English China

TGA Materialien schneller und umfassender mittels TGA charkterisieren

Autor / Redakteur: Stefan Schmölzer* / Dr. Ilka Ottleben

Wer feste und flüssige Materialien thermisch charakterisieren will, bedient sich oft der Thermogravimetrie (TGA). Neueste Geräteentwicklungen helfen heute Zeit zu sparen, verlängern die Lebensdauer der Geräte und erweitern den Anwendungsbereich.

Anbieter zum Thema

Abb. 1: Die TG 209 F1 Libra mit automatischem Probenwechsler (Bild: Netzsch)
Abb. 1: Die TG 209 F1 Libra mit automatischem Probenwechsler (Bild: Netzsch)

Die Thermogravimetrie (TGA) ist eine etablierte Methode zur thermischen Charakterisierung von festen und flüssigen Materialien. Das Grundprinzip ist einfach: Eine Thermowaage misst die Masseänderung einer Probe in Abhängigkeit von Temperatur und Zeit unter definierten Umweltbedingungen. Durch den Einsatz moderner Geräte können heute Untersuchungen durchgeführt werden, die vor Jahren noch nicht denkbar waren. So hat Netzsch die Thermowaage TG 209 F1 Libra entwickelt, mit der Analysen schneller, genauer und in einem erweiterten Temperaturbereich vorgenommen werden können.

Im Gegensatz zu anderen Thermowaagen müssen mit der TG 209 F1 Libra vor einer Messung keine zeitaufwändigen Basislinienbestimmungen durchgeführt werden. Sämtliche externen Faktoren, die die Messung beeinflussen, werden über eine spezielle Funktion automatisch kompensiert. So werden bis zu 50% der Arbeitszeit eingespart.

Großer Temperaturbereich und schnelle Heizraten in der TGA

Das Herzstück der Neuentwicklung stellt der Mikroofen aus Hochleistungskeramik dar. Damit erschließt sich nicht nur ein größerer Temperaturbereich bis 1100 °C Probentemperatur sondern es werden auch Heizraten bis zu 200 K/min erreicht. Dadurch erhält der Anwender das Analysenergebnis selbst bei höchster Temperatur schon in wenigen Minuten. Abbildung 2 zeigt beispielhaft die Analyse von Calciumoxalat. Charakteristisch sind die Zersetzungsstufen für die Abspaltung von Wasser (12,3%), von Kohlenstoffmonoxid CO (-19,2%) und von Kohlenstoffdioxid CO2 (-29,9%).

Die gemessenen Masseänderungen sind unabhängig von der Heizrate, das zeigt der Vergleich der Heizraten von 10 K/min und 200 K/min. Der Zeitgewinn für die Analyse ist jedoch immens. So dauert diese Messung bei einer Heizrate von 10 K/min über 100 min, bei der Heizrate von 200 K/min hat man das Ergebnis innerhalb von 6 min vorliegen.

Hochleistungskeramik für ein langes Leben

Ein weiterer Vorteil des neuen Ofenkonzeptes resultiert aus dem verwendeten Material. Die Lebensdauer des Ofens ist selbst bei der Untersuchung von Materialen, die korrosive Bestandteile enthalten, um ein vielfaches länger als bei herkömmlichen Thermowaagen. Somit macht die Analytik von Fluor- oder chlorhaltigen Polymeren keine Probleme. Die Reaktions- und Spülgase folgen der natürlichen, vertikalen Strömungsrichtung und können im Ofen nicht kondensieren. Das ist nicht nur materialschonend sondern verhindert auch den gefürchteten Memoryeffekt. Bei herkömmlichen Systemen können Kondensatablagerungen die nachfolgenden Messungen verfälschen.

Ein paar Grad mehr machen den Unterschied

Der erweiterte Temperaturbereich bis 1100 °C Probentemperatur prädestiniert den Einsatz der TG 209 F1 Libra auch für die Untersuchung von anorganischen Materialien. Abbildung 3 zeigt die Thermogravimetriekurve an einer Glimmerprobe. Glimmer gehört zur Gruppe der Schichtsilikate und ist häufig ein Bestandteil von magmatischen, metamorphen und Sedimentgesteinen. Im Temperaturbereich bis 1100 °C kann man deutlich drei Massenverluststufen erkennen. Mithilfe der DTG-Kurve (erste Ableitung der TG-Kurve; TG: Thermogravimetrie) kann man die maximale Verlustrate der drei Stufen Temperaturen von 357, 657 und 1093 °C zuordnen. Bei den einzelnen Massenverluststufen handelt es sich um die Abspaltung von Wasser bzw. Hydroxyl-Gruppen.

Phasenübergänge unter die Lupe genommen

Auch für die Polymeranalyse ist die TG 209 F1 Libra sehr gut ausgerüstet. Die Analyse eines glasfasergefüllten Polyamids 66 ist in Abbildung 4 dargestellt. Neben der Polymerzersetzung bei 458 °C kann man nach Umschalten der Atmosphäre von Stickstoff zu synthetischer Luft noch die Verbrennung von Pyrolyse-Ruß und zugesetztem Ruß beobachten. Die Restmasse von 20,2% stellt dann den Glasfasergehalt der Probe dar. Daneben ist in Abbildung 4 noch die c-DTA-Kurve (rote Kurve, DTA: Differenz-Thermo-Analyse) dieser Messung dargestellt. Bei der c-DTA handelt es sich um ein berechnetes DTA-Signal, das wertvolle Informationen zu Phasenübergängen liefert. In diesem Fall kann man einen endothermen Effekt bei 260 °C beobachten, dabei handelt es sich um das Schmelzen des Polyamids 66. Diese Zusatzinformation macht eine Charakterisierung und Bestimmung einer unbekannten Probe wesentlich einfacher und genauer.

Überlagerte Effekte sichtbar machen

Mit dem vakuumdichten Aufbau der TG 209 F1 Libra ist es möglich, durch Evakuieren und Füllen eine reine, inerte Atmosphäre zu erhalten. Darüber hinaus kann man auch Messungen unter Vakuumbedingungen durchführen.

Abbildung 5 zeigt die Messergebnisse einer thermoplastischen Elastomerprobe gemessen unter Stickstoff (grüne Kurven) beziehungsweise unter Vakuumbedingungen (blaue Kurven). Im untersuchten Temperaturbereich sind für diese Probe zwei Massenverluststufen zu erwarten: die Erste für die Verdampfung des Weichmacheranteils und die Zweite für die Polymerzersetzung.

Im Falle der Messung unter Stickstoff folgt die Polymerzersetzung unmittelbar der Verdampfung des Weichmachers, sodass eine eindeutige Auftrennung der beiden Effekte nur bedingt oder im Extremfall gar nicht möglich ist. Führt man hingegen die Messung unter Vakuumbedingungen durch, so verschiebt sich die Verdampfung des Weichmachers zu niedrigeren Temperaturen. Somit können die beiden Effekte unter diesen Bedingungen eindeutig getrennt werden und eine exakte Bestimmung des Weichmacheranteils ist möglich. n

* *Dr. S. Schmölzer: Netzsch Gerätebau GmbH, 95100 Selb

(ID:31666850)