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Mikrosystemtechnik Nachwuchsförderung für den Mikrosystemtechnik-Primus Deutschland

Redakteur: Johann Wiesböck

900 Teilnehmer, 65 Aussteller und 255 Beiträge – davon ca. 100 als Vortrag und 150 als Poster – sind die Kennzahlen des 4. Mikrosystemtechnik-Kongress, der 2011 im Wissenschafts- und Kongresszentrum ‚darmstadtium’ stattfand. Hier eine Zusammenfassung von Hermann Strass.

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Die Mikrosystemtechnik benötigt jugendliche Kreativität ebenso, wie fundamentales Verständnis für Physik und Technik (Bild: VDE/MST-Kongress)
Die Mikrosystemtechnik benötigt jugendliche Kreativität ebenso, wie fundamentales Verständnis für Physik und Technik (Bild: VDE/MST-Kongress)

Der MST-Kongress wird alle zwei Jahre in einer anderen Stadt abgehalten. Diesmal war die Wissenschaftsstadt (seit 1997) Darmstadt an der Reihe. Abgehalten wurde er im Konferenzzentrum der TU Darmstadt, direkt neben dem Schloss. Ein Teil der alten Stadtmauer wurde erhalten. Sie läuft direkt in das Foyer des Gebäudes mit dem Namen ‚darmstadtium’.

Das ist auch der Name des chemischen Elements mit der Ordnungszahl 110 im periodischen System. Dieses Element, mit mittlerweile sechs Isotopen, wurde am 9. 11. 1994 von der GSI (Gesellschaft für Schwerionenforschung) in Darmstadt erstmals künstlich erzeugt. Die GSI hat bisher insgesamt sechs Elemente entdeckt und erzeugt.

Der Kongress ist eine Gemeinschaftsveranstaltung des VDE (Verband der Elektrotechnik Elektronik Informationstechnik e.V.) mit dem BMBF (Bundesministerium für Bildung und Forschung) sowie der GMM (VDE Gesellschaft Mikroelektronik Mikrosystem- und Feinwerktechnik) und der VDI/VDE-IT (VDI/VDE Innovation + Technik GmbH). In Kurzform ausgedrückt ist es der führende Kongress für kleine Embedded-Systeme in Europa.

Deutschland ist weltweit führend in der Mikrosystemtechnik

Deutschland ist weltweit führend in der Mikrosystemtechnik mit derzeit 19 Prozent Anteil am Weltmarkt. Bis 2020 sollen es 21 Prozent werden. Einen großen Anteil an diesem Erfolg haben die Tüftler in kleinen und mittelständischen Betrieben (Fabrikle) im Südwesten unseres Landes. Die überwiegende Mehrzahl der eingereichten Vortragsvorschläge kamen denn auch aus dieser Region, ebenso die meisten angemeldeten Besucher. Insgesamt wurden den etwa 900 Teilnehmern mehr als 110 Vorträge in vier parallelen Reihen und 180 Poster in zwei Folgen präsentiert.

Schwerpunktthemen waren: mobile Diagnostiksysteme und Assistenzsysteme für körperliche Funktionen, Mikroaktorik, Mikrofluidik, Mikrofertigungsverfahren sowie Mikrosysteme in der Automobiltechnik (Beispiel: ABS seit 1994), aber auch Sensornetzwerke, mikrooptische Systeme, Mikroenergiespeicher und autarke Mikrosysteme. Aus Platzgründen werde ich hier nur zwei Präsentationen kurz erläutern.

In seiner Eröffnungsrede (Keynote) berichtete Dr. Rolf Slatter, Geschäftsführer von Sensitec über Mikrosysteme, die den MR-Effekt (Magneto Resistive) in allen Varianten nutzen. Dazu gehört auch GMR (Giant Magneto Resistive), 1988 von Grünberg und Fest gefunden und 2007 mit dem Nobelpreis für Physik ausgezeichnet.

Aufgrund einer Kooperation hat Sensitec u.a. Zugang zu den Patenten von IBM auf diesem Gebiet. Solche Systeme sorgen für die schnellsten Autofokus-Einstellungen bei einer der anspruchsvollsten Profikameras, der Spiegelreflexkamera Leica S2. Die Verdrehung der Linsenteile wird extrem schnell, extrem genau, berührungslos gemessen und in einem Mikroprozessor verarbeitet damit der Motor genau im richtigen Moment stoppt.

MR-Technik ist auch auf dem Mars seit 2004 im Einsatz, geplant waren drei Monate. Mehr als ein Dutzend Systeme sorgen an Antennen, Bohrern, Rädern und Armen der beiden Mars-Fahrzeuge für exakte Positionierung. Positionssensoren im Handy oder der Kamera wissen immer wo oben, unten oder Norden ist. Die Systeme auf Basis von verschiedenen MR-Effekten eigen sich zur berührungslosen Messung von Winkel, Länge, Position, Magnetfeld und Strom bei geringstem Energiebedarf.

Intelligente Mikropumpen mit integrierter Strömungsregelung

In mehreren Vorträgen wurde über Mikrofluidiksysteme berichtet. Die intelligenten Mikropumpen mp6 mit integrierter Strömungsregelung von Bartels Mikrotechnik entstanden in Zusammenarbeit mit der Universität Bremen. Sie arbeiten, vereinfacht ausgedrückt, wie das menschliche Herz. Zwei Piezobieger pumpen die Flüssigkeit durch die beiden Kammern, die mit selbsttätig funktionierenden Plastikklappen, ähnlich wie Herzklappen, den Flüssigkeitsstrom steuern.

Das System kann sich mit einer elektronischen Rückkoppelungssteuerung adaptiv dem wechselnden Gegendruck anpassen oder zusätzlich zur Durchflussmessung eingesetzt werden. Die im Foto gezeigten Mikropumpen sind (30 x 15 x 3.8) mm³ klein, wiegen etwa 2 Gramm und befördern bis zu 6 ml/min Wasser oder bis zu18 ml/min Luft.

Die Förderung des technisch-wissenschaftlichen Nachwuchses steht beim VDE besonders hoch im Kurs. In der VDE-„YoungNet Convention“ konnten sich Studierende über Berufschancen in Zukunftstechnologien informieren und die von studentischen Teams vorgestellten, im Rahmen des VDE/BMBF-Wettbewerbs COSIMA entwickelten Anwendungen aus der Mikro- und Nanotechnik, begutachten. Der noch jüngere Nachwuchs, Schülerinnen und Schüler an Gymnasien, wurde zum Abschluss des zehnten „Invent a Chip“-Wettbewerb ausgezeichnet.

Auf der „YoungNet Convention“ wurde den etwa 300 Teilnehmern in Darmstadt ein Programm aus mehr als 20 Vorträgen über Mikrosystemtechnik, Energietechnik, Automatisierungstechnik und Medizintechnik, Vorträgen zu Soft Skills und fachübergreifenden Themen sowie Podiumsdiskussionen angeboten.

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