2D-Kristall mit ungewöhnlicher Eigenschaft Gedrückt wie gezogen: neues Material wird immer breiter
Eine neu entdeckte Art von zweidimensionalen Kristallen zeigt besondere mechanische Eigenschaften. Egal ob man die Kristalle zusammendrückt oder auseinanderzieht – sie verbreitern sich in beiden Fällen. Dieses spezielle Verhalten könnte Anwendungen in der Nano-Sensorik nützlich sein.
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Dresden – Zieht man ein Gummiband auseinander wird es dünner – ein physikalisches Verhalten, welches für die meisten „normalen“ Materialien zutrifft. Seit dem 20. Jahrhundert ist in der Materialforschung aber auch ein entgegengesetztes Verhalten bekannt: Die so genannten auxetischen Materialien (von altgriechisch auxetos, deutsch ‚dehnbar‘). Wenn an ihnen gezogen wird, weiten sie sich, statt dünner zu werden. Umgekehrt werden sie dünner, wenn man sie zusammendrückt.
In der Mechanik werden auxetische Materialien durch eine negative Poissonzahl charakterisiert. Die wohl bekannteste und älteste Anwendung von Materialien mit ungewöhnlichen Poissonzahlen ist der Flaschenkorken mit einer Poissonzahl von Null. Diese beschreibt seine besondere mechanische Verformbarkeit, aufgrund derer man ihn in den dünneren Flaschenhals stecken kann.
Aufgrund ihrer besonderen Eigenschaft ermöglichen auxetische Materialien neuartige Produkte mit gezielt einstellbaren Funktionseigenschaften, u. a. bei Anwendungen in der Medizintechnik oder bei der Entwicklung von Schutzausrüstung wie Fahrradhelmen oder Sicherheitswesten.
Entdeckung von halb-auxetischem Charakter
An der Technischen Universität Dresden hat Thomas Heine, nun mit seinem Team ein bislang unbekanntes Phänomen entdeckt. Die Wissenschaftler haben an Molekülkomplexen geforscht und dabei Borphoren – eine atomar-dünne Konfiguration des Elements Bor – mit Palladium versehen. Heraus kam eine stabile Form mit der chemischen Zusammensetzung PdB4.
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Blauer Phosphor
Ein Nichtmetall offenbart metallische Eigenschaften
Die Berechnungen der Forscher zeigen, dass sich dieses Material unter Zug wie ein auxetisches Material verhält, sich jedoch unter Kompression wie ein gewöhnliches Material verbreitert. Es ist also egal, ob man es auseinanderzieht oder zusammenpresst, das Material verbreitert sich immer.
„Neben der gründlichen Charakterisierung bezüglich Stabilität, mechanischen und elektronischen Eigenschaften des Materials haben wir den Ursprung dieses halb-auxetischen Charakters identifiziert und glauben, dass dieser Mechanismus als Designkonzept für neue halb-auxetische Materialien verwendet werden kann“, sagt Forschungsleiter Heine, „Diese neuartigen Materialien könnten zu Anwendungen in der Nanotechnologie führen, beispielsweise in der Sensorik oder der Magnetooptik. Ein Übertrag auf makroskopische Materialien ist ebenso denkbar.“
Originalveröffentlichung: Fengxian Ma, Yalong Jiao, Weikang Wu, Ying Liu, Shengyuan A. Yang, Thomas Heine: Half-auxeticity and anisotropic transport in Pd decorated two-dimensional boron sheets, Nano Letters 2021; DOI: 10.1021/acs.nanolett.0c04154
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