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Zwiebelartig aufgebaute Mikrokapsel Motorisierte Mikrofalle fängt und tötet Bakterien

Redakteur: Christian Lüttmann

Wer seine Beute nicht jagen will, der muss sie zu sich locken. Nach diesem Prinzip funktioniert eine neuartige Bakterienfalle von amerikanischen Forschern. Sie haben eine Mikrokapsel entwickelt, die einen eigenen Antrieb besitzt, Bakterien in ihren Kern lockt und dann dort tötet. Dieser mehrstufige Mechanismus funktioniert dank des zwiebelartigen Schichtaufbaus der Kapsel.

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Mikroskopisch kleine Kapseln sollen als Bakterienfalle dienen.
Mikroskopisch kleine Kapseln sollen als Bakterienfalle dienen.
(Bild: Wiley-VCH, Angewandte Chemie)

San Diego/USA – Antibiotika wirken effizienter, wenn sie die Bakterien unverdünnt und direkt am Ort des Befalls bekämpfen. Wissenschaftler um Joseph Wang von der amerikanischen University of California haben nun eine synthetische chemische Falle entwickelt, die von selbst an ihren Wirkungsort schwimmt, Bakterien anlockt, einfängt und schließlich konzentriert vernichtet. Diese autonom schwimmende Mikrokapsel setzt nacheinander chemische Substanzen frei und könnte gegen Magenentzündung nützlich sein.

Antrieb per Magnesiummotor

Die Mikrokapseln sollen in drei Stufen wirken: Erst schwimmen sie durch Auflösen ihres Kerns zum Ziel, dann setzen sie Lockstoffe für die Bakterien frei und schließlich entlassen sie Silberionen, um die angelockten Bakterien abzutöten.
Die Mikrokapseln sollen in drei Stufen wirken: Erst schwimmen sie durch Auflösen ihres Kerns zum Ziel, dann setzen sie Lockstoffe für die Bakterien frei und schließlich entlassen sie Silberionen, um die angelockten Bakterien abzutöten.
(Bild: Wiley-VCH, Angewandte Chemie)

Aufgebaut ist der Mikroschwimmer nach dem Zwiebelprinzip. Als Kern besitzt er einen Motor: eine Mikrokugel aus Magnesiummetall. Diese Kugel ist mit mehreren funktionalen Polymerschichten überzogen, wobei ein Teil ihrer Oberfläche frei bleibt.

Der Magnesiumkern löst sich in einem sauren Milieu, wie es im Magen vorherrscht, auf. Dabei entstehen Wasserstoffblasen, deren Rückstoß den Mikroschwimmer vorwärts treiben, ähnlich wie bei einem düsengetriebenen U-Boot. Diese Bewegung endet jedoch an einer Wand, zum Beispiel der Magenschleimhaut. Nachdem sich der Magnesiummotor ganz aufgelöst hat, bleibt die Polymerschale als Hohlstruktur von etwa der dreißigfachen Größe eines Bakteriums zurück.

Schicht für Schicht zum Bakterienkiller

Diese mehrwandige kugelförmige Tüte, die nach Auflösen des Magnesiumkerns übrig bleibt, wirkt als Falle: Ihr Inneres lockt Bakterien an und verwandelt sich dann in einen giftigen Käfig.

Die Innenwand des Hohlraums besteht dazu aus einem säurelöslichen Polymer, in das die Aminosäure Serin eingearbeitet ist. Serin signalisiert dem Darmbakterium Escherichia coli normalerweise, dass Nahrung in der Nähe ist – wirkt also wie ein Köder. Beim Auflösen des Polymers kommt das Serin frei und die Bakterien machen sich auf den Weg zur Quelle. Unter dem Mikroskop beobachteten die Forscher, wie sich die Bakterien im Inneren der Hohlkugel ansammelten.

Als letzter Schritt wird das Toxin aktiviert. Dazu löst sich eine weitere Polymerschicht der Bakterientüte auf und setzt Silberionen frei, die die Bakterien abtöten. Dieses mehrstufige Wirkverfahren stellt nach Aussage der Forscher einen neuartigen Ansatz dar, wie Antibiotika effizienter werden können. Die Autoren sehen darin zudem einen „ersten Schritt, wie synthetische Mikroschwimmer und bewegliche Mikroorganismen miteinander kommunizieren können“. Sie glauben, dass das Konzept allgemein auf Dekontaminations- und Reinigungsfragen angepasst werden könnte, zum Beispiel in der Lebensmittel- und Gesundheitsindustrie.

Originalpublikation: Dr. Fernando Soto, Daniel Kupor, Miguel Angel Lopez‐Ramirez, Dr. Fanan Wie, Emil Karshalev, Songsong Tang, Farshad Tehrani, Prof. Joseph Wang: Onion‐like Multifunctional Microtrap Vehicles for Attraction–Trapping–Destruction of Biological Threats, Angewandte Chemie Nr. 02/2020, DOI: 10.1002/ange.201913872

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