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Grenzen der Wasseraufbereitung Kontrastmittel im Flusslauf – eine vermeidbare Verschmutzung

Von Alexandra Frey*

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Aus einem Krankenhaus kommen im besten Fall gesunde Menschen heraus. Die Abwässer aus den Kliniken sind jedoch besonders ungesund: belastet mit Medikamentenrückständen, müssen sie speziell aufbereitet werden. Trotzdem gelangen bestimmte Stoffe in den Wasserkreislauf – etwa Gadolinium-haltige Kontrastmittel. Eine Strategie dagegen haben nun Forscher der Universität Wien vorgestellt.

Durch die Umstellung auf Notbertieb nahm die Anzahl der MRT-Untersuchungen drastisch ab - und damit verbunden auch der Gadoliniumeintrag in unsere Gewässer.
Durch die Umstellung auf Notbertieb nahm die Anzahl der MRT-Untersuchungen drastisch ab - und damit verbunden auch der Gadoliniumeintrag in unsere Gewässer.
(Bild: Zentrum für Mikrobiologie und Umweltsystemwissenschaften, Universität Wien)

Wien/Österreich – In den meisten Ländern wird Trinkwasser aus Flusswasser oder Uferfiltrat gewonnen. Bevor es zum Konsum geeignet ist, muss es allerdings aufgereinigt werden. Denn in dem Wasser können verschiedenste Schadstoffe enthalten sein – von gesundheitsschädlichen Mikroorganismen bis hin zu Rückständen von Pflanzenschutzmitteln oder Medikamenten. So kann es beispielsweise vorkommen, dass Gadolinium-Verbindungen aus Kontrastmitteln bei MRT-Untersuchungen ins Abwasser und schließlich ins Trinkwasser gelangen. Diese Substanzen können derzeit weder technisch noch chemisch in Kläranlagen aufgefangen werden. Wird das solches MRT-Kontrastmittel im Trinkwasser nachgewiesen, gibt das auch Hinweise darauf, wie hoch der Anteil an geklärtem Abwasser im Trinkwasser ist. Gadolinium-Verbindungen fungieren somit als Indikator für die Wasserqualität.

Der Corona-Lockdown im Abwasser: weniger Gadolinium gefunden

Im Abwasser ließ sich anhand des Gadolinium-Gehalts auch der Verlauf der Corona-Pandemie verfolgen: Durch die Umstellung des Krankenhausbetriebes auf eine Notfallsituation wurden viele Routineuntersuchungen nicht mehr durchgeführt und die Anzahl der MRT-Untersuchungen nahm drastisch ab. Dies führte zu einem deutlich verringerten Gadolinium-Eintrag in die Gewässer. Thilo Hofmann und Robert Brünjes vom Zentrum für Mikrobiologie und Umweltsystemwissenschaften der Universität Wien haben dies untersucht, um den komplexen Zusammenhang zwischen Flusswasser, Abwasser und Trinkwasser besser zu verstehen.

In ihrer Publikation zeigen die Wissenschaftler einerseits, dass Gadolinium-haltiges MRT-Kontrastmittel entgegen bisheriger Auffassung sehr wohl zerfallen kann. Weiterhin präsentieren sie eine einfache Methode, mit der man verhindern kann, dass Gadolinium überhaupt ins Abwasser und dadurch ins Trinkwasser gelangt.

UV-Behandlung kann Gadolinium freisetzen

Ob und wie Gadolinium-Verbindungen zerfallen, hängt einerseits von den physiochemischen Bedingungen ab und andererseits davon, an welche organische Liganden Gadolinium gebunden ist. In manchen Regionen ist es üblich, das Trinkwasser vor Verwendung noch mit UV-Licht zu bestrahlen, um Keime abzutöten. Was gut gegen Keime wirkt, birgt im Fall des MRT-Kontrastmittels jedoch eine mögliche Gefahr für den Menschen: Die UV-Behandlung direkt vor dem Konsum, also beim Verbraucher, begünstigt die Aufsprengung der ansonsten sehr stabilen Gadolinium-Verbindungen. Dadurch könnte Gadolinium vom Menschen durch das Trinkwasser aufgenommen werden. Das chemische Element lagert sich im Körper an, die Auswirkungen auf die Gesundheit sind noch nicht vollständig erfasst.

Urinsammlung als Ausweg

Die Wasserversorger stehen also vor einem Problem, welches sie weder verursacht haben noch alleine lösen können. „Da es technisch und chemisch bisher keine Möglichkeiten gibt, Gadolinium-Verbindungen in Kläranlagen zurück zu halten, muss verhindert werden, dass diese überhaupt ins Abwasser gelangen“, erklärt Hofmann. Sein Vorschlag: Der Urin von Patienten, die ein Gadolinium-haltiges MRT-Kontrastmittel injiziert bekommen haben, muss mindestens 24 Stunden lang gesammelt statt mit dem Toilettenabwasser entsorgt werden. So lange braucht es, bis das Gadolinium weitgehend vom Menschen wieder ausgeschieden wird. In der Praxis ist das Sammeln des Urins mit Trockenabsorbern möglich, die auf einem ähnlichen Prinzip beruhen wie Wegwerfwindeln für Kinder.

Aus dem gesammelten Urin lässt sich anschließend sogar das Gadolinium extrahieren und wiederverwenden. So ließe sich die Gadolinium-Gewinnung, welche durch aggressives Auslaugen der Seltenen Erden im Bergbau erfolgt, sukzessive verringern.

Originalpublikation: R. Brünjes, T. Hofmann: Anthropogenic gadolinium in freshwater and drinking water systems, Water Research, Volume 182, 1 September 2020, DOI: 10.1016/j.watres.2020.115966

* A. Frey, Universität Wien, 1010 Wien/Österreich

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