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Bienenforschung Koffeingedopte Bienen? Nicht in Südamerika

Redakteur: Christian Lüttmann

Kaffee macht süchtig – und manchmal sogar Bienen gefügig. Zumindest nutzen einige Pflanzen die anregende Wirkung von Koffein, um sich Bienen gefügig zu machen und zu besonders eifriger Bestäubungsarbeit hinreißen zu lassen. Nun haben Forscher untersucht, ob dies auch bei stachellosen Bienen in Ländern mit Jahrhunderte alter Kaffeeanbau-Tradition gelingt.

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Eine stachellose Biene der Art Plebeia droryana besucht die Blüten von Euphorbia milii
Eine stachellose Biene der Art Plebeia droryana besucht die Blüten von Euphorbia milii
(Bild: Christoph Grüter, JGU)

Mainz – In Europa kennen wir vor allem die Westliche Honigbiene (Apis mellifera), die einen Stachel zu ihrer Verteidigung besitzt. Sie leben wie viele Bienenarten hochsozial als Volk in einem Bienenstock und sammeln Honig für sich und die Ernährung ihrer Nachkommen. Dabei sorgen sie quasi nebenbei dafür, zahlreiche Blütenpflanzen zu bestäuben und deren Verbreitung zu sichern.

Manche Pflanzen machen aus der Symbiose „Nektar gegen Bestäubung“ allerdings ein krummes Geschäft. Sie fügen ihrem Nektar extra Koffein oder andere sekundäre Pflanzenstoffe zu, um die Bestäuber zu manipulieren. Bei westlichen Honigbienen und Hummeln geht dieser Plan auf: Sie sind aktiver und erhöhen so die Befruchtung der Pflanzen – sind dabei aber mitunter so übereifrig, dass sie auch minderwertigeres Futter bereitwillig sammeln und so sich selbst oder der Kolonie schaden.

Koffeinrausch an der Pflanzenblüte

Der Naturstoff Koffein ist nicht nur in Kaffeebohnen enthalten, sondern auch in verschiedenen anderen Gewächsen wie Tee- oder Zitruspflanzen und hat bekanntermaßen eine anregende Wirkung auf das Nervensystem – auch bei Honigbienen. Wenn sie Koffein erhalten, steigt ihre Motivation und ihre Sammeltätigkeit: Sie trinken mehr Nektar, ihre Lernleistung verbessert sich, die suchen die Blüten häufiger auf und schicken öfter andere Bienen zu der Futterquelle.

Die erhöhte Aktivität der Koffein-gedopten Honigbienen kann sich längerfristig allerdings negativ auf die Kolonie auswirken. Denn die Pflanzen, die mit koffeinhaltigem Nektar locken, investieren selbst möglichst wenig Energie in Nektar und Pollen. Sie verschleiern sozusagen die minderwertige Qualität ihrer Ware unter dem Deckmantel eines anregenden Koffeinrausches. Die überaktiven Bienen führen dann mitunter ihre Nestgenossinnen über den Schwänzeltanz zu dieser Futterquelle, obwohl sie verglichen mit anderen Pflanzen weit weniger Zucker bietet.

Brasilianische Bestäuber untersucht

Dr. Christoph Grüter von der Johannes Gutenberg-Universität Mainz (JGU) und sein Team haben nun erstmals untersucht, ob auch stachellose Bienen auf Koffein reagieren. Stachellose Bienen kommen vorwiegend in den Tropen und Subtropen vor. Für die Studie, die in Kooperation mit der Goethe-Universität Frankfurt und der brasilianischen Universität von São Paulo erfolgte, haben sie eine von über 400 verschiedenen Arten stachelloser Bienen in Mittel- und Südamerika ausgewählt: Plebeia droryana, eine kleine Biene von der Größe einer Gartenameise, die im Süden Brasiliens heimisch ist.

Die untersuchte P. droryana gilt als ein typischer Bestäuber von Kaffee. „Kaffeepflanzen können zwar auch ohne Bestäubung Samen ausbilden, die Bestäubung erhöht allerdings den Ertrag“, erklärt Tianfei Peng, Doktorand in Grüter Arbeitsgruppe und Erstautor der Studie. „Weil Kaffeebüsche Pollen und Nektar produzieren, werden sie von den Bienen recht gerne aufgesucht.“ Die Bienen verpacken den Pollen in kleinen „Taschen“ an ihren Hinterbeinen und transportieren ihn zurück ins Nest. Den Nektar speichern sie im Sozialmagen – wie es Honigbienen auch tun.

Feldversuch auf Kaffeeplantage

Zunächst hat das Biologenteam stachellose Bienen auf einer ehemaligen Kaffeeplantage in der Nähe von São Paulo darauf trainiert, Zuckerlösung von einem Futterspender aufzunehmen. Dann haben die Forscher den Insekten eine Zuckerlösung mit und ohne Koffein angeboten, wobei die Konzentration der Stimulanz dem natürlichen Koffeingehalt von brasilianischen Kaffeepflanzen angepasst war.

Ein Teil der kleinen, nur drei Millimeter langen Tiere wurde mit Farbe markiert, um sie wiederzuerkennen und ihr Verhalten zu verfolgen: Wie häufig kommen sie zur Futterquelle zurück? Wie schnell sammeln sie das Futter? Werden die Nestgenossinnen informiert? Stachellose Bienen verfügen zwar nicht über den Schwänzeltanz, aber sie können auf eine andere Art, die noch nicht genau bekannt ist, kommunizieren, möglicherweise über Pheromonspuren oder Vibrationsgeräusche.

Unbeeindruckt von Koffein

Die Ergebnisse des Teams zeigen, dass sich die stachellosen Bienen nicht so leicht vom Koffein verführen lassen wie ihre europäischen Artgenossen. „Wir konnten bei keiner Messung einen Effekt von Koffein feststellen“, fasst Grüter zusammen. „Die Bienen kamen gleichermaßen zu den Futterspendern, auch wenn sie kein Koffein vorfanden. In unserer Studie ließen sich die Tiere durch Koffein nicht austricksen.“

Weshalb sich stachellose Bienen von Koffein nicht verführen lassen, ist vielleicht ein Gewöhnungseffekt: P. droryana könnte im Laufe der Zeit eine Toleranz gegenüber Koffein entwickelt haben. Immerhin wird in Brasilien seit fast 300 Jahren Kaffee kultiviert. Oder aber es bestehen noch nicht näher beschriebene physiologische Unterschiede zwischen stachellosen Bienen und anderen Gruppen.

Wählerisch sind auch stachellose Bienen

Dass die stachellosen Bienen durchaus Unterschiede bei der Futtersuche machen, zeigte ein anderer Versuch: Boten die Biologen den Tieren Lösungen mit unterschiedlich hoher Zuckerkonzentration an, dann wählten mehr Bienen die Zuckerlösung mit der höheren Konzentration – also das höherwertige Futter.

Als nächstes wäre es laut Grüter interessant zu erforschen, wie sich stachellose Bienen in einer Region ohne Kaffeetradition verhalten, beispielsweise in Australien.

Originalpublikation: T. Peng et al.: Resource profitability, but not caffeine, affects individual and collective foraging in the stingless bee Plebeia droryana, Journal of Experimental Biology, 13. Mai 2019; DOI: 10.1242/jeb.195503

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