Headspace-GC Headspace-Technik erleichert die VOC-Analyse an Getränkedosen
Aus dem Material von Getränkedosen können flüchtige organische Verbindungen in die darin aufbewahrten Getränke migrieren. Eine neue Headspace-Technik erlaubt es, die Kontaminanten bereits in Prozessnähe aufzuspüren.
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Bei allen Vorzügen, die moderne Verpackungen und Verpackungsmaterialien im Hinblick auf Hygiene, Schutz, Sicherheit und Deklaration bieten, ist ihre Verwendung nicht ohne Risiko: Bei ihrer Herstellung eingesetzte Lösemittel, Additive oder Farbpigmente können das Transportgut kontaminieren. So auch bei Getränkedosen, die innen mit einer Lackschicht ausgekleidet sind. Diese verhindert den Kontakt der Flüssigkeit mit dem Metall und damit oxidative Prozesse, birgt aber das Risiko, dass flüchtige organische Verbindungen (volatile organic compounds, VOC) aus dem Kunstoff in das Getränk migrieren. Das festzustellen, bevor ganze Produktserien in die Mülltonne wandern müssen, ist Aufgabe der Qualitätssicherung. „Um eine Migration und damit eine Kontamination zu verhindern, prüfen wir vor allem vor dem Einsatz neuer Lacke, ob VOC in tolerablen Grenzen auftreten“, erklärt Peter Kühl, Chemieingenieur aus dem Zentrallabor von Ball Packaging Europe in Bonn. Das Unternehmen produziert Metalldosen für die Getränkeindustrie. Ein weiterer Schwerpunkt liegt auf der anwendungsorientierten Forschung und Entwicklung neuer Lösungen für die Getränkeverpackung. Die VOC-Analyse war in diesem Zusammenhang bislang ein vergleichsweise aufwändiges Unterfangen: Dosen wurden dem Herstellungsprozess entnommen und mit einem speziell angefertigten Verschluss verschlossen, der mittig für eine Headspace-Nadel durchlässig war. Die Dose wurde für die Dauer von 30 Minuten auf 150 °C erwärmt, der Dampfraum entnommen und die darin enthaltenen VOCs mittels GC vermessen. Eine weniger arbeits- und zeitintensive Alternative war hier notwendig. Diese sollte vor allem die Analyse bereits in Prozessnähe (at-line) möglich machen, um eine Kontamination des Produkts frühzeitig abzuwenden und wirtschaftliche Verluste zu minimieren.
Neu entwickelter Headspace-Sampler
In Zusammenarbeit mit Ball Packaging Europe hat Gerstel nun den Prototypen eines neuen Headspace-Samplers weiterentwickelt. Dieser war im Rahmen des von der Europäischen Komission initiierten Escape-Projekts (Electronic Sensor System for the Characterization of Packing Emissions) entstanden. Das so genannte Quality-Control-System (QCS) ist in der Lage auch große Volumina ausgasender Analyten aus festen Verpackungen aufzunehmen und at-line zu analysieren. Das Design basiert auf einer ventillosen Single-Shot-Head-space-Probennahmeeinheit in Verbindung mit einem einfachen Detektor. Zur Verfügung stehen wahlweise ein Flammenionisationsdetektor (FID) oder ein Metalloxiddetektor (MOX). Die untersuchten Dosen müssen bei der Probennahme nicht manipuliert werden. Eine aufwändige Probenvorbereitung entfällt demnach. „Das Gefäß wird sozusagen durchproduziert, also einschließlich Deckel, jedoch ohne Füllung. Zur Kalibrierung des Systems wird eine Dose mit einer definierten Menge Ethanol dotiert“, erklärt Dr. Eike Kleine-Benne, Chemiker in der Entwicklungsabteilung von Gerstel.
Die im Wortsinne „leere“ Probe kann aufgrund des geschlossenen Systems verlustfrei vor der Probennahme temperiert werden, was die Dauer der Analyse verringert. Anschließend wird die Dose mit dem Boden nach oben zeigend in den Probenschacht eingeführt. Im Probenschacht können Dosen mit einem Volumen von derzeit bis zu 500 Millilitern auf Temperatur gebracht werden.
Zur Analyse sticht eine extraharte Headspace-Nadel durch den Dosenboden und zieht den Dampfraum ab. Zwei Magnetventile regeln dabei den Druck. Im Flussweg sind anstelle von Ventilen zwei Restriktionen montiert. Eine Restriktion befindet sich direkt vor der Probe. Sie verhindert, dass Analyten durch Diffusion verloren gehen und stellt sicher, dass der Druck im System konstant bleibt, auch wenn die Probe entnommen wird. Die zweite Restriktion ist zwischen Probenschleife und Detektor installiert. Sie wird benötigt, um die Probenschleife zu füllen, kann allerdings bei Bedarf Analyten auch trennen, sofern es sich um eine Chromatographiesäule handelt. „Ohne eine Säule ähnelt das System normalen Laboraufbauten mit kommerziellen Headspace-Samplern als Probenaufgabesysteme für elektronische Sensorsysteme“, sagt Dr. Kleine-Benne.
Für die VOC-Analyse bei Ball Packaging Europe wurde eine drei Meter lange DB5-MS-Trennsäule verwendet. Mithilfe einer so kurzen Säule wird die Probe zwar nicht aufgetrennt, man erhält jedoch einen Peak. Dieser Peak lässt sich zur Ermittlung des Summensignals – wie in der Chromatographie üblich – über Fläche oder Höhe quantifizieren.
Die Probe aufs Exempel
Ball Packaging Europe setzte zunächst das QCS1 mit einem FID ein, um die neuen Ergebnisse mit denen von Headspace-GC/FID-Systemen vergleichen zu können. Die Responsefaktoren für alle relevanten Komponenten gegen Ethanolkalibrierung sind bekannt. Eine Schwelle von 1 ppm für die Gesamt-VOC-Emissionen, die gegen Ethanol kalibriert sind, beeinträchtigt die Produktqualität nachweislich nicht.
In einem weiteren Versuch wurde der Headspace-Sampler mit einem MOX-Sensor ausgestattet. Der Sensor fungiert als Detektor für reduzierende Gase und kann zur Detektion von Kohlenwasserstoffen eingesetzt werden; allerdings unterscheiden sich die Responsefaktoren im Vergleich zum FID. Der Vorteil: Statt mit Verbrennungsgasen arbeiten MOX mit synthetischer Luft. Auf diese Weise kann das System als Werkzeug der Qualitätskontrolle in unmittelbarer Nähe der Produktion eingesetzt werden.
„In Konfiguration mit einem FID oder einem MOX-Sensor erweist sich das QCS als effizientes Hilfsmittel für die Messung der Gesamt-VOC-Emissionen als summierte Parameter“, berichtet Kühl und ergänzt: „Damit können wir sicherstellen, dass VOC-Emissionen einen vorgegebenen Schwellenwert nicht überschreiten.“ Sind detailliertere Informationen gefragt, lässt sich statt des FIDs oder MOX-Sensors über Transferleitung ein GC/MS-System anschließen. Die VOC werden im Kalt-Aufgabe-System (KAS) cryofokussiert und angereichert, sodass sich alle relevanten Verbindungen identifizieren und einzeln bestimmen lassen.
Fazit
Seit zwei Jahren läuft das QCS nun schon bei Ball Packaging Europe. Das System ist einfach in der Handhabung und liefert sehr gute reproduzierbare Daten. Die bisher sehr aufwändige Probenvorbereitung entfällt. Die Dosen können bereits vor der Analyse im Trockenschank auf Temperatur gebracht werden, sodass sich bereits frühzeitig ein Gleichgewicht der Analyten im Headspace einstellen kann. Auf diese Weise reduziert sich die Analysedauer auf maximal zwei Minuten.
Material und Methode
Säulenabmessungen und Headspace-Parameter
Säulenabmessungen des QCS1:
- Restriktion: 48 cm, Edelstahl, Innendurchmesser 0,2 mm
- Säule: 3 m DB 5 MS, Innendruchmesser 0,25 mm, Filmdicke 0,25 µm
- Probenschleife: 2 mL
Headspace-Parameter des QCS:
- Temperaturen: Probe 150 °C, Probenschleife 150 °C, Säule 150 °C
- Zeiten: Equilibrierung 2 min, Probendruckaufbau 1 min, Füllung der Probenschleife 0,5 min, Gesamtanalyse 2,1min, Purge 0,2 min, Dekompression 0,05 min
- Pneumatik: He, P1 = 100 kPa, Probennahme He, P2 = 50 kPa, Analyse
Hintergrund: Das Quality-Control-System (QCS) von Gerstel
- Single-Shot-Headspacesampler auf der Basis von Deans Schaltprinzip (keine Ventile im Weg des Probenflusses).
- Probennahmetemperatur maximal 200 °C, Transfertemperatur maximal 200 °C.
- Stand-alone-FID oder MOX-Sensoren zur Gesamtkohlenwasserstoffbestimmung.
- Optional: Transferline zu einem KAS-GC/MS-System, Anreicherung der Probe möglich.
- Probennahme aus 10-mL-Headspacevials bis zu 0,5-L-Getränkedosen möglich durch einfaches Austauschen der Probenkammer.
- Probennahme erfolgt aus verschlossenen Getränkedosen, andere Verpackungen sind ebenfalls möglich.
- Integration einer Trennsäule möglich, sofern erforderlich (z.B. zum Trennen von Wasser und organischen Komponenten mit einer Sorbitol-Säule).
*G. Deußing, Science Communication, 41464 Neuss
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