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Arktis Meereisrückgang und Ausbreitung chemischer Schadstoffe in der Arktis

Redakteur: Dr. Ilka Ottleben

Eine neue internationale Studie unter Beteiligung der Universitäten Hamburg und Bremen belegt: Durch den drastischen Rückgang des Meereises in der Arktis im vergangenen Jahrzehnt wird verstärkt Brom freigesetzt – mit Folgen. Zum einen wird dabei Ozon abgebaut, zum anderen lagert sich giftiges Quecksilber in der arktischen Lebenswelt ab.

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Meereseis mit Eisscholle in der Arktis (Bild: Alfred-Wegener-Institut)
Meereseis mit Eisscholle in der Arktis (Bild: Alfred-Wegener-Institut)

Bremen, Hamburg – Grund dafür ist, dass der Rückgang der Eisdecke im Arktischen Ozean Interaktionen zwischen dem Salz im Meereis, frostigen Temperaturen und Sonnenlicht hervorruft. Das salzige Eis setzt dadurch vermehrt Brom frei und startet eine Kette chemischer Reaktionen, „Bromexplosion“ genannt, die zu immer mehr Brommolekülen in der Atmosphäre führt. Brom reagiert dann mit einer gasartigen Form von Quecksilber und verwandelt es in einen Schadstoff, der auf die Erdoberfläche fällt.

Dies hat ein internationales Team aus Kanada, Deutschland, Großbritannien und den USA unter der Leitung von Son Nghiem vom Jet Propulsion Laboratory der NASA in Kalifornien nachgewiesen. Die Wissenschaftler kombinierten dafür Satellitenmessungen, Beobachtungen sowie ein Modell zur Darstellung der Luftbewegungen in der Atmosphäre. Ziel war es, Veränderungen des arktischen Meereises mit den Bromexplosionen über der Beaufortsee bis hin zum Amundsen-Golf in der Kanadischen Arktis in Verbindung zu bringen. Möglich machte dies eine bisher einmalige Kombination von europäischen und US-amerikanischen Satellitenbeobachtungen sowie Messungen aus dem Programm des Internationalen Polarjahres. Die Ergebnisse erscheinen demnächst im Journal of Geophysical Research – Atmospheres.

Bromexplosionen auf die untere Troposphäre beschränkt

Die Studie untersucht außerdem, wo in der Atmosphäre sich die Bromexplosionen ereignen – in der Troposphäre, der untersten Schicht und damit in der Luft, die wir atmen, oder in der darüber liegenden Stratosphäre. Die Wissenschaftler nutzten dabei die Topographie der Bergketten in Alaska und Kanada als eine Art Lineal, um die Höhenlage der Bromexplosionen zu messen.

Im Frühjahr 2008 entdeckten Satelliten erhöhte Konzentrationen von Brom, während gasförmiges Quecksilber und Ozon zurückgingen. Nachdem die Forscher die Satellitendaten mit Messungen vor Ort überprüft hatten, verwendeten sie ein atmosphärisches Modell, um zu untersuchen, wie der Wind die Bromwolken über die Arktis trug. Das Modell zeigte, dass die Brooks Range in Alaska sowie die kanadischen Richardson Mountains und Mackenzie Mountains das Brom daran hinderten, in das Innere Alaskas vorzudringen. Da die meisten Bergketten niedriger als 2.000 Meter sind, zogen die Forscher den Schluss, dass die Bromexplosionen auf die untere Troposphäre beschränkt waren. Mit diesem Wissen konnten die Forscher die Ereignisse mit Prozessen auf der Erdoberfläche in Zusammenhang bringen: Ihr Modell, das die vom salzhaltigen Eis aufsteigende Luft verfolgte, verknüpfte die Freisetzung von Brom mit den jüngsten Veränderungen im arktischen Meereis, die zu einer deutlich salzhaltigeren Oberfläche führten.

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