Polysaccharide Maßgescheiderte Zuckermoleküle aus dem Labor
Forscher aus Würzburg und Braunschweig haben entschlüsselt, wie ein bestimmtes Enzym in der Natur große Zuckermoleküle baut. Mit diesem Wissen können sie jetzt maßgeschneiderte Polysaccharide herstellen, die in der Lebensmittelindustrie als Präbiotika Verwendung finden könnten.
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Würzburg, Braunschweig – Jürgen Seibel, Professor für Organische Chemie an der Universität Würzburg ist es mit Unterstützung von Chemikern und Biologen der Universität Würzburg, der TU Braunschweig und des Helmholtz-Zentrums für Infektionsbiologie (Braunschweig) gelungen, entscheidende Details des Aufbaus der Zuckerverbindung Levan aufzudecken.
Lange Zuckerketten – Chemiker sprechen von Polysacchariden – übernehmen in Pflanzen, Mikroorgansimen und Menschen entscheidende Funktionen. In bestimmten Konfigurationen, zu denen auch Levan gehört, sind sie auch für Bakterien lebensnotwendig. Sie unterstützen deren Wachstum und sind damit beispielsweise indirekt am Aufbau einer gesunden Darmflora beteiligt. Im Gegenzug stehen sie auch in der Verantwortung, wenn Bakterien einen Biofilm bilden und sich zur gefürchteten Plaque an Zähnen und Zahnfleisch zusammenballen. Fehlen dies Zuckerverbindungen, können sich andererseits krankheitserregende Bakterien nicht vermehren.
Levansucrase verknüpft 2000 Moleküle pro Sekunde
„Verantwortlich für den Aufbau von Fruktanen des Levan-Types ist ein extrazelluläres bakterielles Enzym, die Levansucrase“, erklärt Jürgen Seibel. Dieses Enzym setzt die Glukose aus dem Zucker Saccharose frei und fügt die frei gewordenen Reste zu Levan zusammen. Dabei hat es nicht schlecht zu tun: Levan besteht aus immerhin 16000 Fructose-Einheiten. Allerdings war bislang unklar, wie das Enzym diese Leistung vollbringt.
„Uns ist es erstmals gelungen, auf der Oberfläche des Enzyms für das Kettenwachstum verantwortliche Abschnitte und Aminosäuren zu identifizieren, die mit dem wachsenden Polymer wechselwirken“, sagt Seibel. Fasziniert ist der Chemiker von der Geschwindigkeit, mit der das Enzym seine Arbeit leistet: Pro Sekunde werden 2000 Fruktose-Moleküle wie Perlen zu einer Kette geknüpft.
Einsatz in der Lebensmittelindustrie
Die Entdeckung dient nicht nur als Grundlagenwissen über den Auf- und Abbau dieses Zuckers. Wie Seibel sagt, sei auch eine industrielle Nutzung denkbar: „Mit den neu gewonnenen molekularen Kenntnissen ist es uns gelungen, den Aufbau der Polymere maßzuschneidern und das Enzym als Synthesemaschine für kleinere Zucker zu nutzen.“
Als Zugabe zu Joghurts oder Babynahrung dienen so genannte Präbiotika bestimmten Darmbakterien als Nahrung und sollen so indirekt einen gesundheitsfördernden Einfluss auf die Darmflora des Menschen ausüben.
Die Forschungsarbeit wurde unterstützt aus Mitteln der Deutschen Forschungsgemeinschaft im Rahmen des Sonderforschungsbereichs 578 „Integration gen- und verfahrenstechnischer Methoden zur Entwicklung biotechnologischer Prozesse – Vom Gen zum Produkt“.
Originalveröffentlichung: “Polysaccharide synthesis of the levansucrase SACB from Bacillus Megaterium is controlled by distinct surface motifs”, Christian P. Strube, Arne Homann, Martin Gamer, Dieter Jahn, Juergen Seibel and Dirk W. Heinz. J. Biol. Chem. jbc.M110.203166. First Published on March 25, 2011, doi:10.1074/jbc.M110.203166
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