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Laborautomation Nachtschicht für den Autosampler

Autor / Redakteur: GUIDO DEUßING* / Dipl.-Chem. Marc Platthaus

Die analytische Qualitätskontrolle pharmazeutischer Produkte ist gesetzlich streng geregelt. Zentrales Element im Kanon von Qualitätssicherung und Produktkontrolle bildet beim Pharmaunternehmen Schülke & Mayr eine intelligente Automatisierung zentraler analytischer Prozesse.

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Abb.1: Im Zuge der Neustrukturierung des Labors legte man bei Schülke & Mayr großen Wert auf eine automatisierte Probenvorbereitung. Im Fokus stand die Anschaffung eines Autosamplers, der über eine integrierte Wägeoption, sprich: eine Waage verfügt, um u.a. automatisiert Dosierschritte mittels Differenzwägung überprüfen und protokollieren zu können.
Abb.1: Im Zuge der Neustrukturierung des Labors legte man bei Schülke & Mayr großen Wert auf eine automatisierte Probenvorbereitung. Im Fokus stand die Anschaffung eines Autosamplers, der über eine integrierte Wägeoption, sprich: eine Waage verfügt, um u.a. automatisiert Dosierschritte mittels Differenzwägung überprüfen und protokollieren zu können.
(Bild: Guido Deußing)

Die im Jahr 1889 gegründete Schülke & Mayr GmbH, heute eine hundertprozentige Tochter der Air Liquide Deutschland GmbH, ist international führend auf dem Gebiet der Hygiene und Infektionsprävention, des mikrobiologischen Qualitätsmanagements (MQM) und der chemischen und technischen Konservierung. Das mittelständische Unternehmen beschäftigt weltweit rund 800 Mitarbeiter, 550 in Deutschland, allein zehn Prozent davon arbeiten im Bereich Forschung & Entwicklung am Hauptsitz der Firma in Norderstedt. Schülke & Mayr produziert und vertreibt unter anderem Desinfektionsmittel, Antiseptika, Konservierungsmittel, Biozide, medizinische Hautpflegemittel, Deodorantwirkstoffe und Systemreiniger.

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Schülke & Mayr unterliegt den strengen gesetzlichen Rahmenbedingungen und Richtlinien der Pharmabranche hinsichtlich Produktüberwachung und Qualitätskontrolle. Hierzu zählen die Good Manufacturing Practice (GMP), das Arzneimittelgesetz (AMG), die Arzneimittel- und Wirkstoffherstellungsverordnung (AMWHV), der EG-GMP-Leitfaden, das Medizinproduktegesetz, die Kosmetikverordnung und die Biozidrichtlinie. In diesem Zusammenhang zu sehen ist die strenge Eingangskontrolle der zu verarbeitenden Rohstoffe, die kontinuierliche Untersuchung von Halbfertigwaren sowie die regelmäßige Bestimmung der Wirkstoffkonzentration im Produkt. An den Fertigwaren werden Stabilitätstests durchgeführt, um sicherzustellen, dass sich Präparate nicht infolge von Alterungsprozessen in Struktur und Zusammensetzung verändern und zu einem Risiko werden. Ein weiteres wichtiges Themenfeld ist die turnusmäßige Überwachung der eingesetzten Prüfmittel.

Keine Qualitätskontrolle ohne instrumentelle Analytik

Analysiert wird bei Schülke & Mayr im eigenen Labor. Die wichtigsten Instrumente stellen die Gas- und Hochleistungsflüssigkeitschromatographie (GC/HPLC) dar. Die zugrundeliegenden Analysenmethoden werden unternehmensintern entwickelt und gemäß den gesetzlichen Anforderungen validiert. Als übergeordnete Instanz im Unternehmen liegt das Hauptaugenmerk von Andreas Teevs, einem langjährigen Mitarbeiter der Abteilung Qualitätskontrolle-Verfahrenssicherung, auf der Methodenentwicklung sowie der Qualifizierung von Geräten und Validierung von Verfahren und deren Etablierung in der Routine.

Rund 40 000 Vermessungen fallen bei Schülke & Mayr pro Jahr an, 90 Prozent werden mittels GC und HPLC analysiert, vielfach handelt es sich dabei um flüssige Formulierungen. Das enorm gewachsene Probenaufkommen der letzten Jahre, berichtet Andreas Teevs, habe Unternehmen und Laborpersonal vor eine große Herausforderung gestellt. Diese zu bewältigen, habe man das Laborpersonal in den letzten fünf Jahren nahezu verdoppelt. Am Status quo der Mitarbeiterzahl werde sich augenfällig nichts mehr ändern. In puncto Probenaufkommen jedoch weise der Trend in Richtung weiteren Zuwachs. Um den hohen Anforderungen weiterhin gerecht werden zu können und die Produktivität des Labors hochzuhalten, sei darüber nachgedacht worden, neben der Früh- und Spätschicht die Nachtschicht einzuführen. Dieser Schritt hätte die Laufzeit der Geräte und vermutlich auch den Probendurchsatz erhöht, sagt Andreas Teevs, allerdings auf Kosten der Mitarbeiter; jeder einzelne hätte eine deutliche Mehrbelastung verkraften müssen. Nach einigen Überlegungen habe man sich jedoch für eine attraktivere Alternative entschieden: Statt in einem Dreischichtsystem zu arbeiten, wurde kurzerhand der Automatisierungsgrad der Analytik auf intelligente und der Sache dienlichen Weise erhöht.

„Eine große Stückzahl an Proben über Nacht analysieren – unbeobachtet von Personal –, das klingt nicht nur gut, es funktioniert auch“, sagt Andreas Teevs. Allerdings sind an den Erfolg eines solchen Vorhabens Bedingungen geknüpft. Enthalten habe ihr Lastenheft als unverzichtbaren Bestandteil die Möglichkeit zum vollständig automatisierten Wägen von Proben sowie das Dosieren von Standard- und Reagenzlösungen und das damit verbundene Erstellen umfangreicher Verdünnungsreihen. Im Zuge der Neustrukturierung des Labors, insbesondere in puncto automatisierter Probenvorbereitung, habe man daher großen Wert auf die Einbindung eines Autosamplers gelegt, der über eine integrierte Wägeoption verfügt. „Fündig wurden wir beim Gerstel-Multi-Purpose-Sampler (MPS) in der Dual-Head-Variante, einem in der GC und LC vielfach eingesetzten Autosampler, um auch unterschiedliche Volumina dosieren zu können, ohne die Spritze tauschen zu müssen“, schildert Andreas Teevs. Mit anderen Worten ersetzt Schülke & Mayr heute die Vollpipette häufig durch das präzise Dosieren mittels MPS und dessen automatisierter Wägeoption. Nachvollziehbar, meint Andreas Teevs, liege doch die Richtigkeit der Dosierung mit einer 1000 μL-Spritze über 99,5 Prozent, bei einer relativen Standardabweichung von unter 0,2 Prozent. „Der MPS arbeitet genauer und präziser als jemand, der eine manuelle Vollpipette verwendet“, sagt der Experte. Und die Einwaage von Proben und internen Standards sowie deren Weiterverarbeitung sei zwar von Hand möglich, allerdings nur unter großem Zeitaufwand. Der Multi-Purpose-Sampler verfüge aber nicht nur über die geforderte Option, Dosierschritte mittels Differenzwägung zu überprüfen und akkurat zu protokollieren, wie Andreas Teevs sagt: „Mit dem MPS automatisieren wir obendrein sämtliche in der GC und HPLC üblichen Schritte der Probenvorbereitung einschließlich der Probenaufgabe.“

„Ausgewogene“ Ausstattung macht den Erfolg

Teevs und Kollegen arbeiten derzeit mit mehreren MPS-Systemen: einer Standalone-Variante, um vollständig automatisiert interne Standards dosieren und Verdünnungsreihen herstellen zu können; mit einem MPS im XL-Format, einer „Brücke“ nicht unähnlich, wird zum einen die Probenvorbereitung und Probenaufgabe nicht nur für das GC-System zur Linken ausgeführt; obendrein beschickt dieser MPS einen an ein weiteres GC-System zur Rechten angeschlossenen herkömmlichen Autosampler. Ein dritter MPS thront auf einem weiteren GC-System. Ausgestattet ist jeder MPS mit der Gerstel-Wägeoption, sprich einer Waage (hier: Sartorius ME 235S OCS), sowie temperierbaren Trays, um die Standard- und Reagenzlösungen bei konstanten 2 °C lagern zu können, und zwei Türmen (Armen) für den zeitgleichen Einsatz unterschiedlicher Spritzen. Die Wägung erfolgt als wählbarer Bestandteil der Methodeneinstellung in der Prep-Sequenz der MPS-Steuersoftware (Gerstel-Maestro). Per Mausklick lassen sich die erforderlichen Schritte zusammenstellen:

  • Vial wird in die Vial-Position der Waage gesetzt
  • Wägung erfolgt, Messwert wird ausgegeben und im Wägeprotokoll notiert
  • Vial wird aufs Tray zurückgestellt und die Probe wird dosiert
  • Vial wird erneut in die Aufnahmeposition der Waage gestellt
  • Wägung erfolgt, Messwert wird ausgegeben und im Wägeprotokoll notiert
  • MPS stellt Vial wieder auf seinen Platz im Probentray

Das resultierende Wägeprotokoll lässt sich anschließend, als Excel-Datei oder als mit Semikolon getrennte Textdatei (CSV-Datei), in einem LIMS oder Chromatographie-System verwenden.

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Lässt sich durch die vollständige Automatisierung der Analytik Zeit einsparen? „Das wohl nicht“, sagt Andreas Teevs. Allerdings führe der Einsatz eines Autosamplers mit integrierter Wägeoption dazu, dass das Labor nachhaltig effizienter und produktiver arbeite: Der MPS ermögliche es, Analysen in der Nacht durchzuführen, ohne dass Personal anwesend ist; am Morgen danach lassen sich die Messergebnisse auswerten und die Chargen freigeben, was zu kürzeren Wartezeiten in der Produktion führe. „Alles in allem erledigt der MPS heute die komplette Analyse – davon haben wir früher nur geträumt“, sagt Teevs. Allerdings sei man immer noch in der Lage, um auf alle Eventualitäten gefasst zu sein, etwa ein „Worst-Case“-Szenario wie den Ausfall ganzer Gerätschaften, sämtliche Schritte der Probenvorbereitung manuell auszuführen.

Überwachung der Prüfmittel gefordert und notwendig

Da das Arzneimittelumfeld ein Höchstmaß an Präzision und Richtigkeit verlangt, werden „alle Analysensysteme regelmäßig einer detaillierten Prüfung unterzogen, um mögliche Fehlerquellen ausfindig zu machen und Messungenauigkeiten bereits im Ansatz zu verhindern“, berichtet Andreas Teevs. Als Schlüsseltechnik erweise sich in diesem Kontext ebenfalls der MPS-Autosampler ausgestattet mit der automatisierten Wägeoption. Grund ist: „Analysengeräte können unter Umständen erheblich die Genauigkeit der Messergebnisse beeinflussen“, wie Andreas Teevs im Laufe seiner 35 Jahre, die er für das Unternehmen inzwischen tätig sei, festgestellt habe. Mit dem MPS ließen sich seit der Einführung system- und verschleißbedingte Einflüsse kontrollieren, die eine Leistungsverschlechterung zur Folge haben können. Zum Beispiel könnten sich beim Aufziehen der Spritze Gasblasen bilden und Dosiervolumen verfälschen. So etwas sei möglich, „wenn der Spritzenkolben infolge eines vermehrten Gebrauchs verschleißt und sich Undichtigkeiten bilden“, schildert Andreas Teevs. Mithilfe der Wägeoption ließen sich mögliche Fehler im System, wie sie infolge von Verschleißerscheinungen denkbar und möglich sind, frühzeitig erkennen und Maßnahmen ergreifen, mit denen sich präzise und richtige Ergebnisse auf Dauer sicherstellen lassen. „Ohne Wägeoption“, ist der Experte überzeugt, „wäre eine regelmäßige Systemkontrolle und das Auffinden potenzieller Fehlerquellen nicht oder nur sehr schwer möglich.“

* G. DEUßING: Redaktionsbüro Guido Deußing, 41464 Neuss

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