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Masern Hohes Risiko von tödlichen Spätfolgen durch Masern

Redakteur: Doris Popp

Aktuelle Masern-Ausbrüche in Bayern, Berlin und Nordrhein-Westfalen heizen die Diskussion um die Kinderkrankheit Masern wieder an. Nach einer Maserninfektion tragen vor allem Kleinkinder ein hohes Risiko, noch Jahre später an einer tödlichen Gehirnentzündung zu erkranken. Eine Studie der Uni Würzburg zeigt: Das Risiko ist deutlich höher als angenommen.

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Transmissions-Elektronen-Mikroskopische Aufnahme eines Masernvirus
Transmissions-Elektronen-Mikroskopische Aufnahme eines Masernvirus
(Bild: CDC/ Courtesy of Cynthia S. Goldsmith; William Bellini / Wikimedia Commons)

Dass eine Maserninfektion vor allem bei Kleinkindern mit einem hohen Risiko für tödliche Komplikationen einhergeht, haben jetzt Wissenschaftler der Universität Würzburg und vom Bayerischen Landesamt für Gesundheit und Lebensmittelsicherheit in Oberschleißheim gezeigt. Galt früher die Annahme, dass eine spezielle Spätkomplikation der Masern in einem von 100 000 Fällen auftritt, berechneten sie das Durchschnittsrisiko für Kinder unter fünf Jahren auf einen Wert von 1 zu 3300.

SSPE: die gefürchtete Spätkomplikation

Subakute sklerosierende Panenzephalitis (SSPE): So lautet der Fachausdruck für die gefürchtete Spätkomplikation einer Maserninfektion – eine Entzündung des Gehirns. „Die SSPE betrifft vor allem Kinder und tritt in der Regel erst mehrere Jahre nach der akuten Masern-Erkrankung auf. Sie führt zu einem schleichenden Verlust aller geistigen Fähigkeiten und endet im Wachkoma, in dem die Betroffenen nach wenigen Monaten oder auch Jahren versterben. Eine Behandlung der SSPE ist nicht möglich“, schildert Benedikt Weißbrich die Symptome dieser Krankheit. Weißbrich ist wissenschaftlicher Mitarbeiter am Institut für Virologie und Immunbiologie der Universität Würzburg und einer der Koordinatoren der Studie.

In der älteren Literatur wurde das Risiko für das Auftreten einer SSPE nach einer akuten Masernerkrankung mit 1 zu 100 000 angegeben. „Neuere Studien aus Großbritannien und den USA legten jedoch nahe, dass das Risiko deutlich größer ist“, sagt Weißbrich. Möglicherweise ist das Risiko im Lauf der Zeit gestiegen. Genauso gut sei es aber auch denkbar, dass die Fallzahlen vor allem von sehr jungen Kindern nicht richtig erfasst wurden. Tatsächlich ist die Berechnung des SSPE-Risikos schwierig, weil zwischen der akuten Maserninfektion und der SSPE-Erkrankung viele Jahre vergehen können.

31 SSPE-Fälle in sechs Jahren

Für Deutschland gab es hierzu bisher keine Daten. Aus diesem Grund haben das Institut für Virologie und Immunbiologie der Universität Würzburg und das Bayerische Landesamt für Gesundheit und Lebensmittelsicherheit eine gemeinsame Studie durchgeführt und das SSPE-Risiko untersucht.

„Wir haben SSPE-Fälle bei Kindern erfasst, die im Zeitraum zwischen 2003 bis 2009 in deutschen Kliniken behandelt worden waren“, erklärt Weißbrich. Als Datenquelle dienten die an der Universität Würzburg diagnostizierten SSPE-Fälle sowie die „Erhebungseinheit für seltene pädiatrische Infektionen in Deutschland“ (ESPED). Insgesamt 31 Kinder mit der Diagnose SSPE konnten die Forscher ermitteln. Um nun das SSPE-Risiko berechnen zu können, mussten sie im nächsten Schritten. herausfinden, wann und wo diese Kinder an Masern erkrankt waren. „Diese Informationen waren zwar lückenhaft, aber für 13 Kinder konnte angenommen werden, dass im Zeitraum von 1994 bis 2001 eine Maserninfektion in Deutschland stattgefunden hatte“, sagt Weißbrich. Alle Kinder waren zum Zeitpunkt der Maserninfektion jünger als fünf Jahre.

Die Gesamtzahl der Masern-Erkrankungen in diesem Zeitraum konnten die Wissenschaftler aus der Krankenhausstatistik für die betroffene Altersgruppe extrapolieren. Sie betrug 42 600. Somit ergab sich ein SSPE-Risiko von 1 zu 3300 nach Masernvirus-Infektionen in den ersten fünf Lebensjahren.

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