Mikrostrukturierung von Oberflächen Haischuppen und Lotusblatt per Laser
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Schillernde Farben, geringere Reibung, wasserabweisende Eigenschaften – all dies hängt entscheidend von der Oberfläche eines Materials ab. Statt Beschichtungen und Folien haben Fraunhofer Forscher nun ein Lasersystem entwickelt, mit dem sie die Struktur einer Oberfläche gezielt modifizieren.

Dresden – Oberflächen von Produkten lassen sich durch viele verschiedene Effekte veredeln. Beim Lotuseffekt sorgt z. B. eine Mikrostruktur dafür, dass Schmutz nicht anhaftet, sondern beim nächsten Regen einfach abgewaschen wird. Imitate von den feinen Rippeln der Haifischhaut wiederum verbessern die Strömung an der Außenseite von Flugzeugen und Schiffen, was Treibstoff spart. Bislang werden viele solcher naturinspirierter Effekte erzeugt, indem man die Oberfläche beschichtet oder mit Folien beklebt, in die Mikrostrukturen eingeprägt sind. Doch Beschichtungen und Folien können sich abnutzen, sodass der gewünschte Effekt mit der Zeit nachlässt.
Forscher am Fraunhofer-Institut für Werkstoff- und Strahltechnik (IWS) und an der Technischen Universität Dresden haben in den vergangenen Jahren eine alternative Methode zur Marktreife gebracht, mit der sich Oberflächen dauerhaft mit Nano- und Mikrostrukturen versehen lassen: die Direkte Laserinterferenz-Strukturierung (Direct Laser Interference Patterning, DLIP). Bei diesem Verfahren schreibt ein Laser die Nano- oder Mikrostruktur direkt in die Oberfläche, um biomimetische Effekte zu erzeugen.
Laserstrahl kann mehr sein als eine einfache „Lichtnadel“
Klassischerweise stellt man sich einen Laserstrahl als einen einzelnen feinen Strahl vor. Wollte man damit wie mit einer Nadel ein Muster in eine Oberfläche einarbeiten, verlöre man viel zu viel Zeit. Das DLIP-Verfahren funktioniert anders: Dabei wird zunächst ein Laserstrahl in mehrere Strahlenbündel aufgeteilt. Um ein Muster in die Oberfläche einzubringen, werden die vielen Laserstrahlen kontrolliert überlagert, sodass ein Interferenzmuster entsteht. Dieses Muster lässt sich auf einer größeren Fläche verteilen, was eine großflächige und schnelle Bearbeitung möglich macht.
„Im Vergleich zum Beschichten oder Bekleben galt der Laser lange Zeit als viel zu langsam, um große Oberflächen zu veredeln“, sagt Dr. Tim Kunze, Geschäftsführer der IWS-Ausgründung Fusion Bionic. „Mit dem DLIP-Verfahren aber haben wir den Schritt zur schnellen Bearbeitung großer Flächen geschafft.“ Aktuell erzielt das System eine Geschwindigkeit, bei der es pro Minute eine Fläche von bis zu einem Quadratmeter bearbeiten kann.
Ein Video von Fusion Bionic stellt die Geschwindigkeit einer herkömmlichen Laserstrukturierung dem interferenzbasierten DLIP-Verfahren gegenüber:
Interferenz für Oberflächenveredlung nutzen
Das Prinzip der Interferenz, auf dem das Laserverfahren beruht, beruht auf dem Wellencharakter von Licht: Überlagert man zwei Lichtstrahlen, können sich ihre Wellentäler und Wellenberge gegenseitig auslöschen oder verstärken. Dort, wo verstärktes Licht auf die Oberfläche trifft, wird durch die Laserenergie Material abgetragen beziehungsweise verändert. Die dunklen Bereiche, in denen die Lichtstrahlen sich durch Interferenz gegenseitig ausgelöscht haben, bleiben unberührt. „Wir können damit nahezu alle erdenklichen Strukturen herstellen“, sagt Kunze. „Lotuseffekt, Haifischhaut, Mottenauge und vieles mehr.“
Tragflächen und Hüftprothesen aufwerten
Noch zu seiner Zeit am Fraunhofer IWS entwickelte sein Team in Zusammenarbeit mit Prof. Andrés Lasagni von der Technischen Universität Dresden mit Airbus eine Mikrostruktur, die während des Flugs verhindert, dass sich Eis auf den Tragflächen anlagert. Bei herkömmlichen Jets wird dazu warme Abluft aus den Triebwerken in die Tragflächen geleitet. Damit geht den Triebwerken allerdings Energie verloren.
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Oberflächen-Beschichtung
Mit Physik mehr Bier im Glas
Das Projekt hat ergeben, dass sich der Energiebedarf eines Eisschutzsystems um 80 Prozent verringert, wenn die Tragfläche zusätzlich über eine DLIP-Mikrostruktur verfügt. „Vor allem auch für künftige elektrisch betriebene Flugzeuge wäre das eine Lösung, weil bei diesen keine Abwärme aus den Triebwerken zur Verfügung steht“, sagt Kunze. In anderen Projekten wurden Implantate wie etwa Hüftgelenkprothesen und Zahnimplantate bearbeitet, sodass ihre Oberflächen besonders biokompatibel sind oder antibakteriell wirken.
* M. Forytta, Fraunhofer-Institut für Werkstoff- und Strahltechnik IWS, 01277 Dresden
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