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Optische Pinzetten Kraftmessung in nanoskopischen Dimensionen mit optischen Pinzetten

Autor / Redakteur: Steffen Arnold* und Ellen-Christine Reiff** / Dipl.-Chem. Marc Platthaus

Untersuchungen von Wechselwirkungen und Kräften auf dem Niveau von Einzelmolekülen sind für die unterschiedlichsten Forschungsrichtungen interessant, da sich mit ihrer Hilfe viele Informationen über chemische und mechanische Eigenschaften oder biologische Funktionen gewinnen lassen. Wie so genannte optische Pinzetten hierbei helfen, lesen Sie in diesem Beitrag.

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Die Detektion einzelner Moleküle ist alles andere als trivial: Selbst moderne Hochleistungsmikroskope stoßen spätestens dann an ihre Grenzen, wenn sich die zu untersuchenden Faktoren dem direkten Blick entziehen. Das ist beispielsweise der Fall, wenn die Reaktionen einzelner Moleküle auf bestimmte zeitliche Verläufe oder Kräfte untersucht werden sollen. Hierfür wurden spezielle Verfahren entwickelt, z.B. Rasterkraft-Mikroskope oder so genannte optische Pinzetten. Letztere können mithilfe eines Laserstrahls kleinste Objekte greifen, führen und manipulieren.

Die optische Pinzette (engl. Laser Tweezers, Optical Tweezers) besteht im Prinzip aus einem leistungsstarken Laser und einer Anordnung optischer Linsen (s. Abb. 2). Durch geeigneten Aufbau des Strahlengangs lässt sich so eine in drei Dimensionen bewegliche „Falle“ erzeugen. Mit dieser ist es möglich, Objekte mit Größen im Nano- oder Mikrometerbereich quasi zu fangen, zu halten und gegenüber anderen Objekten definiert zu bewegen, und das alles lediglich mithilfe von Licht. Ist beispielsweise ein Polystyrol-Kügelchen, ein so genanntes Bead, im Laserstrahl gefangen, kann der am Bead angelagerte Teil einer Probe durch Bewegen des Laserstrahls manipuliert werden; das Bead versucht im Fokus zu bleiben. Wird es dabei von der Probe gehindert und wandert aus dem Fokus, kann man über die Streuung des Laserstrahls die entstehenden Kräfte messen und analysieren. Aufgrund solcher Daten sind Wissenschaftler dann beispielsweise in der Lage, auf Nanometer-Ebene zu untersuchen, wie Viren und Bakterien in eine Zelle eindringen.

Laser Tweezers: kontaktlos und dreidimensional messen

Da das Verfahren lediglich den Strahlungsdruck des Lichts nutzt, gibt es keinen direkten Kontakt mit der Probe. Damit wird das Risiko einer Kontaminierung der Probe ausgeschlossen. Sterilität ist gewährleistet, die Proben können manipuliert werden, ohne sie zu beschädigen, und es lassen sich sehr kleine Kräfte im Nano- oder Pico-Newton-Bereich messen. Gegenüber Rasterkraft-Mikroskopen bietet die optische Pinzette dabei vor allem den Vorteil, dass Betrachtungen nicht nur in Richtung der z-Achse, sondern in allen drei räumlichen Dimensionen möglich sind und man Experimente interaktiv durchführen kann.

JPK Instruments aus Berlin ist das erste Unternehmen, das ein serienreifes Laser-Tweezers-System auf den Markt brachte, das eine zeitaufgelöste Detektion einzelner Moleküle ermöglicht und aufgrund umfangreicher Software viele der mathematisch komplexen Analysemethoden direkt unterstützt [1]. Mit dem Nano-Tracker (s. Abb. 1) kann der Anwender Teilchen von der Größe mehrerer Mikrometer bis hin zu 30 nm kontrollieren und manipulieren. Die entsprechenden Proben, z.B. ganze (lebende) Zellen oder auch einzelne Moleküle lassen sich in Echtzeit mit Nanometer-Präzision beobachten (s. Abb. 3). Das System ermöglicht genaue quantifizierbare und reproduzierbare Messungen unterschiedlichster Partikel- bzw. Zell-Interaktionen.

Nanopositioniersystem erhöht die Genauigkeit weiter

Während der Messung von Kräften ist es prinzipiell möglich, die Manipulation nur über die Steuerung der Fallen zu gestalten, und somit die Laserstrahlstreuung auszuwerten. „Für etliche Applikationen reicht dies allerdings nicht aus,“ erläutert Dr. Joost van Mameren, Applikationswissenschaftler bei JPK. „Wenn beispielsweise während einer Untersuchung mit konstanter Geschwindigkeit verfahren wird, integrieren wir in unsere Nano-Tracker ein piezobasiertes dreiachsiges Nanopositioniersystem. Die kleinen Störsignale, die bei reiner Fallensteuerung durch die Bewegung bei der Optikablenkung auftreten könnten, lassen sich so ausschließen“, sagt Dr. van Mameren. Außerdem bietet das Positioniersystem die Möglichkeit, auch im Laufe eines Experiments bei Bedarf den optischen Fokus in Richtung der z-Achse zu verschieben. Die Optik zu diesem Zweck zu manipulieren sollte man vermeiden, denn Messfehler durch Störsignale wären dann vorprogrammiert. Darüber hinaus ermöglicht das Nanopositioniersystem eine Kalibration des Laser Tweezers für eine höhere Positioniergenauigkeit. Bei der Auswahl des Nanopositioniersystems hat sich JPK für ein piezobasiertes Nanopositionsystem (s. Abb. 4) von Physik Instrumente (PI) aus Karlsruhe entschieden. „Das parallelkinematische System arbeitet mit Wiederholgenauigkeiten im Nanometerbereich bei Ansprechzeiten unterhalb einer Millisekunde und passt mit einem Stellweg von 100 x 100 x 100 µm perfekt für die Anforderungen unserer Anwendung. Außerdem erweist es sich als sehr zuverlässig und überzeugt durch seine Langlebigkeit“, führt Dr. van Mameren weiter aus.

Parallelkinematik und Direktmetrologie ermöglichen hohe Bahntreue

Die treibende Kraft der in den optischen Pinzetten eingesetzten hochdynamischen parallelkinematischen Nanopositioniersysteme sind Piezoaktoren. Diese Piezoaktoren wandeln elektrische Spannung direkt in mechanische Auslenkung und umgekehrt. Dabei können typischerweise Stellwege von einigen hundert Mikrometern und hoher Dynamik mit Frequenzen bis zu mehreren hundert Hertz erreicht werden. Da die Bewegung auf kristallinen Effekten beruht, können Bewegungen bis in den Bereich einzelner Nanometer aufgelöst werden.

Für eine optimale Übertragung der Antriebskräfte sorgen computerberechnete reibungsfreie Festkörpergelenkführungen. Sie erlauben optimierte Steifigkeit und Ablaufgenauigkeiten. Letztere werden durch die aktive Führung noch verbessert: Der gemeinsame Einsatz von Parallelkinematik und paralleler Direktmetrologie ermöglicht bei dem mehrachsigen Nanopositioniersystem jederzeit ein gleichzeitiges Messen aller Freiheitsgrade gegenüber einer gemeinsamen festen Referenz. Ein ungewolltes Übersprechen der Bewegung z.B. durch externe Krafteinwirkung in eine andere Achse kann so detektiert und in Echtzeit aktiv ausgeregelt werden. Das ermöglicht eine hohe Bahntreue im Nanometerbereich, auch bei dynamischem Betrieb. „Dazu tragen entscheidend die im Nanopositioniersystem integrierten kapazitiven Sensoren bei. Sie messen die Position direkt und berührungslos. Weder Reibung noch Hysterese beeinträchtigen die Messung, wodurch in Kombination mit der Positionsauflösbarkeit von weit unter einem Nanometer ausgezeichnete Linearitätswerte erreicht werden,“ hebt Dr. van Mameren die Vorteile hervor.

Untersuchung von Kinesinmolekülen an Mikrotubuli

Eine typische Applikation, bei denen das Nanopositioniersystem eingesetzt wird, findet sich bei Untersuchungen des Proteins „Kinesin“. Kinesin bezeichnet eine Gruppe von so genannten Motorproteinen, die wesentlich am intrazellulären Transport von biologischen Materialien wie Chromosomen bei der Zellteilung, Vesikel und Zell-organellen beteiligt sind. Bei dem Experiment hängt das Motorprotein an einem in der Falle gefangenen Polystyrol-Kügelchen und wird einem Mikrotubulus, einem röhrenförmigen Proteinfilament angenähert. Die Probe wird vom Nanopositioniersystem entsprechend den Testvorgaben auf den Nanometer genau positioniert und verfahren. Der Nano-Tracker kann nun gleichzeitig Position und Kräfte messen, während sich das Kinesinmolekül auf dem Mikrotubulus entlang bewegt. Auf diese Weise eröffnet das System viele neue Möglichkeiten im Rahmen von biomechanischen Studien.

Literatur

[1] Steven Block, Single-Molecule Biophysics 2009 Editorial, Curr. Pharm. Biotech. 10 (5): 464-466 (2009)

*S. Arnold, Physik Instrumente (PI) GmbH & Co. KG, 76228 Karlsruhe/Palmbach**E.-C. Reiff, M.A., Redaktionsbüro Stutensee, 76297 Stutensee

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