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Ionen-Mobilitäts-Spektrometrie Ionen-Mobilitäts-Spektrometrie: Größe trifft Masse

Autor / Redakteur: Rüdiger Gohlke* und Sven Riedel* / Dr. Ilka Ottleben

Die Ionen-Mobilitäts-Spektrometrie (IMS) bietet bei Kopplung mit einem Time-of-Flight (TOF) Massenspektrometer eine Vielzahl an zusätzlichen Informationen, die ein Massenspektrometer allein nicht liefern könnte. So erlaubt diese Kombination, Isomere, Isobare und Konformere zu unterscheiden.

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Derzeit wird die Ionen-Mobilitäts-Spektrometrie als Analysenmethode vor allem für die Detektion von Drogen, Sprengstoffen und chemischen Kampfstoffen eingesetzt. Dabei werden radioaktive Substanzen, wie Nickel oder Tritium, für die Ionisation verwendet.

In Verbindung mit neuen Ionenquellen bietet sich jetzt allerdings die Möglichkeit, die Breite der zu analysierenden Stoffe auf flüchtige, nichtflüchtige, flüssige und feste Substanzen zu erweitern und dabei auf radioaktive Substanzen zu verzichten. Das IMS-TOF si@mass von GSG bietet mit den wählbaren Ionisationsquellen Corona-Discharge- (CDI) und Elektrospray-Ionisation (ESI) die Option, sowohl Gase als auch Flüssigkeiten mit sehr komplexen Matrices zu messen.

Das Prinzip von IMS-TOF-MS

Das Ionen-Mobilitäts-Spektrometer von GSG basiert auf dem Prinzip der sog. „Driftzeit“. Hierbei wandern Ionen mithilfe eines elektrischen Feldes durch ein Gas (Puffergas). Durch Kollisionen mit den Gasmolekülen werden die Ionen gebremst, wobei diese „Reibungskraft“ bei großen Molekülen stärker ist als bei kleinen. Aus diesem Grund bewegen sich kleine Ionen mit einer höheren Geschwindigkeit durch das Gas. Entsprechend verhält es sich bei unterschiedlich geladenen Molekülen mit gleicher Masse (einfach, zweifach, mehrfach geladen), die mit entsprechenden Geschwindigkeiten durch das elektrische Feld gezogen werden. Im elektrischen Feld nehmen die Ionen zwischen zwei Stößen Energie auf und geben sie bei einem Stoß wieder ab. Da dies sehr schnell geschieht, erreichen die Teilchen eine für sie charakteristische mittlere Geschwindigkeit (Driftgeschwindigkeit). Da diese Driftgeschwindigkeit aufgrund der Größe der Ionen unterschiedlich ist, lassen sich diese voneinander unterscheiden. Auf diese Weise sind auch Rückschlüsse auf die jeweilige Größe des entsprechenden Ions möglich. Abbildung 1 zeigt eine schematische Darstellung des IMS-TOFs mit einer Elektrospray Ionisationsquelle.

Die Quelle ist über ein ESI-Interface mit der Desolvations-Zelle verbunden, in der das Elektrospray-Lösungsmittel verdampft. Mithilfe eines Ionengitters (BN, Bradbury-Nielson-Gitter) werden dann die Ionen pulsweise in die Driftstrecke überführt. Hier werden die Ionen entsprechend ihrer Mobilität voneinander getrennt, sodass sie anschließend durch eine Lochblende ins Vakuum überführt werden können. Über ein spezielles Fokussierungssystem gelangen die geladenen Teilchen ins Reflectron-Time-of-Flight, welches die Ionen dann anhand ihres Masse/Ladungs-Verhältnisses separiert.

Zweidimensionale IMS-Spektren

Die Kombination des IMS mit einem TOF-MS liefert zwei zeitabhängige Spektren, die man in einem 2D-Spektrum vereinen kann (s. Abb. 2). Das 2D-Spektrum zeigt ein IMS von intrazellularen Metaboliten, welche aus einer E. coli-Kultur extrahiert wurden. In diesem Spektrum wurden mehr als 1000 Metabolite beobachtet, bei denen 42 Isobaren-Paare identifiziert werden konnten [1]. Dies ist erst durch die hohe zusätzliche Trennleistung des IMS möglich. Das Besondere an den 2D-Spektren ist, dass die Massenmobilität in Korrelation mit ihren entsprechenden m/z-Werten einen Zusammenhang zu bestimmten Klassen von Ionen aufweist, den sog.„Trendlinien“ (s. Abb. 3). Diese Selektivität erleichtert die Identifikation von Stoffen einer Substanzklasse. Selbst bei Klassen von Molekülen, bei denen die Struktur zu unähnlich ist, erhält man eine geringfügige Abweichung von den Trendlinien. Man spricht hier auch von einem „Schatteneffekt“.

Ein weiterer Vorteil des Ionen-Mobilitäts-Massenspektrometers si@mass TOF ist die Möglichkeit, Ionen einer bestimmten Mobilität zu fragmentieren. Dies ist durch Veränderung der Spannung an der Skimmerelektrode möglich, welche am Übergang vom Atmosphärendruck zum Vakuum sitzt. Die daraus resultierenden Spektren ähneln in ihrem Fragmentierungsmuster denen von CID-Spektren (Collision-Induced-Dissociation).

Fragmentierung von Ionen

Am Beispiel von 2,6-Di-tert-Butylpyridin (DtBP) wird die Fragmentierung veranschaulicht. Abbildung 4 zeigt ein Massenspektrum und das dazugehörige IMS-Spektrum mit gezielter Fragmentierung von DtBP. Im IMS ist es möglich, sich den zeitlichen Verlauf (Driftzeiten) aller Massen anzeigen zu lassen. In dem gegebenen Beispiel von DtBP sieht man den TIC (rote Linie), den Massenpeak von dem Molekül (blaue Linie) und die entsprechenden Fragmente (grüne Linien). Die Summe aus dem Massenpeak und den Fragmentpeaks ergibt in diesem Fall den TIC an der entsprechenden Driftzeit.

Der Auftrag der Mobilität gegen das Masse/Ladungs-Verhältnis aus Abbildung 4 ergibt den 2D-Plot in Abbildung 5. Hier ist veranschaulicht, dass bei der Fragmentierung von DtBP bis zu vier Methylgruppen abgespalten werden. Die Intensitäten sind abhängig von der Stabilität der Fragmentionen.

Zusammenfassung

Die Ionen-Mobilitäts-Spektrometrie gekoppelt mit einem Time-of-Flight Massenspektrometer stellt eine elegante und vielseitige Innovation in der Analytik dar. Zu den bisher verbreiteten massenspektrometrischen Methoden erhält man hier die Möglichkeit, neben dem Masse/Ladungs-Verhältnis oder dem Fragmentierungsmuster eines Moleküls auch Informationen über dessen Größe zu erhalten. Mit diesen zusätzlichen Informationen ist es möglich, Isomere, Isobare und Konformere zu unterscheiden. Eine hohe Selektivität ist durch das Auftreten von Trendlinien gegeben, was die Identifikation von Substanzen einzelner Stoffgruppen erleichtert. Durch die Kopplung unterschiedlicher Quellen wird eine große Flexibilität geboten, da so eine größere Breite an Substanzen, unabhängig der Aggregatzustände, analysiert werden kann. Die von GSG angebotenen Quellen bieten die Möglichkeit HPLC- und GC-Systeme an das IMS-TOF-MS anzuschließen. Auf diese Weise können noch mehr Informationen aus komplexen Chromatogrammen erhalten werden, ohne bestehende Methoden zu verändern.

[1] Abu B. Kanu, Prabha Dwivedi, Maggie Tam, Laura Matz, Herbert H. Hill Jr., J.Mass Spectrom., 2008, 43, 1-22.

*R. Gohlke, Dr. S. Riedel, GSG Mess- und Analysengeräte GmbH, 76646 Bruchsal

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