Mikrospopieverfahren Mikrotiterplatten in Minuten mikroskopieren
Um den Zustand von Zellkulturen regelmäßig zu kontrollieren, war bisher ein Zeitaufwand von mehreren Stunden nötig. Jetzt ist es Forschern gelungen, ein hochdurchsatzfähiges Mikroskopieverfahren zu entwickeln. Mit ihm ist es möglich, Mikrotiterplatten – zum Beispiel mit iPS-Stammzellen – in wenigen Minuten hochauflösend zu mikroskopieren.
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Um ein umfassendes Bild von Zellen im Zellkulturgefäß zu erhalten, muss dieses flächendeckend mikroskopiert werden. Bei dem mit wenigen Millimetern sehr kleinen Sichtfeld eines Mikroskopobjektivs und der im Vergleich dazu großen Grundfläche einer Mikrotiterplatte von etwa 8 mal 13 Zentimetern sind tausende von Einzelaufnahmen notwendig, um eine gesamte Platte zu mikroskopieren und alle Zellen zu erfassen.
Die Nachteile beim bisherigen Verfahren
Bei einem 10-fach-Objektiv sind bereits knapp 19.000 Einzelaufnahmen erforderlich, die anschließend zu Übersichtsbildern zusammengesetzt werden. Moderne Mikroskope rastern solche Platten Stück für Stück ab, indem ein motorisierter Tisch die Probe schrittweise verfährt. An jeder Stelle der Mikrotiterplatte hält der Tisch für eine Weile; ein vergrößertes Bild wird mit einer digitalen Kamera aufgezeichnet, bevor die Platte zur nächsten Position bewegt wird. Dies ist ein zeitaufwändiger Prozess. Tischbeschleunigung und Geschwindigkeit lassen sich dabei nur bedingt steigern, da durch das abrupte Anfahren und Abstoppen Flüssigkeitsschwankungen des Nährmediums entstehen, die die Belichtung der Einzelaufnahmen beeinflussen.
Aufgrund der begrenzten Bildrate dauert die Erfassung einer kompletten Mikrotiterplatte mit einem herkömmlichen Mikroskop somit je nach Vergrößerung mehrere Stunden. Während des Mikroskopierens außerhalb des Inkubators fehlen den Zellen zudem die idealen Umgebungsbedingungen, die sie zum Gedeihen benötigen. Selbst für die manuelle Zellkultur im Labormaßstab, bei der nur wenige Platten parallel kultiviert werden, entsteht durch das Mikroskopieren ein immenser Zeitaufwand. Bei der automatisierten Zellkultur, bei der im industriellen Maßstab mehrere hundert Platten parallel kultiviert und mikroskopiert werden, stößt die herkömmliche Mikroskopie vollends an ihre Grenzen.
Forscher vom Fraunhofer-Institut für Produktionstechnologie IPT in Aachen haben daher ein hochdurchsatzfähiges Mikroskopieverfahren entwickelt, das sie im Rahmen des Forschungsprojekts Stem-Cell-Factory zur automatisierten Erzeugung induziert pluripotenter Stammzellen einsetzen. Damit ist es möglich, Mikrotiterplatten – zum Beispiel mit automatisiert erzeugten iPS-Stammzellen – in wenigen Minuten hochauflösend zu mikroskopieren.
In kurzer Zeit hochauflösend mikroskopieren
Der Trick besteht darin, die Mikrotiterplatte während des Mikroskopierens möglichst selten anzuhalten und aus der Bewegung heraus zu mikroskopieren. Um eine ausreichend kurze Belichtungszeit zu realisieren und damit Bewegungsunschärfe zu vermeiden, verwenden die Forscher eine Blitzbeleuchtung – ein aus der Fotografie altbekanntes Prinzip. Um die erzielbare schnelle Bildfolge aufzeichnen zu können, ist eine Highspeed-Kamera mit leistungsfähiger Schnittstelle erforderlich, wie beispielsweise die sCmos Kamera PCO-edge, die für den Prototyp auf Basis eines Nikon Ti-E verwendet wurde. Die Synchronisation von LED-Blitz, Kamera und Tischbewegung in Echtzeit übernimmt ein Tischcontroller der Firma Märzhäuser Wetzlar, der wegsynchrones Triggern unterstützt. Mittels einer selbst entwickelten Softwarelösung, die zum Zwischenspeichern der Aufnahmen den Arbeitsspeicher des Computers nutzt, ist es möglich, Bildraten von bis zu 50 fps zu verarbeiten.
Die Aufnahme einer gesamten Platte reduziert sich damit von bislang mehreren Stunden auf jetzt nur noch wenige Minuten. Durch die kontinuierliche Bewegung werden zudem die Flüssigkeitsschwankungen des Mediums reduziert. Das Ergebnis sind sehr homogen beleuchtete, automatisiert auswertbare Übersichtsbilder mit mikroskopischen Details, bei denen der Übergang der Einzelaufnahmen kaum wahrnehmbar ist. Die Lösung ist zudem auf beinahe jedes Mikroskop übertragbar. Als nächster Schritt ist die Erweiterung des Verfahrens auf die Fluoreszenzmikroskopie geplant. Sollte dies gelingen, könnte in Zukunft auch diese weitverbreitete Mikroskopietechnik von einem enormen Geschwindigkeitszuwachs profitieren.
Kontakt:
Fraunhofer Institut für
Produktionstechnologie IPT
D-52074 Aachen
* Die Autorin ist Redakteurin bei der devicemed. E-Mail: kathrin.schaefer@vogel.de
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