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Point-of-Care-Diagnostik Mit Nano-Goldantennen resistente Keime enttarnen

Redakteur: Christian Lüttmann

Nur ein Molekül reicht aus, um mit einer neuen Analysemethode multiresistente Keime an ihrer DNA zu erkennen. Forscher der Uni München und des Fraunhofer Instituts für Physikalische Messtechnik haben einen mikrofluidischen Chip entwickelt, der herkömmliche Diagnostische Methoden wie die PCR-Analyse ablösen könnte. Das Besondere: mit Gold-Nanoantennen hat er seinen eigenen Signalverstärker.

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Das kompakte Gerät zum Nachweis multiresistenter Keime führt alle Reaktionsschritte automatisiert aus und liefert ein Ergebnis innerhalb einer Stunde. Schon ein einziges DNA-Molekül reicht für den Nachweis.
Das kompakte Gerät zum Nachweis multiresistenter Keime führt alle Reaktionsschritte automatisiert aus und liefert ein Ergebnis innerhalb einer Stunde. Schon ein einziges DNA-Molekül reicht für den Nachweis.
(Bild: Fraunhofer IPM)

Freiburg im Breisgau, München – Um bakterielle Infektionen zu behandeln, stehen uns Antibiotika zur Verfügung. Doch längst nicht jedes Antibiotikum ist gegen jeden Erreger gleich gut wirksam. Besonders schwierig ist die Auswahl des geeigneten Medikaments, wenn multiresistente Keime im Spiel sind, die unempfindlich gegenüber vielen Antibiotika sind. Die Suche nach dem wirksamsten Antibiotikum erfordert oftmals Informationen über das Genom des Bakteriums. Diese sind in der Arztpraxis jedoch meist nicht sofort verfügbar, sondern erst nach einer Labordiagnose.

Um den Vorgang zu beschleunigen und zu vereinfachen, entwickelt das Fraunhofer Institut für Physikalische Messtechnik (IPM) gemeinsam mit der Ludwig-Maximilians-Universität München (LMU) eine neuartige Plattform für den Erregernachweis anhand von einzelnen Molekülen auf einem mikrofluidischen Chip. Der Fokus liegt auf einer einfach zu bedienenden Point-of-Care-Erkennung (POC).

Ein Stück DNA genügt für den Test

Die portable, kompakte Test-Plattform verfügt über ein automatisiertes Fluidiksystem. Alle notwendigen Reagenzien werden in dem System vorgelagert. Der spritzgegossene Mikrofluidik-Chip wird in einer Schublade in das Testsystem eingebracht, wo er durch die Fluidik mit den Reagenzien versorgt wird, bevor die optische Auswertung stattfindet. „Wir weisen einen Teil des DNA-Strangs des Erregers nach“, sagt Dr. Benedikt Hauer, Wissenschaftler am Fraunhofer IPM. „Hierfür genügt bei unserem neuen Verfahren bereits ein einzelnes DNA-Molekül, das an einer bestimmten Stelle am Mikrofluidik-Chip anbindet. Auf dem Chip befinden sich Fluidikkanäle, deren Oberflächen mit Bindungsstellen für spezifische Erreger präpariert wurden.“

Nanoantennen aus Gold verstärken Fluoreszenzsignale

Typischerweise werden Ziel-DNA-Moleküle in-vitro mithilfe spezifischer Fluoreszenzmarker nachgewiesen. Die Besonderheit der neuen Methode: Die Forscher setzen Antennen mit nanometergroßen Goldkügelchen ein, die die optischen Signale dieser Marker verstärken. Dadurch wird die sonst übliche chemische Verstärkung über die Polymerase-Kettenreaktion (PCR) überflüssig.

„Die optischen Antennen bestehen aus nanometergroßen Metallpartikeln, die Licht in einem winzigen Bereich bündeln und dabei helfen, Licht auszusenden – ähnlich wie makroskopische Antennen mit Radiowellen“, erklärt Hauer. Diese Metallpartikel sind an der Oberfläche des Chips chemisch gebunden.

So läuft die Analyse ab

Eine von der LMU speziell konstruierte Struktur aus DNA-Molekülen, ein so genanntes DNA-Origami, hält die beiden Gold-Nanopartikel an Ort und Stelle. Zwischen diesen Nanopartikeln bietet die Struktur eine Bindungsstelle für das jeweilige Zielmolekül und einen Fluoreszenzmarker. Dieses patentierte Design bildet die Grundlage für die neuartige Assay-Technologie. „Die jeweils 100 Nanometer großen Partikel dienen als Antenne. In dem Hotspot zwischen den beiden Goldpartikeln findet durch plasmonische Effekte eine Feldverstärkung statt“, erläutert Forschungsleiter Hauser. Solche Effekte treten auf, wenn Metallpartikel so klein sind, dass sie etwa in der Größe der Wellenlänge des sichtbaren Lichts liegen. „Platziert man dort einen Fluoreszenzfarbstoff, wird die detektierbare längerwellige Fluoreszenzstrahlung um ein Vielfaches verstärkt. Auf diese Weise kann mit einer kleinen, kompakten optischen Vorrichtung ein einzelnes Molekül erkannt werden“, führt der Forscher aus.

Ergebnis binnen einer Stunde

So lassen sich selbst geringe Konzentrationen von Krankheitserregern nachweisen. Das Ergebnis liegt schon nach einer Stunde vor und wird am Monitor angezeigt. Dies gilt nicht nur für multiresistente Keime, sondern für jede Art von DNA-Molekülen. Grundsätzlich lässt sich der Einzelmolekül-Assay auch auf Moleküle jenseits der DNA anwenden, wie RNA, Antikörper/Antigene oder Enzyme. Die Funktionsweise des Verfahrens wurde durch zahlreiche Tests erfolgreich bestätigt.

Das Herzstück des POC-Geräts ist ein vom Fraunhofer IPM entwickeltes miniaturisiertes hochauflösendes Fluoreszenzmikroskop. Eine spezielle Bildanalysesoftware identifiziert und zählt die Einzelmoleküle und ermöglicht so ein quantitatives Ergebnis. Angeregt wird die Fluoreszenz durch LED, die unterhalb der Kartusche mit den Fluidikkanälen angebracht sind.

Das patentierte System liegt als Demonstrator vor. Derzeit fehlt noch ein Modul zur Probenaufbereitung. Das POC-System für den spezifischen Nachweis von Erregern wird vom 15. bis 18. November auf der Medica 2021 in Düsseldorf in Halle 3, Stand E74 vorgestellt.

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