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Chemische Regeneration von Photokatalysatoren Molekulare Reparaturarbeiten für nachhaltige Wasserstofferzeugung

Von Dr. Lydia Petermann, Andrea Weber-Tuckermann*

Reparieren ist nachhaltiger als wegschmeißen und neu kaufen – dies gilt auch für den Einsatz von Photokatalysatoren. Diese gehen beim Erzeugen von Wasserstoff aus Wasser und Sonnenlicht kaputt, können aber „wiederbelebt“ werden, wie eine Studie von Ulmer Forschern nun zeigt. Somit kann die lichtgetriebene Wasserstoffbildung viele Male mit ein und demselben Molekül erfolgen.

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Reaktor-Apparatur für die Photokatalyse
Reaktor-Apparatur für die Photokatalyse
(Bild: Heiko Grandel / Uni Ulm)

Ulm, Jena – Die natürliche Photosynthese ist ein Vorbild für das Umwandeln und Speichern von Energie aus Sonnenlicht. Chemiker aus Ulm und Jena haben nun von der Natur einen chemischen „Heilungsprozess“ abgeschaut, mit dem sich Photokatalysatoren immer wieder regenerieren können. Dieser molekulare Reparaturmechanismus sorgt dafür, dass sich die Katalysatoren für die lichtgetriebene Wasserstoffbildung sozusagen selbst in Stand setzen können. Somit kann eine der grundlegenden Einschränkungen bei der Solarenergieumwandlung behoben werden: die begrenzte Lebensdauer der Katalysatoren.

Dem Reparaturvorgang, der aus der Pflanzenwelt bekannt ist, haben Forscher der Uni Ulm jetzt auch im Labor reproduziert. Gemeinsam mit Kollegen der Friedrich-Schiller-Universität Jena Partnern aus Kanada und Irland haben sie diesen „Wiederbelebungsprozess“ erstmals in einem künstlichen System gezeigt und so einen Ansatz erprobt, um wichtige Ressourcen und Rohstoffe bei der Photokatalyse zu sparen

Katalysefähigkeit verstehen und wiederherstellen

Das Team nutzte verschiedene, verblüffend einfache chemische Prozesse, um die nach dem Durchlaufen der Katalyse nicht mehr funktionsfähigen Katalysatoren zu reaktivieren. Dank detaillierter struktureller und photophysikalischer Untersuchungen waren die Forscher in der Lage, die Struktur des beschädigten Photokatalysatormoleküls aufzuklären und den Deaktivierungsmechanismus auf molekularer Ebene zu verstehen. Aufbauend auf diesen grundlegenden Erkenntnissen gelang es den Wissenschaftlern, mit gezielten chemischen Reaktionen den Verlust der Katalysefähigkeit des Systems umzukehren. Der Photokatalysator wurde so in seinen Ursprungszustand zurückversetzt und sozusagen wiederbelebt.

Dieser regenerative Ansatz liefert neue Lösungskonzepte für die solare Treibstoffforschung. Im Mittelpunkt steht dabei ein Molekül, das gleichzeitig Sonnenlicht absorbieren und Wasserstoff produzieren kann. Obwohl die katalytische Aktivität nach einer gewissen Zeit verloren geht, kann die lichtgetriebene Wasserstoffbildung nach gezielter Reparatur der beschädigten Komponenten erneut in Gang gesetzt werden.

Recyclen statt austauschen

Das Schaubild zeigt den De- und Reaktivierungskreislauf eines Photokatalysator-Moleküls. Der „verbrauchte“ bzw. inaktive Photokatalysator wird durch molekulare Reparaturmechanismen reaktiviert
Das Schaubild zeigt den De- und Reaktivierungskreislauf eines Photokatalysator-Moleküls. Der „verbrauchte“ bzw. inaktive Photokatalysator wird durch molekulare Reparaturmechanismen reaktiviert
(Bild: Jannik Brückmann und Lydia Petermann / Uni Ulm)

Mit einer Regeneration des Katalysators wird die Photokatalyse effizienter und wirtschaftlicher. „Wir können diesen molekularen Reparaturprozess, der lediglich Licht und Luftsauerstoff braucht, mehrfach durchführen und damit die katalytische Leistung pro Molekül um ein Vielfaches steigern“, erklärt Professor Sven Rau vom Institut für Anorganische Chemie I der Universität Ulm. Anstatt Photokatalysatoren komplett zu entsorgen und deshalb ständig zusätzliche Materialien für die lichtgetriebene Wasserstoffbildung herstellen zu müssen, können Komponenten, die während der Katalyse beschädigt wurden, kosteneffizient repariert und ökologisch sinnvoll wiederverwendet werden.

Die Forscher sind davon überzeugt, dass dieser molekulare Reparaturmechanismus von enormer Bedeutung für das gesamte Forschungsfeld ist. Einerseits verlängert er den Zeitraum, über den die lichtgetriebene Wasserstoffentwicklung produktiv ablaufen kann, andererseits ist er auf weitere Klassen an Photokatalysatoren übertragbar, also vielfältig einsetzbar.

Originalpublikation: Michael G. Pfeffer, Carolin Müller, Evelyn T. E. Kastl, Alexander K. Mengele, Benedikt Bagemihl, Sven S. Fauth, Johannes Habermehl, Lydia Petermann, Maria Wächtler, Martin Schulz, Daniel Chartrand, François Laverdière, Phillip Seeber, Stephan Kupfer, Stefanie Gräfe, Garry S. Hanan, Johannes G. Vos, Benjamin Dietzek-Ivanšić and Sven Rau: Active repair of a dinuclear photocatalyst for visible-light-driven hydrogen production, Nature Chemistry (2022); DOI: 10.1038/s41557-021-00860-6

* Dr. L. Petermann, A. Weber-Tuckermann, Universität Ulm, 89081 Ulm , Donau

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