr zur Verbreitung von Raubverlagen erfahren Sie hier:
:quality(80)/images.vogel.de/vogelonline/bdb/1434600/1434639/original.jpg)
Kommentar zu wissenschaftlichem Publizieren und Raubverlagen
Wissenschaft auf Abwegen?
Feedback erwünscht
Trotz aller Kritik: Die grundsätzliche Intention von Plan S wird von der GDCh unterstützt. Schließlich ist es im Sinne der Wissenschaft, Ergebnisse offen zu diskutieren, zu überprüfen und darauf aufbauend weiter zu forschen. Dafür ist das Prinzip Open Access ein geeigneter Ansatz. Ob Plan S in der momentanen Form der richtige Weg dahin ist, bleibt angesichts der vielen Kritikpunkte allerdings fraglich. Immerhin: Die Initiatoren von Plan S sammeln noch bis Februar 2019 Nutzer-Feedback zu der geplanten Umsetzung. Möglicherweise werden einige Punkte also noch nachgebessert.
Literatur:
[1] News-Artikel von Nature, 04. September 2018: Radical open-access plan could spell end to journal subscriptions
* M. Wepf: Eawag, 8600 Dübendorf/Schweiz
(ID:45657197)