Kohlendioxid Kohlendioxid bildet unter hohem Druck neue Materialien
Studien in einem virtuellen Labor haben ergeben, dass aus dem Gas Kohlendioxid bei hohem Druck ein Festkörper mit geordneten Molekülstrukturen entstehen kann.
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Bochum – Bei Atmosphärendruck und normalen Temperaturen liegt Kohlendioxid als Gas vor. Bei hohem Druck wird Kohlendioxid fest und dient z.B. als Trockeneis zur Kühlung in der Lebensmittelproduktion und -lagerung. Bei steigenden Drücken und unterschiedlichen Temperaturen verändern sich die Interaktionen zwischen den einzelnen Molekülen dramatisch, was zu verschiedenen Polymer-Kristallstrukturen führt, die neue physikalische Eigenschaften wie Superhärte aufweisen.
Computersimulation wirft neues Licht auf experimentelle Ergebnisse
Einer Forschergruppe um Dr. Jian Sun, der zurzeit als Humboldt-Stipendiat am Lehrstuhl für Theoretische Chemie unter der Leitung von Prof. Dr. Dominik Marx arbeitet, ist es gemeinsam mit Chemikern aus Kanada, Italien, der Slovakei und den USA jetzt gelungen, neue Einsichten in dieses Forschungsfeld zu gewinnen. Sie nutzten eine neue Computersimulation in Kombination mit quantenmechanischen Berechnungen. Sie fanden heraus, dass sich ein molekularer Festkörper, Kohlendioxid-II genannt, bei 60 GPa und 600 Kelvin in eine geschichtete Polymerstruktur verwandelt.
Die gute Übereinstimmung ihrer Berechnungen mit der Röntgenstrukturanalyse und anderen experimentellen Daten führte die Forscher zu neuen Interpretationen älterer experimenteller Ergebnisse. So nehmen sie an, dass die kürzlich experimentell entdeckte dichte Phase VI, die sie zunächst für eine ungeordnete Struktur gehalten hatten, stattdessen das Ergebnis einer unvollständigen Umwandlung der molekularen Phase in die geschichtete Polymerstruktur ist. Zusätzlich konnten sie voraussagen, dass eine neue, Kristobalit-artige Kohlendioxid-Form wie sie in Kieselerde zu finden ist, über einen Zwischenzustand bei 80 GPa und Temperaturen unter Raumtemperatur aus Kohlendioxid-III gebildet wird. Defekte im Kristall werden mit steigenden Temperaturen häufiger. Bei Temperaturen über Raumtemperatur nimmt Kohlendioxid schließlich amorphe Formen an wie auch schon in früheren Experimenten beobachtet wurde.
Unbekannte Umwandlungsprozesse von Kohlendioxid enthüllt
Die Ergebnisse aus molekulardynamischen Computersimulationen enthüllen nach Angaben der Forscher bislang unbekannte mikroskopische Umwandlungsprozesse und zeigen die Verwandlung eines molekularen Festkörpers, in dem es nur intramolekulare Bindungen gibt, in eine Polymerstruktur. Die Umwandlungen finden bei Drücken statt, die natürlicherweise im Erdmantel vorkommen, wo große Mengen oxidierten Kohlenstoffs vorliegen, entweder als Karbonate oder in flüssiger Form. Die starken und abrupten Veränderungen der Bindungseigenschaften sehen die Forscher in ihrer Arbeit als ein Hinweis auf mögliche Unregelmäßigkeiten der Kohlenstoffchemie im Erdmantel.
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