PwC-Umfrage zu Trends in der Chemiebranche Knowhow und Absatzräume werden eingekauft
Die Vorstandschefs der Chemieindustrie sehen in den kommenden Jahren eine Fülle von Herausforderungen auf sich zukommen. In einer Umfrage hat Pricewaterhouse Coopers Erfolgsfaktoren und Trends zusammengetragen.
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Frankfurt am Main – Laut jüngst veröffentlichtem „11th Annual Global CEO Survey 2008“ der Wirtschaftsprüfungsgesellschaft Pricewaterhouse Coopers (PwC) sehen CEOs der chemischen Industrie ihre Wachstumschancen skeptischer als Kollegen anderer Branchen. Zum einen sei die erdölabhängige Branche von steigenden Rohstoff- und Energiekosten ungleich mehr betroffen als andere Branchen. Zum anderen unterliege sie weltweit einer zunehmenden und immer komplexeren staatlichen Regulierung. Stärker als die Manager anderer Industriezweige sind die Vorstandsvorsitzenden der chemischen Industrie besorgt, dass die Umweltschutzgesetzgebung und die immer neuen Vorschriften zur Kohlendioxid-Minderung das Wachstum ihrer Unternehmen nachhaltig beeinträchtigen könnten.
Energie- und Rohstoffkosten sind ernsthafte Bedrohung
Selbst auf die relativ kurze Periode der nächsten zwölf Monate äußerten sich die befragten Chemie-Chefs skeptischer als ihre Kollegen. Nur 39 Prozent von ihnen äußern sich „sehr zuversichtlich“ über die Geschäftsentwicklung in diesem Zeitraum – über alle Branchen hinweg sind es weltweit immerhin 50 Prozent. „Die chemische Industrie erlebt einige Entwicklungen viel intensiver als andere Branchen“, erklärt Volker Booten dieses Phänomen. Es ist Partner von PwC in Deutschland und verantwortlich für die Bereiche Chemicals und Pharma. „Die Branche muss mit der Herausforderung umgehen, dass die immer teureren und absehbar knapperen Energieträger Erdöl und Erdgas gleichzeitig ihre wichtigsten Rohstoffe sind.“ Ein großer Teil der von PwC befragten CEOs hält die steigenden Energie- und mithin Rohstoffkosten für eine erhebliche Gefahr – 83 Prozent von ihnen sehen ihr künftiges Wachstum davon ernsthaft bedroht.
Wachstumsimpulse aus Innovationen
Während im Durchschnitt aller Branchen nur jeder dritte der von PwC befragten CEOs Sorgen oder sogar große Sorgen über die Auswirkungen des Klimawandels auf sein Unternehmen äußert, sind es in der Chemie fast 60 Prozent. Ein Viertel der Spitzenmanager der Branche sieht die Möglichkeit, mit Innovationen zur Eindämmung des Klimawandels künftiges Umsatzwachstum zu generieren. Ohnehin sind Innovationen für 42 Prozent der CEOs der Hauptansatzpunkt, künftiges Wachstum zu sichern. Und dies sogar sehr kurzfristig: Fast ein Drittel hält die Entwicklung neuer Produkte für einen der wichtigsten Wachstumstreiber in den kommenden zwölf Monaten.
Weitere Einflussfaktoren auf die Chemieindustrie
Aber auch über eine ganze Reihe anderer Einflussfaktoren machen sich die CEOs der Chemie größere Sorgen als ihre Kollegen aus anderen Industriezweigen:
- Wettbewerb aus Niedrigkosten-Ländern,
- Überregulierung,
- Schutz von Urheberrechten,
- rezessive Tendenzen in großen Volkswirtschaften
- Verfügbarkeit qualifizierter Mitarbeiter
Knowhow und Absatzräume werden eingekauft
Gerade die Mitarbeiter-Frage zählt für 95 Prozent der Befragten zu den Themen mit höchster Priorität. Und mehr als zwei Drittel der Chemie-Verantwortlichen befürchten, dass ein Mangel an Schlüssel-Kompetenzen das Unternehmenswachstum der Zukunft ernsthaft bedrohen könnte. Konsequenterweise hält es daher auch fast die Hälfte der befragten Vorstandschefs für eine sinnvolle Strategie, andere Firmen zu übernehmen, um auf diese Weise an die benötigte Expertise zu kommen. “Hier können wir bereits einen klaren Trend im Markt beobachten“, berichtet Dr. Volker Fitzner, verantwortlicher Partner des Bereichs Advisory für Chemicals und Pharma in Deutschland. „Etliche große Spieler kaufen gezielt kleinere, technologieorientierte Unternehmen auf, um das eigene Innovationstempo zu steigern.“ Ein anderes wesentliches Motiv der M&A-Tätigkeit ist es, neue Märkte zu erschließen, um damit Wachstum zu generieren. Für die Chemie steht Asien dabei im Vordergrund: 69 Prozent der Befragten planen, ihre M&A-Aktivitäten in dieser Region im kommenden Jahr auszuweiten. Ein zweiter Fokus der Übernahme-Pläne ist Nordamerika: Hier wollen 55 Prozent der Chemieunternehmen investieren. Den Nahen Osten haben hingegen nur 15 Prozent der Chemiefirmen im Visier.
Überregulierung als Wachstumsbremse
Als wachsende Gefahr sehen die Chemiechefs die Überregulierung. Dass sie das künftige Wachstum bedrohen könnte, glauben immerhin 61 Prozent der befragten CEOs. Beispielsweise die europäische Verordnung zur Erfassung, Bewertung und Zulassung von Chemikalien (REACH) habe bereits für spürbare Kostensteigerungen gesorgt. Ebenso das von der UN entwickelte „Globally Harmonised System“ (GHS) zur Klassifizierung und Auszeichnung von Chemikalien. Und in den USA lege der Heimatschutz den Chemieherstellern zusätzliche Lasten auf – sie müssen ihre Fabriken und Transportketten gegen Terrorismus absichern.
Fazit: Als Gegengewicht zu all den Belastungen aus Umweltschutz, Ölverteuerung und staatlicher Regulierung bleibe den Chemieunternehmen vor allem die permanente Innovation nicht nur ihrer Produkte, sondern auch aller Abläufe und Verfahren, zieht Fitzner sein Fazit. Und trotz des Wettbewerbs in der Branche, der sich durch neue Wettbewerber zum Beispiel in den Ölförderländern noch permanent verschärfe, müssten die Chefs versuchen, auf möglichst vielen Gebieten – innerhalb der chemischen Industrie, aber auch mit den nachgelagerten Anwendern – enger zusammenzuarbeiten.
PwC hatte in der Umfrage „11th Annual Global CEO Survey 2008“ insgesamt 1150 Vorstandsvorsitzende aus 50 Ländern, davon 41 aus der Chemieindustrie, befragt.
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