Forscher haben eine neue Tomatensorte erzeugt, die hohe Mengen des antioxidativ wirkenden Farbstoffes Betanin aus der Roten Bete erzeugt. Die Tomaten haben daher eine tief purpurrote Farbe. Wenngleich diese Frucht auch zum Verzehr geeignet ist, war der eigentliche Grund für deren Herstellung ein anderer.
Violette Tomaten im Vergleich zu einer nicht veränderten Frucht (Mitte).
(Bild: Sylvestre Marillonnet, IPB)
Halle/Saale – Forschende des Leibniz-Instituts für Pflanzenbiochemie (IPB) haben jüngst mit Genetic Engineering-Methoden violette Tomaten hergestellt. Dafür schleusten sie die für die Biosynthese von Betanin benötigten Gene in die Pflanzen ein und aktivierten sie in den reifenden Früchten.
Betanin ist ein natürlicher Lebensmittelfarbstoff der Roten Beee, der ursprünglich nicht in Tomaten gebildet wird. Diese Art der Erzeugung von Wirkstoffen in eigens dafür entwickelten pflanzlichen Produktionssystemen wird in Zukunft vor allem bei der c eine große Rolle spielen. Bereits jetzt forscht man intensiv an der Produktion von Impfstoffen und Antikörpern in der Pflanze.
Neue Tomatensorte als Nebenprodukt
Das Hauptziel dieser Studie war demnach nicht in erster Linie eine neue Tomatensorte zum Verzehr, sondern vielmehr die Weiterentwicklung der Genetic Engineering-Methoden, die sich mit der Produktion eines gut sichtbaren Farbstoffes sehr viel einfacher analysieren lassen. Denn Pflanzen sind zwar effektive, aber sehr komplizierte Produktionssysteme. Sie verfügen über viele Regulationsmechanismen, die die gesamte Biosynthese der zu produzierenden Substanz mitunter drosseln können. „Diese komplexen Rückkopplungen sind bisher kaum verstanden“, sagt der Leiter der Studie Sylvestre Marillonnet. „Hier bedarf es noch viel Forschungsarbeit“.
Mehr Betanin als in Roter Bete
Auch im Falle von Betanin musste lange vorgeplant und nachjustiert werden, um die Tomaten zur gewünschten Syntheseleistung zu animieren. So haben die Hallenser Wissenschaftler nicht nur die drei für die Betaninproduktion erforderlichen Biosynthesegene in die Tomatenpflanzen gebracht, sondern zusätzlich noch mehrere genetische Schalter, mit denen die eingeschleusten Gene nur in den Früchten und alle gleichzeitig exakt zur Reifezeit aktiviert werden konnten. Dennoch war die Betaninproduktion in den Früchten zunächst gering. Erst durch das Einbringen eines vierten Gens, das für die Bereitstellung eines wichtigen Ausgangsstoffes sorgte, konnte die Biosynthese des Farbstoffes nachhaltig gesteigert werden. So entstanden tief purpurfarbene Tomaten, die sogar mehr Betanin enthalten als Rote Bete.
Erste Experimente zum Färben von Joghurt und Flüssigkeiten mit Tomaten-Betanin. Der Farbstoff lässt sich auch lokal begrenzt in den Blättern produzieren (rechts).
(Bild: Sylvestre Marillonnet, IPB)
Die Studie der Hallenser Wissenschaftler liefert zunächst einen wichtigen Erkenntnisgewinn zu gentechnischen Methoden, „dennoch“, führt Marillonnet weiter aus, „wären diese Tomaten auch zum Verzehr geeignet und hätten sogar einen gesundheitsfördernden Effekt“. Denn wie viele Farbstoffe wirkt auch das Betanin stark antioxidativ. Zudem könnten die lila Früchte auch als Quelle des Lebensmittelfarbstoffes Betanin dienen. Erste Versuche Joghurt und Limonade mit Tomaten-Betanin zu färben verliefen vielversprechend.
Herstellung von Medikamenten in Tomaten
Am IPB werden neben dem Genetic Engineering – der Stoffproduktion in Pflanzen - alle gängigen Verfahren zur Gewinnung von pflanzlichen Wirkstoffen intensiv erforscht. Dazu gehören sowohl die klassischen organischen Synthesen, als auch die Entwicklung von biotechnologischen Methoden, bei denen man die gewünschten Produkte von Bakterien oder Hefen erzeugen lässt. Auch das noch relativ junge und vielversprechende Verfahren der Biokatalyse wird am Institut bearbeitet.
Hintergrund: Wie man an (pflanzliche) Wirkstoffe kommt
Pflanzen produzieren eine Vielzahl an Substanzen, die man nicht nur als Grundlage für Medikamente nutzt, sondern auch als Antioxidantien zur Haltbarmachung von Lebensmitteln, als Farb- und Aromastoffe für die Lebensmittelindustrie oder als Duftstoffe für die Parfümherstellung.
Die effiziente Produktion dieser wirtschaftlich wichtigen sekundären Pflanzenstoffe hat im Laufe des letzten Jahrhunderts zur Bildung ganzer Wissenschafts- und Industriezweige geführt. Man begann zunächst leistungsfähige Total- und Partialsynthesen zu entwickeln, mit denen man unabhängig von klimatischen Faktoren wichtige Wirkstoffe, wie diverse Vitamine, Antibiotika, Schmerz- oder Antikrebsmittel herstellen konnte.
Bei komplizierten Verbindungen scheitert die Synthese jedoch an zu vielen Reaktionsstufen und damit zu geringen Ausbeuten. Mit der Etablierung des neuen Forschungszweiges der Pflanzenbiochemie Mitte der 1950er Jahre begannen Wissenschaftler die Biosynthesewege von interessanten Naturstoffen innerhalb der Pflanzen aufzuklären. Sie fanden nicht nur heraus, welche Reaktionsschritte von welchen Ausgangsstoffen zu welchen Endprodukten führten; sie entdeckten auch die Vielzahl der Enzyme, mit denen die Pflanze diese Reaktionen durchführt und nicht zuletzt die Gene, die für diese Biosynthese-Enzyme codieren. Das führte zur Entwicklung von biotechnologischen Verfahren zur Wirkstoffproduktion.
Bei klassischen biotechnologischen Methoden werden die Biosynthese-Gene aus dem pflanzlichen Ursprungsorganismus isoliert und in Bakterien oder Hefen gebracht. Der Mikroorganismus schreibt dann die Gene eigenständig in Enzyme um und produziert mit denen die gewünschte Substanz in großen Mengen. Aber auch dieses Verfahren ist nur begrenzt machbar, denn Hefen und Bakterien können bestimmte Enzyme aus höheren Organismen nicht korrekt herstellen. Aus diesem Grund werden gentechnische Methoden ständig weiterentwickelt, um sie in Pflanzen und anderen höheren Organismen einzusetzen.
Stand vom 15.04.2021
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Hier werden die Gene von pflanzlichen Biosyntheseenzymen gentechnisch in Mikroorganismen modifiziert, sodass neue Enzyme mit gewünschten Eigenschaften entstehen. Diese neuen Enzyme nutzt man dann, um im Reagenzglas neue Synthesen von begehrten Produkten zu designen. Die Wahl des Verfahrens hängt von der strukturellen Beschaffenheit der zu produzierenden Substanz ab. Manche der pflanzlichen Wirkstoffe, wie das Morphin und andere Schlafmohnalkaloide, sind so komplex aufgebaut, dass man sie am wirtschaftlichsten noch immer aus der Pflanze selbst gewinnt.